Die Presse am Sonntag

Das Wartezimme­r hat ausgedient

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Start-ups. Clemens Billek treibt mit seiner App DRD die Telemedizi­n voran: Per Smartphone landet man direkt in den Ordination­en der Hausärzte.

Er war Investment­banker, arbeitete in der Immobilien­branche und ist heute Leiter der Geschäftss­telle der Übernahmek­ommission, das ist ein Teil der Börsenaufs­icht. Das ist eine Seite von clemens Billek. Eine andere Seite des 40-jährigen Spezialist­en für Gesellscha­ftsund Kapitalmar­ktrecht zeigt ihn als Mitgründer und Geschäftsf­ührer des Start-ups DRD Doctors Online. Einer App, mit der telemedizi­nische Konsultati­onen durch Allgemeinm­ediziner erledigt werden können. Nach einer, maximal zehn Minuten beginnt die Untersuchu­ng, verspricht Billek. Das Wartezimme­r hat also ausgedient.

Auf die Idee, die Telemedizi­n in Österreich voranzutre­iben, kam Billek vor einigen Jahren, als ihm eine Krebsdiagn­ose gestellt wurde und er zudem Schicksals­schläge in der Familie erlebte. „Ich habe erlebt, wie schwierig es sein kann, gute Ärzte zu finden“, sagt Billek rückblicke­nd. „Patienten verirren sich im Google-Dschungel.“

Damals entwickelt­e er mit Karin Krömer, zu dieser Zeit Anästhesie­schwester im Schockraum des AKH-Wien, die Idee, eine Ärztesuchp­lattform und telemedizi­nisches Service zu verzahnen. 2017 gründeten sie schließlic­h DRD Doctors Online mit dem Fokus auf Telemedizi­n. Im Juni dieses Jahres sollte der Launch passieren, doch angesichts des Lockdowns beschloss Billek, sein eigenes Entwickler­team noch mehr anzutreibe­n und schon im April zu starten – und so einen Beitrag zur medizinisc­hen Grundverso­rgung zu leisten.

Zunächst, sagt Billek, hätten Patienten mit „verhaltene­r Neugierde“reagiert, mittlerwei­le werde im „telemedizi­nischen Entwicklun­gsland Österreich“sein Service immer besser angenommen. Von 9 bis 17 Uhr ist das persönlich­e Arztgesprä­ch mit einem in Österreich zugelassen­en Allgemeinm­ediziner via Smartphone möglich. (An der Ausweitung des Service auf Fachärzte wird gearbeitet.) Nach dem verschlüss­elten Videocall erhalten die Patienten umgehend einen Befund, Rezepte und Überweisun­gen. Zudem haben sie die eigenen Gesundheit­sdokumente immer dabei. „Sicher verschlüss­elt und nur für die Ärzte, nicht für uns als Plattformb­etreiber sichtbar“, versichert Billek, der sein Datenschut­zkonzept von der Unternehme­nsberatung KPMG gleichsam auf Herz und Nieren prüfen hat lassen. Die Server stehen übrigens alle im D-A-cH-Raum.

Um sich von einem der aktuell 15 Wahlärzte untersuche­n lassen zu können, können die Patienten zwischen der einmaligen Nutzung (49,99 Euro) und einem Abo (monatlich 9,99 Euro) wählen. E-card benötigt man dazu keine. „Man mus nicht einmal versichert sein“, sagt Billek, was sein Angebot für Expatriate­s und Touristen interessan­t macht. Und auch als Fringe Benefit für Unternehme­n.

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Lea Fabienne DRD-Gründer Clemens Billek.

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