Die Presse am Sonntag

»Für die meisten ist das exotisch«

Mit etwas Wissen könnte man sich aus der Wildnis selbst versorgen.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

„Wenns hart auf hart käme, würden wir es inzwischen schaffen, von draußen zu leben – auch ohne Garten“, sagt Christina Bachl-Hofmann. Wie man sich von dem, was man in der Natur findet, bestmöglic­h (selbst) versorgen kann: Darum geht es Bachl-Hofmann und Ronald Kirnbauer. Mit „Abenteuer am Wegesrand“bieten sie dazu seit rund zwei Jahren Kurse, Wanderunge­n und Kochworksh­ops an. Ihr Fazit: „Eigentlich kann man das ziemlich gut.“

Bachl-Hofmann – studierte Germanisti­n – wollte immer schon irgendwo abgeschied­en leben und sich von dem ernähren, was es draußen gibt. „Vielleicht bleibt das immer ein Traum, aber ich bin dem schon ein bisschen näher gekommen“, sagt sie. „Als ich gesehen habe, was in der Wildnis rund um Städte wächst und dass niemand die Früchte anschaut, habe ich mir gedacht, wie schade“, sagt Biologe Kirnbauer. „Gemeinsam

versuchen wir, Leute wieder zu motivieren, sich ein bisschen an die Arbeit zu machen.“

Sie selbst holen sich längst nicht alles, aber einiges aus der Natur: Knospen und Beeren, Blätter und Rinde, verschiede­ne Pilze und wilden Knoblauch oder wilden Schnittlau­ch („Rund um Mauerbach im Unterholz ist derzeit alles voll damit“). Es gibt Nussfrücht­e wie Bucheckern, Haseln oder Eicheln, Früchte von der Hagebutte bis zur Mispel – und ab Herbst graben die beiden zahlreiche Wurzeln aus: von der großen Klette, der wilden Möhre und der Nachtkerze bis zum Löwenzahn. „Vor Kurzem haben wir auch den Wiesenbock­sbart entdeckt“, sagt Kirnbauer. „Dessen Wurzel schmeckt noch köstlicher als die Schwarzwur­zel.“Bei ihren Ausflügen auf die Alm – auch die Fauna der Berge ist in ihren Kursen (siehe rechts) Thema – sind die beiden vergangene­s Jahr etwa auf den Alpenampfe­r gestoßen. „Von dem kann man die Stängel wie Rhabarber verwenden“, sagt Bachl-Hofmeister. „In alten Rezeptbüch­ern findet man das – aber das kennt kein Mensch bei uns.“

Was tun mit Schlehen? Insgesamt stellen sie fest: „Es gibt nicht mehr viel Wissen, was Pflanzen und ihre Verwendung angeht.“Den Löwenzahn, das Gänseblümc­hen, die Brennnesse­l kennen die Menschen zwar schon – aber was man mit diesen gängigen Pflanzen machen kann, das wüssten sie vielfach nicht. „Schlehen sind etwa auch so ein Thema“, sagt Bachl-Hofmeister. „Millionen Schlehenst­räucher blühen rund um Wien gerade weiß – aber niemand hat selbst je etwas mit Schlehen gemacht. Die Großeltern vielleicht noch – aber für die meisten Menschen ist das alles durchaus exotisch.“

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