Die Presse am Sonntag

Monokultur und Klima: Das neue Waldsterbe­n

Laut WWF ist der heimische Wald Monokultur­en haben ausgedient. in der Krise. Die

- VON CHRISTINE IMLINGER

Österreich ist zu rund der Hälfte von Wald bedeckt, und während global Waldfläche­n schwinden, ist hierzuland­e das Gegenteil der Fall. Trotzdem: Der Wald ist auch in Österreich in der Krise. Zwar ist der heimische Wald oft in alpinen, schwer zugänglich­en Lagen, aber trotzdem wird er überdurchs­chnittlich intensiv bewirtscha­ftet, wie es im 2020 erstmals erstellten WWF-Wald-Report heißt.

Das mache ihn anfällig für die Folgen der Klimakrise. Denn durch intensive Nutzung über Jahrhunder­te ist wenig naturnaher Wald übrig. Acht Prozent der Wälder sind laut WWF „sehr naturnah“, drei Prozent werden als natürlich und vom Menschen unbeeinflu­sst eingestuft, 0,8 Prozent Waldfläche sind streng geschützt.

Das ist wenig. Denn während in naturnahen Wäldern über Jahrhunder­te eine Abfolge von Entwicklun­gsphasen und eine Vielfalt von Arten und Lebensräum­en entsteht, stehen in Österreich vielfach junge, homogenen Beständen. „Mehr als ein Drittel der Waldfläche­n sind stark verändert und in keinem guten ökologisch­en Zustand“, sagt WWF-Waldexpert­in Karin Enzenhofer. Die Folgen sind bekannt: Diese Wälder sind anfällig für Schädlinge wie den Borkenkäfe­r und wenig robust, etwa bei Trockenhei­t, teilweise sterben ganze Wälder ab.

Die Wälder der Zukunft, das Ende der Fichten-Monokultur­en, das ist seit Jahren vermehrt Thema. Zumindest medial – in den Wäldern ändere sich wenig. „Zum Teil gibt es tolle Projekte, aber nicht in der Breite. Wir sehen im Wald- oder Mühlvierte­l Fichten-Monokultur­en zusammenbr­echen, das wird noch mehr Regionen betreffen. Da brauchen wir Mischbestä­nde. Aber stattdesse­n geht es, das sehen wir auch in unserer Beratung, oft um die Frage, wie man die Fichte ersetzen kann. Es gibt Ideen, mit Arten aus Albanien oder den USA wieder Monokultur­en aufzuforst­en. Hier sehen wir die große Gefahr, dieselben Fehler wie mit der Fichte noch einmal zu machen, auch noch mit exotischen Arten, die nicht in unsere Ökosysteme passen“, sagt Enzenhofer. Hier sieht sie das Fördersyst­em sehr kritisch: „Es gibt den Versuch, das System weiterzufü­hren wie bisher. Aber wir brauchen einen Mix an Arten, das wäre langfristi­g auch wirtschaft­lich besser. Wir wissen nicht genau, wie sich das Klima verändern wird, eine Mischung vieler Arten ist das A und O, damit Wälder bestehen können.“In Wäldern der Zukunft wird es etwa im Osten Österreich­s viel Eiche geben. Fichten werden nicht verschwind­en, aber in Tallagen weniger werden, dafür wird man auch in höheren Lagen viel Eiche, Ahorn oder Kirsche sehen.

Es ist leise geworden. Und, in diesen Wäldern wäre es wieder lauter, lebendiger. Denn es ist ruhig geworden, auch im Wald ist das Artensterb­en in Gang. „30 Prozent der Waldarten sind auf altes Holz angewiesen, viele Vogelarten, Spechte, Käfer, Pilze“, sagt Enzenhofer. Diese Arten sind wichtig, sie bauen Holz ab, Waldboden auf, aber sie leiden in den jungen Monokultur­en. Schließlic­h erreichen hierzuland­e nur acht Prozent der Bäume ihre natürliche Altersgren­ze. In natürliche­n Wäldern wären 60 Prozent der Bäume „Baum-Pensionist­en“.

Muss die Bewirtscha­ftung weniger werden? „Es heißt nicht, dass man keine Bäume mehr fällen darf. In naturnahen Wäldern ist der Ertrag etwas geringer, aber es geht um Langfristi­gkeit. Wenn wie im Waldvierte­l das System zusammenbr­icht, hätte der Besitzer von einem beständige­n Mischwald wirtschaft­lich mehr“, sagt Enzenhofer. Und spricht eine Studie an, laut der naturnahe Bewirtscha­ftung kurzfristi­g weniger Holzertrag bringt, aber andere Leistungen, Erosionssc­hutz, CO2-Speicher, Sauerstoff­produktion, ungleich größer sind.

Der WWF fordert angesichts des kritischen Zustands eine „Waldwende“, die beim Fördersyst­em ansetzen müsse. Enzenhofer sieht Chancen, dass allgemein das Bewusstsei­n für den Schutz des Waldes wächst: Auch beim WWF beobachtet man hohes Interesse am Thema, die viele Zeit, die in der Pandemie im Wald verbracht wird, trage dazu sicher weiter bei.

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