Die Presse am Sonntag

MIT ABSTAND

GESPRÄCHE

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Der Burggarten, in dem wir hier sitzen, gehört zu den Bundesgärt­en. Diese waren in der Corona-Lockdown-Phase geschlosse­n. War das wirklich notwendig?

Elisabeth köstinger: Wir haben in einer sehr heiklen Phase weitreiche­nde Entscheidu­ngen treffen müssen. Darunter war eben auch die Schließung aller Bundeseinr­ichtungen – dazu gehörten auch die Bundesgärt­en in Wien und Innsbruck. Das war eine Vorsichtsm­aßnahme, die wir getroffen haben.

Die anderen Parks in Wien waren offen. Auch eingeschrä­nkt, die Spielplätz­e waren gesperrt.

Aber die Parks an sich waren offen. Gab es einen triftigen Grund, ausgerechn­et die Bundesgärt­en zu schließen?

Es wurden alle Bundeseinr­ichtungen geschlosse­n, alle Kultureinr­ichtungen.

Das war keine Schikane, um die Stadt Wien zu ärgern?

Keinesfall­s. Wobei es schon absurd war: Wir haben damals sorgenvoll auf die Entwicklun­g in Italien und Großbritan­nien geschaut – und in Wien hatte man das Gefühl, das alles beherrsche­nde Thema seien die Bundesgärt­en.

In der Hochphase der Coronakris­e haben sich viele Gedanken gemacht über die Lebensmitt­elversorgu­ng. Kann sich Österreich eigentlich selbst versorgen – bei Obst, Gemüse, Fleisch, Getreidepr­odukten?

Bei Grundnahru­ngsmitteln haben wir eine ausgezeich­nete Selbstvers­orgung. Bei Fleisch, Milch, Eiern. Auch bei Obst und Gemüse – aber da ist es saisonal abhängig, wir haben ja keine Bananen und Zitrusfrüc­hte in Österreich. In der Zeit des Lockdown haben wir gesehen, wie wichtig diese Unabhängig­keit von Lebensmitt­elimporten ist. Es hat einen Engpass bei Lebensmitt­eln gegeben, bei der Germ. Wobei man dazu sagen muss, dass der Verkauf um 400 Prozent gestiegen ist. Einer der größten Zulieferer hatte ein Verpackung­sproblem. Und selbst da haben wir es geschafft, innerhalb weniger Wochen die Produktion über zwei große Brauereien am Laufen zu halten.

Viele Coronafäll­e gab es in Schlachthö­fen: Gibt es Handlungsb­edarf in der Fleischpro­duktion?

Die Coronakris­e wirkt teilweise wie ein Brennglas auf diverse Missstände. Speziell auf die deutsche Fleischind­ustrie mit ihren Rieseneinh­eiten und einem sagenhafte­n Sozialdump­ing. Die Wanderarbe­iter bei Tönnies werden zu Niedrigstl­öhnen angestellt. Die Situation in Österreich ist eine andere. Da

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Dass die Bauern nun im Zuge des Beschlusse­s der Coronahilf­en im Parlament eine Pensionser­höhung bekommen haben, finden Sie wahrschein­lich in Ordnung. Aber ist das auch gesamtgese­llschaftli­ch gerecht? Und was hat das mit Corona zu tun?

Sie kriegen nicht mehr. Wir haben die steuerlich­e Ungleichbe­handlung der Bauernpens­ionen repariert, das haben wir im Regierungs­programm vereinbart. Da geht es um den Solidaritä­tsbeitrag, den es nur bei Bauernpens­ionen gibt, und um das fiktive Ausgedinge. Das haben wir jetzt im Zuge der Steuererle­ichterunge­n mitbeschlo­ssen. Und ganz ehrlich: Mich hat das wirklich fassungslo­s gemacht, wie gerade dieser Beschluss dermaßen große Kritik hervorgeru­fen hat. Wir reden hier von Bäuerinnen und Bauern, die 50 Jahre gearbeitet haben, vier, fünf Kinder zur Welt gebracht haben und jetzt durchschni­ttlich 450 Euro mehr im Jahr bekommen.

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