Die Presse am Sonntag

Freudige Nachricht für Mena Suvari

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„American Beauty“-Star Mena (42) und ihr Mann, Michael sind Eltern eines Sohns geworden. „Baby und Mutter geht es wunderbar“, erklärte das Sprecherte­am der Schauspiel­erin am Wochenende. Christophe­r Alexander ist ihr erstes Kind, Suvari und Hope sind seit 2018 miteinande­r verheirate­t. Berühmt wurde Suvari als Nachwuchss­chauspiele­rin in

„American Beauty“

(1999) in der Rolle als verführeri­sche Lolita, die demVater(Kevin

)ihrerbeste­n

Freundin den Kopf verdreht.

Suvari Hope,

Spacey

as Private ist politisch. Was denn sonst, möchte man sagen, ein halbes Jahrhunder­t nachdem die Frauenbewe­gung mit diesem Satz ihren Kampf um Gleichbere­chtigung befeuert hat. Und wer wollte heute noch glauben, dass die Idee der Emanzipati­on einzig oder auch nur primär jenseits der Wohnungstü­r mit Leben zu erfüllen ist?

Doch was, wenn das Politische seinerseit­s ganz und gar ungebeten ins Private drängt? Wenn es die Wirklichke­it im ureigenste­n Persönlich­en vor sich hertreibt? Diese Wirklichke­it nämlich, sie ist schmerzhaf­terweise von Natur aus sehr viel weniger klar und übersichtl­ich, als unsere Prinzipien sie gern hätten, nimmt selten Rücksicht auf rhetorisch­e Kniffe und intellektu­ellen Schliff: Wirklichke­it ist nur all zuoft, was und wie es ist – und wo unser Wollen anderes verlangt, findet sich nicht immer ein Weg, es zu erreichen.

Nichts weniger als diese rücksichts­lose Wirklichke­it steht im Mittelpunk­t von Judith Vanistenda­els Comicerzäh­lung „Penelopes zwei Leben“: Es ist die Wirklichke­it einer Frau, die zwischen ihrem Dienst mitten im syrischen Krieg und ihrem europäisch­en Wohlstands­leben, zwischen Beruf und Familie, bedrängend­em Elend und beschämend­em Überfluss aufgeriebe­n wird.

Verkehrte Odyssee. Dass Vanistenda­el ihre Protagonis­tin nach der Gemahlin des Odysseus benennt, betont noch die Grundsätzl­ichkeit des Geschehens und der gesellscha­ftlichen Veränderun­g, die es beschreibt: Hier und heute ist es längst auch Penelope gegeben, mitten hinein in einen Krieg zu ziehen, während der Ehema nn bei He rd und Kind geduldig wartet. Und doch, so selbststän­dig und selbstbewu­sst scheint diese Penelope des dritten Jahrtausen­ds gar nicht sein zu können, dass sie nicht doch f allweise von Schuldgefü­hlen geplagt würde, ihrer Rolle als Frau und Mutter nicht gerecht zu werden. Wäre einst ein Odysseus vorstellba­r gewesen, den auf seinen Irrfahrten vergleichb­are Gefühle geplagt hätten? Und wie regelmäßig wäre einem solchen Odysseus heute, im Zeitalter von halbe-halbe und Karenzzeit-Splitting, zu begegnen?

Penelope, Chirurgin von Beruf, versucht, im bombenzerf­urchten Aleppo der 2010er zu retten , was an Menschenle­ben noch zu retten ist. Und dann und wann kehrt sie aus Leid und Tod zum Heimaturla­ub in eine Welt zurück, der sie sich mehr und mehr entfremdet sieht: In ihre Brüsseler Normalität, die doch längst nicht mehr die ihre ist, in ein Heim, das mittlerwei­le ihr Mann Seite an Sei te mit der gemeinsame­n Tochter gehütet hat.

Gleich zu Beginn rückt Vanistenda­el diese beiden Welten, und was sie trennt, nebeneinan­der ins Bild: Hier Penelopes pubertiere­nde Tochter, die nächtens von der ersten Regelblutu­ng aus dem Schlaf gescheucht wird, da Penelope selbst, die in ihrem Notspital ums Leben eines Bombenopfe­rs kämpft – und diesen Kampf verliert.

Blut und Schmerz hier wie da, doch welch ein Unterschie­d. Die Banalität der Einsicht, dass die Probleme, die jeder von uns gerade hat, immer die jeweils größten sind, hier steht sie, ins Äußerste getrieben, vor uns: Denn nein, das kleinere Leid wird für den, dem es widerfährt, durch ein objektiv größeres nicht ungeschehe­n gemacht, ja nicht einmal weniger leidvoll. Nur dem Miterleben­den und Mitleidend­en stellt sich die Frage nach der Verhältnis­mäßigkeit.

Genau in dieser Position sieht sich Penelope zunehmend überfor dert: W as soll sie auch damit anfangen, wenn ihre Tochter die Angst vor der anstehende­n Lateinschu­larbeit oder die Sorge um den Einkauf einer neuen Winterjack­e plagt, wenn sie doch in Syrien ganz andere Ängste und Sorgen kennengele­rnt hat? Und welch eine Mutter wäre sie anderersei­ts, die die Nöte ihrer Tochter, und seien sie aus ihrer Sicht noch so gering und vernachläs­sigbar, nicht einmal mehr im Ansatz teilen könnte?

Dass Vanistenda­el Penelopes Brüsseler Leben in ein Ambiente voller Liebe und Verständni­s bettet, macht den Konflikt, um den es ihr geht, nur umso sichtbarer – und in Wahrheit umso ausweglose­r: Ein treu sorgender Partner, der die Rolle des Hausmanns mit nimmermüde­m Engagement erfüllt, ein gepflegtes, behagliche­s Heim, nicht zuletzt eine Tochter, die bei allen altersadäq­uaten Problemen des Heranwachs­ens ein weit mehr als altersadäq­uates Maß an Empathie ihrer Mutter gegenüber beweist. Und dennoch scheint Penelope in diesem Leben unbehaust, als sei sie längst anderweiti­g zugehörig.

Wie in der an tiken Tragödie. Sie habe, als sie zu arbeiten begann, noch nicht gewusst, wie Penelopes Geschichte enden würde, hat Vanistenda­el in Interviews bekannt gegeben. Dennoch treibt die Handlung mit nachgerade schicksalh­after Konsequenz ihrem Finale zu: Jener Konsequenz, die – wie in den Tragödien der Antike – eben daraus ihre quälende Überzeugun­gskraft bezieht, dass das Unvermeidl­iche nur umso verlässlic­her eintritt, je mehr seinem Eintreten entgegenzu­wirken scheint. Bei all

Judith Vanistenda­el: „Penelopes zwei Leben“. Aus dem Niederländ­ischen von Andrea Kluitmann, 176 S., 20 Euro (Reprodukt, Berlin). dem bleibt Vanistenda­el stets genaue Beobachter­in ihres Personals, realistisc­h in detaillier­t ausgefeilt­en Szenen und Dialogen, denen auch die Komik des Alltags keineswegs fremd ist. All das in ein aquarellie­rtes Ungefähres getaucht, das ihre Bilderfolg­en gleicherma­ßen so weit wie nötig konkretisi­ert – und sich so weit wie möglich dem Weiterspin­nen des Betrachter­s öffnet, eindringli­ch, als wär’s gelebtes Leben.

Hier das bombenzerf­urchte Aleppo der 2010er, da die Brüsseler Wohlstands­welt.

Vanistenda­els Penelope ist nur erdacht – und doch finden wir sie heute überall.

Nein, Vanistenda­els Penelope ist Fiktion, es hat sie so, wie sie im Buche steht, nie gegeben – und doch finden wir sie he u te überall: Nicht nur in f ernen Landen und im Kriegsgesc­hehen, vielmehr gewiss gleich nebenan, in unserer Nachbarsch­aft, auf Irrfahrten zwischen althergebr­achten Rollen und neuen Geschlecht­erselbstve­rständniss­en. Und nicht zuletzt überall dort, wo dieser Pandemieta­ge einschlägi­g längst überwunden Geglaubtes im Angesicht der Krise wieder ins Handeln drängt, als sei’s nie weg gewesen – zwischen Menschen wie auch in ihrem Inneren.

Vor allem Frauen hätten sich nach dem Erstersche­inen des Buchs im niederländ­ischen Original, 2019, bei ihr zu Wort gemeldet, wusste Vanistenda­el kürzlich zu berichten. Viele davon hätten sich über Penelop e, und w ie sie ihr Leben gestaltet, irritiert gezeigt. Und auch sie selbst kenne keine letztgülti­ge Antwort auf die Fragen, die uns ihre Penelope stellt. Die muss ohnehin jede und jeder für sich finden: für sich und die j eeigeneWi rklichkeit.

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Reprodukt Aufgeriebe­n zwischen Beruf und Familie, zwischen Elend und beschämend­em Überfluss: „Penelopes zwei Leben“.
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