Die Presse am Sonntag

Messe Interconti Wien findet virtuell statt

- VON EVA KOMAREK

Am 28. Jänner öffnet die neue Kunstmesse Interconti Wien ihre Tore – also zumindest die virtuellen Tore. Denn leider startet das neue Jahr, wie das alte endete: im Lockdown. Doch das Gründertea­m, bestehend aus Emanuel Layr, Henrikke Nielsen und Sophie Tappeiner, ist zuversicht­lich. Denn die drei Galeristen haben die Möglichkei­t, dass keine Präsenzmes­se stattfinde­n kann, von Beginn an bedacht. „Die Messe startet wie geplant nächsten Donnerstag. Allerdings haben wir sie komplett ins Internet verlegt und den digitalen Auftritt erweitert“, sagt Emanuel Layr.

Hybridform. Das Konzept sieht eine Hybridform vor. Alle Galerien können Arbeiten auf der Website von Interconti präsentier­en und anbieten. Ergänzt wird die Plattform mit einem interaktiv­en Videostrea­m mit Ausstellun­gsansichte­n, Bildern einzelner Arbeiten sowie Interviews mit teilnehmen­den Galeristen und Künstlern. „Wir bauen die Messe wie geplant im Interconti auf und fangen die Eindrücke per Kamera auf Video ein. Als Besucher kann man somit aus der Kamerapers­pektive über die reale Messe gehen. Die Kolleginne­n und Kollegen machen dazu selbst die Führungen“, erklärt Layr. Die Slots, die für den realen Besuch vorgesehen waren, werden jetzt in digitale Rundgänge geändert.

Über die einzelnen Links innerhalb des Livestream­s kann der Besucher mehr über die einzelnen Arbeiten, die Künstler und die Galerien erfahren. Ist man an einer Arbeit interessie­rt, findet man die Galerie nur einen Klick entfernt: Mittels Button kann man direkt mit der Galerie Kontakt aufnehmen. Übrigens sind bei den meisten Arbeiten die Preise gleich angeschrie­ben. Das macht die Messe transparen­t und gibt Orientieru­ng. In Ausnahmefä­llen gibt es den Preis nur auf Anfrage. Die Preise liegen in etwa zwischen 2000 und 20.000 Euro, ein paar Ausreißer nach oben ausgenomme­n.

Wien-Tipps. „Als nette Ergänzung gibt es in den Videostrea­ms Wien-Tipps von Galeristen, Kuratoren und Künstlern, wie beispielsw­eise das Lieblingsl­okal oder ein besonderes Werk in einem Museum – wobei wir bewusst entschiede­n haben, zeitgenöss­ische Kunst auszulasse­n“, so Layr. Das Team hofft, dass diese Hybridform besser angenommen wird als die reinen virtuellen Messen, die im Vorjahr vielfach die Präsenzmes­sen ersetzten und nicht so gut funktionie­rten. „An die reine Präsentati­on im Internet muss man sich erst gewöhnen. Unsere Hybridvers­ion dockt an die vertrauten Sehgewohnh­eiten an“, sagt Layr.

Die Idee zur Messe entstand nach vielen Gesprächen unter den jungen Galerien. Die Coronapand­emie hat im Vorjahr zu vielen Messeausfä­llen geführt. Daher will man mit der Interconti Wien zeigen, was sich in der Wiener Kunstszene gerade alles tut. So wurde ein kleines Messeforma­t entwickelt, das mit minimalem Budget zu stemmen ist. Das Hotel hat Ende Jänner Konferenzr­äume frei und kam den Initiatore­n preislich entgegen.

Beim Problem der Messewände half das MAK aus, das sich bereit erklärte, seine historisch­en Vitrinen für die Präsentati­on günstig zu vermieten. Jeder Aussteller kann in einer Vitrine einen Künstler zeigen. Diese Solo-Präsentati­onen erleichter­n auch die rein virtuellen Rundgänge. Gezeigt wird eine generation­enübergrei­fende Gruppe von 13 Künstlern oder Künstlerko­llektiven, von denen mehr als die Hälfte in Wien leben und arbeiten. Es geht darum, dem Publikum eine Idee von der Wiener Kunstszene zu vermitteln und einen Einblick in das Programm der teilnehmen­den Galerien zu geben.

Zu sehen ist eine Reihe von Werken lokaler, aufstreben­der Künstler wie Melanie Ebenhoch und Martin Hotter, aber auch Arbeiten von internatio­nal etablierte­n Künstlern wie dem österreich­ischen Maler Ernst Caramelle oder Alfredo Jaar, dem Gewinner des Hasselblad Awards 2020. Auch bei den 13 Aussteller­n gibt es einen Mix aus jungen Galerien und einigen etablierte­n, wobei mehr als die Hälfte der Galerien jünger als zehn Jahre ist. Hier sind etwa Sophie Tappeiner, Gianni Manhatten und Ermes Ermes zu nennen. Unter den alteingese­ssenen Galerien sind unter anderen nächst St. Stephan, Martin Janda, Georg Kargl, Hubert Winter, Krobath und Meyer Kainer dabei.

Premiere. Die von jungen Wiener Galerien initiierte Kunstmesse im Hotel Interconti­nental muss nun doch mit der rein digitalen Version auskommen.

Gut die Hälfte der auf der Interconti gezeigten Künstler lebt und arbeitet in Wien.

Letztere präsentier­t auf der Messe Arbeiten des Künstlerko­llektivs Gelatin. Die aus den vier Künstlern Ali Janka, Wolfgang Gantner, Tobias Urban und Florian Reiter bestehende internatio­nal bekannte Künstlergr­uppe wurde 1993 gegründet. Bekannthei­t erlangten sie vor allem durch ihre provokativ­en Installati­onen, wie beispielsw­eise 2004 auf der Frieze Art Fair, wo sie sich Kerzen in den Hintern steckten, oder 2003 mit der Skulptur „Arc de Triomphe“vor dem Salzburger Rupertinum, die nach einer Klage abgebaut wurde. 2001 vertraten sie Österreich auf der Biennale in Venedig.

Martin Janda zeigt die ganz junge Malerin Melanie Ebenhoch, die bei ihm erst im Vorjahr die erste Einzelauss­tellung hatte, aber auch schon im 21er Haus vertreten war. Hubert Winter wiederum hat sich für Alfredo Jaar entschiede­n. Der chilenisch­e Künstler richtet den Blick auf humanitäre Katastroph­en, militärisc­he Konflikte sowie politische Korruption.

Die Messe läuft bis 7. Februar.

 ?? Gelatin: Boring Island, Schweden 2009 ?? Bekannt für ihre provokativ­en Installati­onen: das österreich­ische Künstlerko­llektiv Gelatin. Auf der Interconti zeigt sie die Galerie Meyer Kainer.
Gelatin: Boring Island, Schweden 2009 Bekannt für ihre provokativ­en Installati­onen: das österreich­ische Künstlerko­llektiv Gelatin. Auf der Interconti zeigt sie die Galerie Meyer Kainer.

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