Leben im Schlaraffenland
Derzeit biegen sich die Obstbäume unter den Früchten, und damit haben nicht nur die Schafe, die mancherorts darunter weiden, sondern auch wir große Freude.
Der alte Hammel trägt zwar schon Grau in seinem schokobraunen Bart, und er ist auch nicht mehr so hurtig auf den Beinen wie in fernen Jugendtagen, doch wenn es um Zwetschken geht, stolpert er rührend schnell daher. Saftige süße Früchte – Leibspeise!
Der Himmel über den Schafen hängt zurzeit voller Delikatessen. Man muss, als Mensch, nur kurz an einem Ast rütteln, auf dass es Zwetschken regne, und schon ist man umringt von der gefräßigen Herde.
Die Zwetschken hängen in blauschimmernden Massen an den Ästen, und dabei schauen die alten Bäume so aus, als ob eben der Baumfriseur dagewesen wäre und ihnen einen Bobschnitt verpasst hätte. Die Schafe haben sich an allem satt gefressen, was ihre Mäuler erreichen, aber sie sind eben keine Ziegen. Die wären noch hurtiger und wesentlich wendiger. Die Goaßn würden zumindest die schräg gewachsenen Bäume erklimmen und sich in luftiger Höhe fett fressen. Selbst dann würde für uns noch genug übrig bleiben, denn derzeit leben wir im Schlaraffenland.
Birnen und Trauben. Es regnet Obst. Zwetschken, Äpfel, Dirndln, Birnen, Kriecherl, Berberitzen. Die Bäume und Sträucher biegen sich und erbringen wieder einmal den Beweis, dass es sich auszahlt, Obstgehölze zu setzen. Jeder einzelne Obstbaum ist ein Gewinn für Mensch und Natur. Im Frühling nährt die Blüte die Imme, versorgt den Bienennachwuchs mit Pollen und die Arbeiterinnen mit Nektar, und im Herbst füllen die Früchte die Wämse der Tiere und unsere Vorratskammern. Überschüssige Äpfel und Birnen werden zu Süßmost gepresst. Fein geschnittene Apfelscheibchen werden getrocknet und luftdicht eingesackt für lange Winterabende, vom eingekochten Apfelmus ganz zu schweigen. Aus den Dirndln, den säuerlich köstlichen Früchten der Kornelkirsche, lassen sich die besten Marmeladen kochen.
Apropos Dirndln. Nur wenn sie vom Strauch fallen, sind sie wirklich reif und des Einkochens würdig. Ein Leintuch unterlegen, kräftig beuteln und die Beute eingeschlagen nach Hause tragen. Wer nicht weiß, was mit den vielen Birnen anzufangen sei, könnte sich wiederum der geringen Mühe des Birnenhonigkochens unterziehen. Besonders geeignet sind die edlen und aromatischen Williamsbirnen.
Folgendermaßen ist dabei vorzugehen: Die Birnen in einen Entsafter werfen und den süßen Most pro Liter mit höchstens 300 Gramm Zucker und etwas Zitronensaft langsam zu einer sämigen Konsistenz einkochen. Gelierproben offenbaren, wie weit die Sache gediehen ist. Achtung, nicht zu sehr eindicken, denn mit der Abkühlung wird die Angelegenheit deutlich fester. Sicherheitshalber eine gute Pastete einlagern, um die göttliche Kombination des Süßen mit dem Salzigen gleich ausprobieren zu können.
Auch die Trauben reifen, zum Beispiel die sagenhaft intensiven Isabellaoder Uhudlertrauben. Aus denen kocht der Gourmet das unvergleichliche Isabellatraubengelee, und das funktioniert so: Die Trauben kommen in einen Dampfentsafter, in dem sie nach einer etwa zwanzigminütigen Dampferei so lange verbleiben, bis auch noch der letzte Tropfen süßen Nektars aufgefangen worden ist. Dann braucht der Geleekoch Fingerspitzengefühl und etwas Zucker, den man zuvor mit Apfelpektin versiebt hat. Gelierproben sind Pflicht, denn die genaue Dosierung erfolgt nach dem Versuchsprinzip.
Im Fall der Berberitzen macht lediglich die Ernte etwas Arbeit, weil sie