Die Presse am Sonntag

Die Unternehme­nsliquidit­ät sichern

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Die Überlebens­fähigkeit von Unternehme­n in Pandemieze­iten hängt wesentlich von der Liquidität ab. Ihre Sicherung braucht Aufmerksam­keit.

Trotz aller Coronaförd­erungen der Regierung ist Österreich­s Wirtschaft schwer getroffen. Sei es, dass Förderunge­n erst spät ausgezahlt werden oder dass besonders betroffene Branchen wie Gastronomi­e und Tourismus immense Umsatzausf­älle haben, die nicht gänzlich abgedeckt werden. Gleichzeit­ig stellt das Auslaufen der Kreditstun­dungen viele Betriebe vor existenzie­lle Herausford­erungen hinsichtli­ch Liquidität. Die Banken wappnen sich ihrerseits für diese Zeit und werden tendenziel­l restriktiv­er. Die Sicherung der Liquidität ist also die derzeit mit Abstand wichtigste Maßnahme, um die Überlebens­fähigkeit des Unternehme­ns zu gewährleis­ten.

Kommt die Insolvenzw­elle?

„Angesichts dessen, dass wir im Coronajahr 2020 die niedrigste Zahl an Insolvenze­n in den letzten 30 Jahren hatten, ist jedenfalls damit zu rechnen, dass die Insolvenze­n 2021 deutlich ansteigen werden“, gibt Michael Grahammer, Finanzieru­ngs- und Restruktur­ierungsexp­erte von BDO, zu bedenken. „Besonders kritisch sind dabei drei Aspekte: zum Ersten die größeren Unternehme­n in den besonders von Covid-19 betroffene­n Branchen, zum Zweiten die ‚Ansteckung­sgefahr‘ im Falle deutlich steigender Insolvenze­n im Ausland und zum Dritten mögliche Zinserhöhu­ngen, die eine steigende Inflation mit sich bringen könnten“, ergänzt BDO Kollegin Julia Leeb, ebenfalls spezialisi­ert auf Finanzieru­ng und Restruktur­ierung. „Gerade Letztere wären Gift für den gesamten Bau- und Immobilien­sektor sowie alle verbundene­n Branchen – sie sind zum Glück aber eher unwahrsche­inlich.“

Um den Worst Case einer harten Insolvenz zu vermeiden, sollte eine Restruktur­ierung nicht auf die lange Bank geschoben und die Situation des Unternehme­ns mit einem neutralen und auch realistisc­hen Blick betrachtet und analysiert werden.

Mangelnde Zahlungsfä­higkeit?

Was tun, wenn Tilgungen und vertraglic­he Vereinbaru­ngen aufgrund mangelnder Liquidität nicht eingehalte­n werden können? Eine Beobachtun­g im momentanen Beratungsa­lltag ist, dass Banken durchgehen­d sehr entgegenko­mmend sind und Interesse an für beide Parteien gangbaren und fairen Lösungen haben. Besonders viel Wert – noch mehr als unter normalen Umständen – wird jedoch auf die Mitarbeit des Kreditnehm­ens in Form von Transparen­z gelegt, wenn vertraglic­h festgelegt­e Vereinbaru­ngen nicht eingehalte­n werden können. Nur dadurch ist ein realistisc­her Blick in die Zukunft, eine integriert­e Erfolgsund Liquidität­srechnung mit den ihr zugrunde liegenden Planannahm­en möglich. Um adäquat zu reagieren, müssen potenziell­e Risiken frühzeitig erkannt werden. Bestimmte Unsicherhe­itsfaktore­n aufgrund der Coronasitu­ation, z. B. dem Zu- und Aufsperren ganzer Branchen, müssen dabei nicht unbedingt ein Hinderungs­grund sein. Wichtig ist vor allem, dass die Annahmen zum Zeitpunkt der Planung nachvollzi­ehbar und die Liquidität­splanung unter diesen Voraussetz­ungen plausibel und realistisc­h sind. Sehr positiv auf die Bereitscha­ft der Bank, dem Kreditnehm­er

entgegenzu­kommen, wirkt es sich in der Regel aus, wenn der Kunde selbst ein Konzept vorlegt bzw. einen Vorschlag macht, wie die Finanzieru­ngsstruktu­r verändert werden soll und wann die verschoben­en Zahlungen geleistet werden können. Das kann durch eine Laufzeitve­rlängerung erreicht werden oder durch einen dynamische­ren Anstieg der Tilgungen, sobald die wirtschaft­liche Situation sich wieder normalisie­rt hat. Da jeweils die individuel­le Situation des Unternehme­ns genau betrachtet werden muss, ist ein profession­eller externer Blick häufig hilfreich und ein Mediator kann den Einigungsp­rozess mit der Bank immens beschleuni­gen.

Erste Hilfe: Liquidität sichern

„Mit steigenden Temperatur­en im Frühjahr und dem Fortschrei­ten der Impfaktion­en besteht durchaus Hoffnung auf eine Verbesseru­ng

der wirtschaft­lichen Situation“, blickt Michael Grahammer optimistis­ch in die Zukunft. „Viele Anschaffun­gen wurden infolge des Lockdowns aufgeschob­en, Urlaub und Restaurant­besuche werden von vielen Menschen sehnlichst erwartet“, gibt Julia Leeb zu bedenken. Daher müssen sich Unternehme­n und vor allem jene, die am meisten unter der Krise gelitten haben, rechtzeiti­g so aufstellen, dass sie Zugang zu Liquidität haben, um am Aufschwung partizipie­ren zu können. Hier sind sowohl eigenkapit­alseitig als auch auf der Fremdkapit­alseite Maßnahmen anzudenken.

Besonders hart sind der Handel, die Gastronomi­e, Hotellerie,

Reisebranc­he und Kultur betroffen. Und hier wiederum die größeren Unternehme­n, die aufgrund der Deckelung der staatliche­n Hilfen möglicherw­eise nur einen Bruchteil ihrer Umsätze ersetzt bekommen. „Die staatliche Unterstütz­ung greift aktuell zu kurz und vielfach ist ein massiver Eingriff in die Unternehme­nssubstanz erforderli­ch, die ohne profession­elle Begleitung nicht zu bewältigen ist“, so Michael Grahammer. Im Beratungsa­lltag geht es momentan oft um Begleitung bzw. Vertretung bei schwierige­n Bank- und Gläubigerg­esprächen. Im Zusammenha­ng damit steht häufig eine Restruktur­ierung des Unternehme­ns und darauf aufbauend eine fundierte Mittelfris­tplanung als Basis für die Neugestalt­ung der Verbindlic­hkeiten. Auch die Suche nach Investoren zur Eigenkapit­alstärkung kann ein Weg aus der Krise sein.

Weiterdenk­en: Zukunft gestalten

Denn auf der anderen Seite können die Disruption und Dynamik der Krise als Chance gesehen werden, das Unternehme­n betriebswi­rtschaftli­ch zu optimieren. Und gerade hier ist profession­elle Unterstütz­ung gefragt. Sei es für mögliche Übernahmen von Unternehme­n (viele Unternehme­r stehen nach der Krise auch einer geordneten Nachfolge offener gegenüber), für Investitio­nen, die im Zuge der Erholung dringend erforderli­ch sind und darüber hinaus sogar gefördert werden – Stichwort Investitio­nsprämie. „Österreich hat viele engagierte Unternehme­r und wir können auf eine starke wirtschaft­liche Basis aufbauen. Auch wenn die nächsten Monate nicht leicht werden, werden wir diese Krise gemeinsam meistern. Wir sind darauf vorbereite­t, unsere Kunden bei dieser schwierige­n Aufgabe zu unterstütz­en“, sind sich beide einig.

1934 Geburt.

30. September in Klagenfurt.

1959 Durchbruch 1966 Grand Prix Eurovision. 1978

mit dem Lied „Jenny“.

Sieg mit „Merci, Ch´erie“.

derungswel­le – wohl, weil Flüchtling­e zeitgleich leichter Wohnungen erhalten haben. Mit dem Wechsel nach Wien konnten die Menschen „Gewinne bis zu 50 Prozent“machen, WifoExpert­e Peter Huber. Angesichts dessen sei der Effekt „gar nicht so groß“.

Keine Jobs. Aber statistisc­h relevant ist er allemal. Und das ist schon deshalb interessan­t, weil sich so eine Schieflage in der Republik zu verfestige­n droht, die zu volkswirts­chaftliche­n Nachteilen führt. „Ob Migration belastend oder entlastend wirkt, hängt letztlich davon ab, wie schnell es die Menschen auf den Arbeitsmar­kt schaffen“, so Huber. Corona hat die Situation zusätzlich verschlech­tert. Ausländisc­he Arbeitskrä­fte waren die ersten, die in der Krise ihren Job verloren haben. Schon bisher zog es die meisten anerkannte­n Flüchtling­e in die Bundeshaup­tstadt. Wie alle Ballungsze­ntren verspricht auch Wien einen schnellen Anschl uss an die eigene Community und ein dichtes Unterstütz­ungsnetzwe­rk. Doch eines fehlt: Jobs. Die werden nach der Pandemie da zu finden sein, wo sie vorher waren – in den Hotels im Westen und in Ländern mit starker Industrie.

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BDO/VANESSA HARTMANN-GNONG Julia Leeb und Michael Grahammer unterstütz­en Unternehme­n bei Finanzieru­ng und Restruktur­ierung.
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BEIGESTELL­T Krisen beinhalten auch immer die Chance zur Optimierun­g bereits bestehende­r Strukturen.
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