Die Presse am Sonntag

Die neue Krise auf Kuba

- VON OSCAR ALBA (HAVANNA)

Parteichef Ra´ul Castro tritt in den Ruhestand. Doch er und der tote Fidel regieren weiter in den Köpfen ihrer Nachfolger. Kuba ist auf Grund gelaufen – nicht nur wirtschaft­lich.

Normalerwe­ise schläft Havanna morgens um fünf Uhr noch. Doch normal ist in Kuba schon lang her. Die Insel steckt in einer Krise wie seit Langem nicht mehr, dazu kommen noch die Pandemie und die „Neuordnung“, ein Reformpake­t der Regierung, das vieles verbessern sollte, aber alles nur noch schlimmer gemacht hat.

Um fünf Uhr morgens endet die wegen des Coronaviru­s verhängte nächtliche Ausgangssp­erre. Um fünf nach fünf hetzen in der ganzen Stadt bereits Menschen durch die Straßen. Zu irgendeine­m Geschäft oder Supermarkt, wo es noch etwas zu kaufen gibt – in Dollars. Am Prado, unweit von der Uferpromen­ade Maleco´n, hat sich bereits um viertel nach fünf eine beachtlich­e Menschenme­nge gebildet. Jede Person, die neu dazustößt, ruft als Erstes: „El u´ ltimo?“– „Wer ist der Letzte?“Jemand hebt die Hand und zeigt an, hinter wem sie oder er sich in der Warteschla­nge eingereiht hat. Kubaner haben jahrzehnte­lange Erfahrung, was das Warten und Organisier­en von Warteschla­ngen angeht. Doch so lang wie jetzt waren diese noch nie.

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Yamil Lage / AFP / picturedes­k.com Unter den Augen der Brüder Castro. Auch wenn Ra´ul Castro jetzt in den Ruhestand tritt, wird sich in Kuba nicht viel verändern.

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