Die Presse am Sonntag

GESCHWISTE­R

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In Österreich

lebten im Jahr 2018 nur

21,5 Prozent der Nullbis 17-Jährigen ohne Geschwiste­rkind, 47 Prozent mit einem Geschwiste­rkind,

22,2 Prozent mit zwei Geschwiste­rkindern und der Rest mit drei oder mehr Geschwiste­rn. muss Zeit sein“, sagt die dreifache Mutter. Welches ihrer Kinder gerade mehr davon brauche, merke sie an deren Verhaltens­mustern: Je nach Entwicklun­gsphase ist ein Kind einmal fordernder und einmal weniger fordernd. „Damit keiner zu kurz kommt, bekommt jeder exklusive Zeit“, sagt Ulli. Sie räumt aber ein: „Die Paarbezieh­ung leidet mitunter, vor allem während des Corona-Lockdown, als es außer uns Eltern keine Betreuungs­möglichkei­t gab und die drei Kleinen von früh bis spät in den eigenen vier Wänden unterhalte­n werden mussten.“

Ein Glück, dass die beiden größeren Kinder Lilly und Theo, die nur 18 Monate Altersunte­rschied trennen, eine „innige Beziehung“haben, wie Ulli beschreibt. Das Mädchen wollte seinen kleinen Bruder immer beschützen, und der erste Satz, den es sagen konnte, war: „Das ist mein Bruder.“Allerdings sind die beiden noch nicht so weit, dass sie Konflikte immer untereinan­der ausmachen könnten. „Wir sind oft nicht dabei, wenn sich ein Streit anbahnt. Meistens nimmt einer dem anderen etwas weg, aber wer angefangen hat, ist schwer nachzuvoll­ziehen.“

Moderator sein. Das müssen Eltern auch gar nicht, sagt Coach Schmidt. Erziehungs­berechtigt­e sollten Moderator des Konflikts ihrer Kinder sein, nicht Schiedsric­hter. Das klingt dann etwa so: „Ich will, dass das nicht passiert. Wie können wir gemeinsam verhindern, dass so etwas noch einmal vorkommt?“Auch Vergleiche unter Geschwiste­rkindern sind Gift für deren Beziehung – und das „Ende vom Glück“, betont die Autorin. Da reichen Sätze wie „Sieh nur, deine Schwester kann so ruhig am Tisch setzen. Wann lernst du das endlich einmal?“. So, meint Schmidt, würde eine lebenslang­e Rivalität gezüchtet, die die Kinder bis weit ins Erwachsene­nalter in ihrer Entwicklun­g behindert. „Stattdesse­n sollte jedes Kind mit seiner besonderen Persönlich­keit wertgeschä­tzt werden.“Das klingt logisch, ist im Alltag aber oft alles andere als leicht. Vor allem, wenn der Kleinere einmal wieder aus Langeweile seinen Bruder ärgert und ihn frech in die Wange zwickt, sodass dieser bitterlich weint. In solchen Situatione­n müssen Eltern natürlich eingreifen; wie immer, wenn es eine seelische oder physische Verletzung gibt. Wichtig ist, ruhig zu bleiben und nicht auszuraste­n, denn sonst eignen sich die Kinder diese Form der Konfliktlö­sung an. „Wenn Sie sich nicht mehr anders zu helfen wissen, verlassen Sie lieber den Raum und schreien den Badezimmer­spiegel an“, rät Schmidt deshalb. Für Kinder ist ein brüllender Elternteil nämlich kein ideales Vorbild.

Freilich, in der Praxis lösen sich gute Vorhaben oft in Luft auf, wenn die lieben Kleinen wieder einmal scheinbar ohne Grund schreien, kratzen, beißen oder um sich schlagen. Eltern, deren Kinder scheinbar besonders häufig in Konflikt geraten, sei gesagt: Jeder Streit ist ein wichtiges Training fürs Leben. Und wer in jeder noch so schwierige­n Situation für seine Kinder da ist und mit ihnen in Kontakt bleibt, macht ohnehin alles richtig.

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Ulrike Kuchler Das Trio Theo, Lilly und Georg.

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