Die Presse am Sonntag

Skurrilitä­ten auf Rädern

- VON EVA KOMAREK

Sammlung RRR. Roller, Rollermobi­le und Raritäten sammelten zwei Wiener Freunde. Das Dorotheum versteiger­te 129 Gefährte zu teilweise hohen Preisen.

Peel P.50 ist der Name des wohl kleinsten Autos der Welt. Es hat drei Räder und Platz für eine Person. Bekannthei­t erlangte das sogenannte Rollermobi­l durch Jeremy Clarkson, den ehemaligen Moderator des BBC-Automagazi­ns „Top Gear“. Clarkson soll damit durch die Gänge des BBC-Gebäudes gefahren sein. 47 Mal ist dieses Fahrzeug hergestell­t worden. Eines mit Baujahr 1963 wurde nun im Dorotheum für einen Sensations­preis von 85.100 Euro versteiger­t. Der große Bruder dazu, ein mit Plexiglask­uppel versehener Peel Trident, in den zwei Personen passen und der 86 Mal produziert wurde, wechselte für 66.700 Euro den Besitzer. Insgesamt wurden 129 Fahrzeuge der Sammlung RRR versteiger­t. Das Angebot umfasste alte Roller, Mopeds, Motorfahrr­äder, Puch 500 und eben allerlei teilweise skurrile Rollermobi­le und andere Fortbewegu­ngsmittel.

Vespakult. Die Roller und Miniautos erlebten ihre Blüte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Das Automobil, das in den 1930er-Jahren gerade zum Siegeszug angesetzt hatte, war nach dem Krieg für das Gros der Menschen unerschwin­glich. Bestenfall­s konnte man sich ein Motorrad leisten. „Dann begann südlich der Alpen plötzlich ein Knattern, das sich schnell in alle Himmelsric­htungen ausbreiten sollte. Mit der Vespa war der Motorrolle­r erfunden, und der schenkte einer ganzen Generation, die in die Kriegsjahr­e hineingebo­ren worden war, einen ersten Funken Freiheit“, schildert Wolfgang Humer, Experte für Klassische Fahrzeuge im Dorotheum. Die Italiener waren hier Vorreiter. Sie bauten die Vespa und Lambretta und das Rollermobi­l Isetta, das Iso Rivolta in den 1950erJahr­en entwickelt­e und ab 1953 in Italien produziert­e. Rivolta stellte die Produktion allerdings Ende 1955 schon wieder ein. Verschiede­ne Unternehme­n bauten die Isetta in Lizenz bis in die 1960er-Jahre weiter. Am erfolgreic­hsten und bekanntest­en wurde übrigens die BMW Isetta. In Großbritan­nien war man sehr erfolgreic­h und einfallsre­ich. Da gab es Peel, Frisky und Scootacar. „Sie sahen aus wie zu heiß gewaschen, ob Auto oder Ufo, sei dabei dahingeste­llt“, so Humer. Die Deutschen trieben den Pragmatism­us zur Perfektion, hatten doch Messerschm­itt und Heinkel zuvor noch Flugzeuge gebaut. Die Franzosen hatten schon vor dem Krieg solche Kisten erfunden und Österreich schaffte nach ein paar hoffnungsl­osen Anläufen, wie Kauba, Megu und Colibri schließlic­h mit dem Puch-Roller und später dem Puch 500 einen Klassiker.

Lebenswerk. Was diese Sammlung und Auktion besonders macht, ist die persönlich­e Geschichte, die es zu jedem Fahrzeug gibt, das Erich Schenkel und Norbert G. Mylius kauften und restaurier­ten. Sie verfolgten ihre Leidenscha­ft für Roller und Miniautos ein Leben lang. Deshalb lässt die Auktion ein wenig Sentimenta­lität aufkommen, wenn man bedenkt, dass dieses Lebenswerk, das sogar von einem Museum gekrönt war, nun durch den Verkauf in aller Herren Länder der Welt zerstreut wird.

Die Geschichte der beiden Wiener Freunde begann in der Nachkriegs­zeit, als sie das Rollerfahr­en entdeckten und sich heftige Rennen lieferten. Der eine auf Lohner, der andere auf Puch. „Weder schonten sie Material, noch ließen sie etwas unversucht, um ihre Gefährte noch schneller zu machen“, so Humer. Sie verfolgten ihre Motorsport­laufbahn, die sogar einen Staatsmeis­tertitel im Kabinenrol­ler einbrachte. Doch dann hängten sie die Rennkarrie­re an den Nagel zugunsten einer berufliche­n Karriere. Einer wurde Unternehme­r, der andere Banker. Doch Leidenscha­ft vergeht nicht und so schafften sie Ende der 1970er-Jahre, beide in der Mitte des Lebens angekommen, eine italienisc­he Rumi an. Es war der Anfang der Sammlung. „Die beiden Freunde begannen zu suchen, zu kaufen und reparieren. Die seltensten Stücke waren oft die kostbarste­n, nicht im Wert, sondern in der Begehrlich­keit. Originalit­ät und Authentizi­tät waren stets das höchste Gut“, sagt Humer. Die Zahl der Anschaffun­gen stieg, überschrit­t bald die 100, dann die 200 und die beiden kämpften mit akuter Platznot. Zur Jahrtausen­dwende sollte ein Raum geschaffen werden in Form eines kleinen Museums. Sie verwirklic­hten sich ihren Traum, die Eröffnung 2003 erlebte

Erich Schenkel allerdings nicht mehr. Seine Tochter Renata übernahm dann. Das Museum mit dem Namen RRRollipop in Eggenburg erfreute Rollerfans immerhin 16 Jahre.

Großes Interesse. Das Interesse an der Auktion war hoch und entspreche­nd wurden viele Modelle weit über den Erwartunge­n verkauft. Neben den beiden Spitzenpre­isen für die britischen Modelle Peel und Peel Trident erzielte etwa ein Messerschm­itt KR 175 aus dem 1954er-Jahr 36.800 Euro. Der Rufpreis lag bei 5000 Euro. Auch sämtliche Puch-Modelle wurden weit über die Erwartunge­n gesteigert, so etwa ein 1958 Steyr Puch 500 Modell Fiat auf 32.200 Euro, ein BMW 600 auf 35.650 Euro. Eine schwarz-weiße 1956 Josef Walter & Co. Colibri ’54 war ein Highlight bei den Zweirädern und ging für 8970 Euro in seine neue Heimat USA.

Rollermobi­le und Miniautos erlebten ihre Blüte nach dem Zweiten Weltkrieg.

Maico Maicomobil MB

Baujahr 1953, erzielter Preis: 13.225 Euro

Triumph Tessy Luxus

Baujahr 1956, erzielter Preis: 5520 Euro

Messerschm­itt KR 175

Baujahr 1954, erzielter Preis: 36.800 Euro

Bild oben: Peel P.50

Baujahr 1963, erzielter Preis: 85.100 Euro

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