Event unter Laborbedingungen:
Nach der Ski-Weltmeisterschaft in Cortina, den größten Titelkämpfen im Coronajahr, muss eines festgehalten werden: Dieser Sport, den uns die Pandemie beschert hat, mag vieles sein, aber er ist kein Sport.
anstalter der Australian Open die Hälfte der Ränge im Melbourne Park für Tennisfans.
Eine Theorie ist naheliegend: Aliprandini, der in diesem Winter nur Geisterrennen gefahren war, in der gespenstischen Gletscherarena über Sölden oder dem leer gefegten Riesentorlauf-Mekka Adelboden, ist diese Leistungsexplosion nicht zufällig vor seinem kleinen, aber feinen Heimpublikum gelungen. In Cortina kam mehr und mehr so etwas wie WM-Stimmung auf, die unverzichtbaren Exoten stürmten wie die Tausenden Zweitwohnungsbesitzer die Innenstadt, ein Anblick, wie er inzwischen ungewohnter nicht sein könnte, wie er aber dieser Tage beflügeln kann. Und Kyrgios, der Mann, der in der Pandemie zuvor ein Jahr lang kein
Profimatch gespielt hatte, konnte der Nummer drei der Welt deshalb einen solchen Schlagabtausch liefern, weil er von Anbeginn das Publikum auf seiner Seite wusste.
Die „Forza“-Rufe in Cortina, Kyrgios’ Gesten zum australischen Publikum, man erschrak beinahe bei diesen Szenen, die klar machen, wie normal Geisterveranstaltungen geworden sind. Spitzensport unter Laborbedingungen, die ideale Bühne für die bedauerlichen Trainingsweltmeister, die ihre Leistung im Wettkampf, also in vollen Arenen, vor Tausenden Fans am Pistenrand, ansonsten nicht und nicht umsetzen können.
Eine Ski-WM ohne Zuschauer, sagte der Cortinese Kristian Ghedina, sei wie „eine Torte ohne Schlagsahne“. Eine Untertreibung. Cortina mag einen holprigen Start mit Verschiebungen und einer wenig spektakulären WM-Abfahrt gehabt haben. Dazu ein, zwei Aufreger mit einem grenzwertigen Kombi-Slalom und unfairen Parallelbewerben. Zuletzt aber waren die Rennen packend und auf allerhöchstem Niveau. Müßig zu sagen, dass sich Schwarz, Liensberger und Co. eine andere Bühne verdient hätten. Auch wenn man dabei über Bierdosen gestolpert wäre. Denn nach den größten Titelkämpfen im Coronajahr muss eines ganz klar festgehalten werden: Dieser Sport, den uns die Pandemie beschert hat, mag vieles sein, aber er ist kein Sport.