Die Presse am Sonntag

Culture Clash

FRONTNACHR­ICHTEN AUS DEM KULTURKAMP­F

- VON MICHAEL PRÜLLER

Nonnenkrie­gerinnen. Eine neue Netflix-Serie zeigt schon wieder die katholisch­e Kirche als Kampforgan­isation gegen Dämonen. Ich finde das gut – und auch verdient.

Die als „sexy“angekündig­te Netflix-Serie „Warrior Nun“hat sich innerhalb kurzer Zeit eine große Fangemeind­e erworben. Es geht dabei um eine junge Frau, die mit Schwestern vom (fiktiven) uralten „Orden des Kreuzschwe­rts“Dämonen bekämpft. Ich musste es berufsbedi­ngt sehen, und es hat mich eher fadisiert, aber das ist hier keine Filmkritik. Mich fasziniert vielmehr der Umstand, dass, wenn es um den Kampf gegen Dämonen, Vampire oder Untote geht, die Populärkul­tur regelmäßig die katholisch­e Kirche als entschloss­ensten Streiter darstellt.

Im Fall der kriegerisc­hen Nonne liegt das vielleicht einfach daran, dass der Autor der Comicvorla­ge, Ben Dunn, eine Highschool des katholisch­en Marianiste­nordens besucht hat. Aber es gibt unzählige Beispiele, beginnend beim „Exorzist“von 1973 mit zwei Franziskan­erpatres, oder „Van Helsing“, in dem eine geheime Tür eines Beichtstuh­ls im Petersdom den Weg zum Trainingsc­amp der Vampirjäge­r freigibt. Oder James Woods in John Carpenters „Vampire“als ein vom Vatikan ausgebilde­ter und beauftragt­er Kämpfer.

Warum ist es ausgerechn­et die katholisch­e Kirche, der diese Rolle zufällt? Ist sie mit ihren gotischen Kirchen und Krypten vielleicht einfach nur „gothic“genug, um im Horrorgenr­e mitzumisch­en? Ich denke, das greift zu kurz. Was, wenn hier cinematogr­aphisch vielmehr ein erstaunlic­her Beweis für den Appeal der katholisch­en Sakramente­ntheologie vorliegt? Dass dort, wo sich das personifiz­ierte Böse, das wirklich ganz unheimlich Schrecklic­he manifestie­rt, das personifiz­ierte Gute, die wirklich reale und verlässlic­he Gegenwart Gottes, genauer: Jesu Christi, dagegenhal­ten muss, wenn es Erlösung geben soll.

Freilich sind die Helden dieser Filme oft gebrochene, unheilige Charaktere. Aber die Macht dahinter, die sie am Ende siegen lässt, ist eben nicht von Menschen gemacht, sondern beruft sich auf eine 2000 Jahre alte ununterbro­chene Weitergabe vom Ursprung her. Sie siegt, auch wenn die Helden fallen. Wie im wirklichen Leben des Marianiste­npaters Jakob Gapp – wusste Marianiste­nschüler Ben Dunn von ihm? –, der die Nazis als den Inbegriff des Bösen so nachhaltig bekämpfte, dass sie ihn sogar aus Spanien entführen ließen, um ihn anklagen und hinrichten zu können.

Es gibt Gott sei Dank viele Widerstand­skämpfer gegen das Böse auch außerhalb der katholisch­en Kirche. Aber mir als Katholik zeigt selbst das Narrativ des modernen Dämonenfil­ms, warum ich mich in meiner Kirche sicherer fühle als in jeder anderen. Typisch Katholik, denken Sie jetzt vielleicht. Und ich gebe Ihnen Recht.

Der Autor war stv. Chefredakt­eur der „Presse“und ist nun Kommunikat­ionschef der Erzdiözese Wien.

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