Gründen in der Krise
Aufgrund der Pandemie hat Giczi den Start der Firma um einen Monat verschoben.
Die Coronakrise hat die Unternehmerlust der Österreicher im vergangenen Halbjahr gedämpft. Trotzdem gibt es Menschen, die sich just in dieser Zeit selbstständig gemacht haben. Diese Jungunternehmer haben es trotz oder gerade wegen der Pandemie gewagt.
Wenn du immer Angst hast, dass etwas schief geht, bist du ohnehin kein Unternehmertyp.“Mit diesen Worten erklärt Bauberater Stefan Giczi, wieso er in dieser schwierigen Zeit den Schritt in die Selbstständigkeit wagte. Der 31-Jährige gründete sein Consulting-Unternehmen SG-Bauconsult im Juni. Seine Aufgabe ist es, Baumeister bei ihren Projekten „von der Idee bis zur Umsetzung“zu begleiten und Abläufe auf der Baustelle zu kontrollieren. Dabei kümmert er sich beispielsweise um die Einreichplanung, die Bewirkung von Baubewilligungen oder die Erstellung notwendiger Verträge.
Der Weg in die Selbstständigkeit hat Giczi bei aller Entschlossenheit auch einiges an Überwindung gekostet. Er war nämlich mit der Aufgabe eines Berufs bei einer Baufirma verbunden. Beim Unterschreiben der einvernehmlichen Kündigung hat er noch ein letztes Mal abgewogen: „Will ich diese Sicherheit wirklich aufgeben? Wenn ich das unterschreibe, dann ist es echt. Dann gibt es kein Zurück.“
Der Krise trotzen. Dieses Wagnis sind zuletzt wieder mehr Österreicher eingegangen. Laut der Wirtschaftskammer sind die Unternehmensgründungen in der ersten Hälfte dieses Jahres zwar um 8,6 Prozent zurückgegangen. Der Einbruch sei aber zur Gänze auf die Intensiv-Phase des Lockdowns von 15. März bis 15. Juni zurückzuführen. „In den Monaten davor sowie in den letzten zwei Juniwochen dieses Jahres gab es bei den Gründungen ein deutliches Plus von fünf Prozent“, sagt die stellvertretende Wirtschaftskammer-Generalsekretärin Mariana Kühnel.
Stefan Giczi hatte den Weg in die Selbstständigkeit schon seit 2018 geplant. Aufgrund der Pandemie hat er den Start seiner Firma aber um einen Monat verschoben, da ihm einzelne bürokratische Erledigungen im Mai wegen der strengen Hygienemaßnahmen noch zu umständlich waren. Sein enger Familienkreis hat ihm teilweise davon abgeraten. Aus diesem bekam Giczi zu hören: „In Coronazeiten wird dich niemand beauftragen.“Der Jungunternehmer ist da optimistischer. Er sieht die Baubranche durch Covid-19 nicht allzu stark gefährdet. Außerdem hat er Vertrauen in die Politik: „Die Regierung hat bisher schnell und gut reagiert und wäre auf eine zweite Welle besser vorbereitet.“
Laut Wirtschaftskammer ist es für Unternehmen auch ein Vorteil, die besonderen Herausforderungen der Coronasituation bereits zu kennen. Unternehmen, die vor dem Lockdown gegründet wurden, hätten von März bis Mai im Durchschnitt Umsatzrückgänge von 45 Prozent. Firmen, die in der Krise starteten, würden im Schnitt nur ein Minus von 20 Prozent verzeichnen. „Das zeigt, dass sich die Gründer im April und Mai gleich vom Start weg auf die veränderte Situation einstellen konnten“, meint Kühnel.
In Bezug auf sein neues Unternehmen ist Giczi mittlerweile „optimistischer als zu Beginn“. Die Ausgaben würden sich zudem in Grenzen halten. Für Büro, Laptop sowie für notwendige Programmlizenzen würden lediglich ein paar tausend Euro anfallen. Bauunternehmer hätten im Vergleich dazu viel höhere Ausgaben. Innerhalb der nächsten zwei Monate plant der Bauberater, seine Anfangsinvestitionen wieder einzunehmen. Für die Umsetzung dieses Ziels hat er bereits zwei Aufträge akquirieren können, einen davon sogar unerwartet. Eine positive Überraschung, denn die rechtzeitige Akquise von Kunden sei entscheidend.
Bestärkt durch Corona. Leere Straßen, unausgelastete Züge und wenig Shopping. So sah der Alltag des intensiven Lockdowns aus. Zu dieser Zeit fand ein Löwenanteil des Konsums im Internet statt, während Restaurants und Geschäfte geschlossen bleiben mussten. Eine gute Onlinepräsenz war für Unternehmen so wichtig wie noch nie zuvor. Diese Situation hat die 29-jährige Julia
Prozent
weniger Firmengründungen gab es im ersten Halbjahr. Grund dafür war aber der harte Lockdown. In der Zeit vor 15. März und nach Mitte Juni lag die Zahl der Gründungen um fünf Prozent im Plus.
Prozent
betrug der durchschnittliche Umsatzrückgang bei heimischen Firmen, die vor dem Lockdown gegründet worden sind. Bei jenen, die in der heißen Phase der Pandemie den Sprung ins kalte Wasser wagten, lag das Minus nur bei 20 Prozent.
Elisa Kaltenegger in ihrer Idee bestärkt, sich mit dem Erstellen von Websites und der Konzeption von Onlinemarketingstrategien selbstständig zu machen.
In diese Richtung wollte Kaltenegger bereits länger gehen. Das war allerdings schwierig, da sie nicht den klassischen Bildungsweg einer Webentwicklerin gegangen ist. Die studierte Betriebswirtin hat sich diese Fähigkeiten in einem dreimonatigen „Coding-Bootcamp“angeeignet. Dabei handelt es sich um eine Vollzeitausbildung, bei der das Programmieren ohne Vorwissen erlernt werden könne.
Diese Form der Ausbildung sei allerdings noch jung und würde bei Firmen auf Unsicherheit stoßen. „Es gibt noch wenig Vergleichswerte, und den Firmen fällt es schwer, das Skills-Niveau einzuschätzen. Deshalb wird oft auf TU-Absolventen zurückgegriffen, denn da weiß man, was man hat“, so Kaltenegger.
Während des Lockdowns hat sie bemerkt, wie stark sich der Handel und Teile der Gastronomie „ins Digitale verschoben haben“. Sie wurde in dieser Zeit selbst von mehreren Menschen aus ihrem Bekanntenkreis gefragt, ob sie für jemanden eine Website bauen könnte.
Als sie einem Freund von diesen Anfragen erzählte, riet dieser ihr, dafür auch Geld zu verlangen. Kaltenegger war von der Idee begeistert: „Mit dem was ich gern mache, auch noch Geld verdienen? Das wäre ja ideal.“
Zu Beginn dieses Monats wagte sie es: Sie gründete ihr Unternehmen Juelka, aber nicht ganz ohne Überwindung. Sie habe zwar durch ihr Studium und ihre Arbeitserfahrung vieles schon gewusst, allerdings hätten ihr bürokratische Angelegenheiten wie Versicherungen und Steuern Sorgen bereitet: „Was ist, wenn ich irgendwas vergesse? Und was sind dann die Konsequenzen?“Bislang hatte sie damit aber keine Probleme. Hohe Ausgaben gab es
»Mit dem, was ich gern mache, auch noch Geld verdienen? Das wäre ja ideal.«
auch noch keine, denn bisher arbeitet sie von zu Hause aus auf ihrem eigenen Laptop.
Vier bis fünf Aufträge stehen für sie derzeit im Raum. Worauf sie sich besonders freut, ist eine potenzielle Zusammenarbeit mit einer mexikanischen Firma.
„Mich hat schon immer das