Der Kampf gegen die Killerroboter
Es klingt wie aus dem Hollywoodklassiker „Terminator“, wenn Marit Seyer über ihre Mission spricht. Roboter, die Menschen töten? Das habe sich auch für sie zuerst absurd angehört, sagt die 28-jährige Wienerin. Ist es aber nicht. Längst basteln Rüstungskonzerne an modernsten Waffen, die vollautonom agieren sollen. Für Seyer ein Horrorszenario. Sie will deshalb gegen die „Killerrobotern“vorgehen und hat in Österreich die „Campaign to Stop Killer Robots Austria“gegründet. Das Ziel: Diese Waffen zu verbieten, bevor sie zum Einsatz kommen.
Das Thema ist brisant, auch wenn es in der Öffentlichkeit noch wenig Beachtung gefunden hat. „Killerroboter“ist dabei nur ein umgangssprachlicher Ausdruck. Experten sprechen von „tödlichen autonomen Waffensystemen“, auf Englisch abgekürzt „Laws“. Also Waffen, die mit künstlicher Intelligenz ausgestattet sind und autonom handeln können. Sie brauchen den Menschen nicht mehr, um ein Ziel auszuwählen und anzugreifen.
Dabei hinkt der Vergleich mit dem Schwarzenegger-Film. „Wir haben keine Angst vor einem ‚Terminator‘-Szenario, in dem Maschinen die Weltherrschaft übernehmen“, sagt Seyer. Vielmehr geht es darum, dass die Entscheidung über Leben und Tod weiter in der Hand von Menschen liegen soll, nicht von Algorithmen. „Maschinen dürfen nicht entscheiden, wer lebt oder stirbt. Das ist die ultimative Grenze.“
Das sehen auch Experten auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz so. Stuart Russel, Professor an der US-Eliteuniversität Berkeley, macht seit Jahren auf das Thema aufmerksam. „Man erschafft hier eine Gattung von Massenvernichtungswaffen, die – wie Nuklearwaffen – Millionen von Menschen töten können, die aber viel leichter herzustellen, viel billiger und viel anpassbarer sind“, sagte er der „New York Times“. Sein Kurzfilm „Slaughterbots“(2017) zeigt ein erschreckendes Zukunftsszenario. Zigtausende Handflächengroße Minidrohnen schwärmen darin aus, um dank Gesichtserkennung etwa Studenten zu töten, die ein bestimmtes Video in sozialen Medien geteilt haben. „Die Waffe zerstört nicht die Stadt oder das Land, das man angreift. Sie tötet nur alle Leute, die man töten will – zum Beispiel alle Männer zwischen 12 und 60. Oder alle, die eine Kippa tragen in Israel.“
Konferenz in Wien. Die Internationale Kampagne gegen Killerroboter setzt sich seit 2012 für ein internationales Verbot der Waffensysteme ein. Inzwischen sind 165 Nichtregierungsorganisationen aus 65 Ländern mit an Bord. Die österreichische Sektion, 2019 ins Leben gerufen, besteht derzeit nur aus ihrer Gründerin. Es sei nicht leicht, Mitstreiter zu finden, sagt Seyer.
Dabei hat das Thema auch für Österreichs Regierung Priorität, die für ihr Abrüstungs-Engagement bekannt ist. Außenminister Alexander Schallenberg hat angekündigt, das Thema zu einem Schwerpunkt seiner Amtszeit zu machen. In seiner Rede an der UN-Vollversammlung im September lud er die UNStaaten zu einer Konferenz ein, die – abhängig von der Coronalage – im Frühjahr in Wien stattfinden soll. Nicht zuletzt deshalb will die Juristin Seyer, die während eines Verwaltungspraktikums in der Abrüstungsabteilung des Außenministeriums erst auf die Killerroboter aufmerksam wurde, das Thema weiter bekannt machen. „Es ist traurig, dass sich die Regierung so stark dafür einsetzt, und die Öffentlichkeit gar nichts darüber weiß.“Sie will sich auch für ein nationales Gesetz gegen Killerroboter stark machen, „um die Vorreiterrolle weiter zu stärken“.
Diplomatische Gespräche gibt es seit 2014 im Rahmen der UN-Waffenkonvention in Genf. Doch dort herrscht das Konsensprinzip, und auch jene Staaten sind dabei, die Killerroboter entwickeln: die USA, Russland, Israel, Großbritannien und Südkorea. Von tatsächlichen Verhandlungen über eine Regulierung oder ein Verbot kann keine Rede sein. Immer lauter werden deshalb die Stimmen, die fordern, interessierte Staaten sollten außerhalb dieses Forums Verhandlungen aufnehmen, um ein Abkommen zu erreichen, wie es etwa bei Antipersonenminen und Streumunition war. Der Startschuss dazu könnte in Wien erfolgen.
»Maschinen dürfen nicht darüber entscheiden, wer lebt und wer stirbt.«