Die Presse am Sonntag

»Man hat immer sein Haus dabei«

Neben dem Campen erfreut sich auch der Campingwag­en neuer Beliebthei­t. Über einen Sommer im Bus und den Reiz, den das Leben auf kleinem Raum ausmacht.

- VON BARBARA SCHECHTNER

Für vier Räder statt für vier Sterne haben sie sich entschiede­n – und tun es immer wieder. Matthias Erlacher ist im Sommer gern mit seinem Campingbus unterwegs, den er eigens dafür ausund umgebaut hat. Er geht oft surfen, was sich als ziemlich „platzinten­sives Hobby“herausstel­lt, wie es der Sportlehre­r beschreibt: Windsurfbo­ards, Segel, Gabelbäume – nicht so einfach, alles in einen konvention­ellen Van zu bekommen, vor allem nicht neben Kletterund Fahrradequ­ipment. „Und so hab ich mir gedacht, ich bau’ mir meinen eigenen Bus“, erzählt Erlacher. Per Learning by Doing, durch Videos im Internet und unzähligen Einsätzen von Bohr- und Fräsmaschi­ne.

Nach einem Jahr und rund 10.000 Euro war er dann mit dem Ergebnis zufrieden: Viel Stauraum, ein hochfahrba­res Bett, Solarzelle auf dem Dach, Dusche mit Durchlaufe­rhitzer und eine kleine Küche. Und auch seine Freundin Helene Fensl zeigt sich erfreut: „Man hat einfach sein kleines Häuschen mit dabei und kann dorthin fahren, wo es einem am besten gefällt. Wenn es wo nicht so schön ist, fahr’ ich einfach zum nächsten Strand oder in die nächste Stadt.“

Weg, wenn es brenzlig wird. Diese Art von Mobilität und Flexibilit­ät zeige besonders in diesem Sommer ihre Vorzüge. „Man ist mit dem Auto schnell in

Spanien, in Frankreich oder in Portugal, aber schnell auch wieder zu Hause, wenn wo Grenzen geschlosse­n würden.“Zudem hält man sich im Freien auf, kommt nicht unbedingt mit anderen Menschen in Kontakt – sofern man diesen nicht sucht –, und vermeidet so potenziell­e Ansteckung­srisiken. „Nur den Mitreisend­en, den muss man halt gut aushalten können, denn mit ihm wohnt man für diese Zeit auf einem Zwei-Quadratmet­er-Fleck zusammen“, sagt Fensl schmunzeln­d.

Die beiden sind nicht die Einzigen, die auf den Geschmack gekommen sind. Ob auf Buchungspl­attformen, auf denen Privatpers­onen ihre Busse vermieten, oder bei Hersteller­n direkt:

Wohnmobile und das „Vanlife“darum herum, wie es vor allem unter jungen Leuten genannt und auf den sozialen Medien gefeiert wird, sind derzeit sehr beliebt. Das liegt auch am Abenteuer, das damit verbunden wird. Ein grobes Ziel habe es zwar immer, erzählt das Paar, aber nie die genaue Route vorgeplant. „Das macht das Ganze so spannend. Wir wissen nie, wo wir genau hinfahren und wie lang wie dort bleiben. Das finden wir alles erst auf der Reise heraus.“„Nothing is planned, the destinatio­n unknown. Once in a lifetime you just disappear, driving slowly in the nowhere . . .“, singt etwa die Grazer Band Eora in ihrem neuen Song. Er heißt – erraten – „Vanlife“.

 ?? Barbara Schechtner ?? Arbeiten, kochen, schlafen und Surfausrüs­tung verstauen: Seinen Bus hat Matthias Erlacher auf die eigenen Bedürfniss­e zugeschnit­ten – und so zum trauten Heim für den Sommer verwandelt.
Barbara Schechtner Arbeiten, kochen, schlafen und Surfausrüs­tung verstauen: Seinen Bus hat Matthias Erlacher auf die eigenen Bedürfniss­e zugeschnit­ten – und so zum trauten Heim für den Sommer verwandelt.

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