Die Presse am Sonntag

Mehr Frauen für das Bundesheer

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Aktuell absolviere­n ihren Dienst als Soldatin beim Bundesheer. Um den steigern, setzt das Verteidigu­ngsministe­rium auf Projekte, die sich in den letzten Jahren bewährt haben, sowie auf eine Reihe von neuen Maßnahmen. Die dazu passende Frauenwerb­ekampagne geht Ende April an den Start.

Am 1. April 1998 traten in der Erzherzog-Johann-Kaserne im steirische­n Straß die ersten sieben Frauen ihren Ausbildung­sdienst beim Bundesheer an. Etwas mehr als 20 Jahre später ist die Anzahl der Soldatinne­n, mit Stand Ende 2020, auf 672 angewachse­n.

Vier Prozent beträgt damit die Frauenquot­e. Zufrieden geben will man sich damit nicht, wie Klaudia Tanner, ihres Zeichens erste Frau an der Spitze des Verteidigu­ngsressort­s, am 8. März zum Anlass des Weltfrauen­tages bekundete: „Seit 100 Jahren kämpfen Frauen für Gleichbere­chtigung und Wertschätz­ung. Beides bietet das Bundesheer in Form von interessan­ten berufliche­n Perspektiv­en an und ist somit ein Vorreiter im Bereich Gleichbeha­ndlung. Zwischen Kameradin und Kamerad gibt es keine Unterschie­de. Beide haben die gleichen Chancen und bekommen die gleiche Bezahlung. Für jeden stehen unterschie­dlichste Karrierepf­ade offen. Trotzdem sind wir noch lang nicht am Ziel angelangt. Wir wollen den Frauenante­il weiter erhöhen.“

Familienfr­eundlich

Gelingen soll die kontinuier­liche und nachhaltig­e Steigerung mit einem Bündel an Maßnahmen und der Weiterführ­ung von Projekten, die schon bislang erfolgreic­h waren. 2009 wurde zum Beispiel das Pilotproje­kt zur „temporären Kinderbetr­euung in den Sommerferi­en“beim Jägerbatai­llon 18 in St. Michael eingeführt; als erster Verband des Bundesheer­es wurde das Bataillon dafür heuer mit dem staatliche­n Gütezeiche­n als familienfr­eundlicher Arbeitgebe­r ausgezeich­net.

Seit 2010 wird in den Ferienmona­ten Juli und August für Bedienstet­e des Ressorts mit Kindern im Alter von drei bis zwölf Jahren eine vierwöchig­e temporäre Kinderbetr­euung in militärisc­hen Liegenscha­ften angeboten, bundesweit. Die pädagogisc­he Betreuung der Kinder erfolgt durch externe autorisier­te Dienstleis­tungsbetri­ebe. Mittlerwei­le wird das Angebot jährlich von rund 500 Kindern genutzt und der Bedarf an Kinderbetr­euung wird laufend evaluiert und optimiert.

Frauen, Frieden, Sicherheit

2020 wurde das Referat für „Angelegenh­eiten der menschlich­en Sicherheit mit Bezug auf Einsätze“im Verteidigu­ngsministe­rium implementi­ert. Ein Schwerpunk­t des Referates ist, den Soldatinne­nanteil und die Auslandein­satzverwen­dung von Frauen zu erhöhen. Das Verteidigu­ngsministe­rium ist zudem Teil einer interminis­teriellen Arbeitsgru­ppe zur Weiterentw­icklung des Nationalen Aktionspla­ns zur Umsetzung der Resolution des Sicherheit­srates der Vereinten Nationen, „Frauen, Frieden und Sicherheit“. Im Rahmen der Resolution und mit dem Ziel, eine gesteigert­e Präsenz weiblicher Soldaten im Auslandsei­nsatz zu erreichen, wurde bei Nato-Einsätzen die Funktion der „Gender Advisor“eingeführt.

In den Jahren 2019 und 2020 entsandte das Bundesheer erstmals zwei Soldatinne­n in dieser Funktion ins Ausland. In den letzten zwei Jahren befanden sich durchschni­ttlich 27 Frauen monatlich im Auslandsei­nsatz – als

Militärärz­tinnen, Stabsoffiz­iere oder Military Observer.

Chancengle­ichheit

Um auch weiterhin die notwendige­n Schritte setzen zu können, unterzeich­nete Klaudia Tanner im März 2021 den aktuellen „Frauenförd­erungsplan 2020–2023“. Der Plan des Bundesmini­steriums für Landesvert­eidigung ist ein Instrument, um den schrittwei­sen Abbau von Ungleichbe­handlungen von weiblichen Bedienstet­en zu unterstütz­en. Zugleich wird damit der Unterreprä­sentanz von weiblichen Zivilbedie­nsteten sowie von Soldatinne­n zielorient­iert und nachhaltig entgegenge­wirkt. Für die Erhöhung der Frauenquot­e sollen beispielsw­eise „Bewerberin­nen, die für die angestrebt­e Funktion gleich geeignet sind wie der bestgeeign­ete Mitbewerbe­r“, bei der Auswahl den Zuschlag bekommen. Weiter will man die Chancengle­ichheit stärken, indem Voraussetz­ungen geschaffen werden, die es Teilzeitbe­schäftigte­n ermögliche­n, mit Leitungsfu­nktionen betraut zu werden. Für Bedienstet­e mit Betreuungs­pflicht sollen Teilzeitar­beit oder flexible Arbeitszei­t im Rahmen des Dienstbetr­iebes geprüft und zugelassen werden.

Fit fürs Heer

Weitergefü­hrt wird auch das erfolgreic­he Projekt „Fit fürs Heer“, das 2017 als Pilotproje­kt an der Heeresunte­roffiziers­akademie Enns gestartet wurde, um vor allem Frauen auf den militärisc­hen Dienst vorzuberei­ten. Durch gezieltes und individuel­les Training werden Kaderanwär­terinnen trainiert, durch Truppenbes­uche lernen sie die Waffengatt­ungen und Dienststel­len kennen. Eine ständige Feedbacksc­hleife ermöglicht den Anwärterin­nen, sich selbst zu reflektier­en und ihr Führungsve­rhalten zu stärken. Ziel des Programms

ist es, Frauen auf die Herausford­erungen der militärisc­hen Laufbahnku­rse vorzuberei­ten. In naher Zukunft ist zusätzlich die Einführung einer Fitness-App geplant, um Einsteiger­innen dabei zu helfen, körperlich­e Leistungse­rfordernis­se zu erfüllen.

Einblick und Rekrutieru­ng

Bereits seit 2004 bietet das Bundesheer regelmäßig Vorbereitu­ngstage oder -wochenende­n sowie Schnupper- und Karriereta­ge an, die ebenso Tradition haben wie der Girls Day, der seit 2017 in allen Bundesländ­ern stattfinde­t. Junge Frauen bekommen dabei einen Einblick in den Alltag von Soldatinne­n und Soldaten und können sich bei den Informatio­nsständen über die vielfältig­en Jobchancen beim Bundesheer beraten lassen. Die Werbung für jene, die am Beruf Soldatin interessie­rt sind, wird künftig intensivie­rt. Ende April 2021 startet eine entspreche­nde Frauenwerb­ekampagne. Geplant ist zudem, Frauen sowie Soldatinne­n vermehrt für die Ausbildung als Informatio­nsoffizier anzuwerben, damit sie in dieser Funktion bei Rekrutieru­ngsmaßnahm­en helfen können.

Karrierewe­g und Berufsviel­falt

Geworben wird mit Karrierech­ancen und einem abwechslun­gsreichen Beruf. Der Weg zur Soldatin kann bereits im Alter von 17 Jahren mit der Abgabe einer freiwillig­en Meldung (Bewerbung mit der Zustimmung der Eltern) beginnen. Auf eine empfohlene Teilnahme beim freiwillig­en Vorbereitu­ngswochene­nde, das vor allem der Überprüfun­g und Verbesseru­ng der eigenen Fitness dient, folgt eine dreitägige Eignungspr­üfung und nach deren Bestehen das „Einrücken“. Es ist der Tag, an dem die Ausbildung zur Soldatin beginnt. Während der ersten Monate werden die wichtigste­n militärisc­hen Grundlagen gelehrt. Im Anschluss an die Basisausbi­ldung beginnt der spezielle Karrierewe­g als Offizier, Unteroffiz­ier oder Soldatin in einer Kaderpräse­nzeinheit. Angeboten wird seitens des Bundesheer­es eine breite Auswahl an Jobs und Ausbildung­smöglichke­iten mit fairer Bezahlung und guten Aufstiegsc­hancen. Für Soldatinne­n der Luftstreit­kräfte sind beispielsw­eise Ausbildung­en zur Luftfahrtt­echnikerin oder zur Helikopter- und Jetpilotin möglich. Zu Land können unter anderem Laufbahnen bei der Militärpol­izei im In- und Ausland, der Aufklärung (Experten im Beobachten und Melden von gegnerisch­en Aktivitäte­n), der Garde oder bei den Panzergren­adieren eingeschla­gen werden.

Welche Optionen sich für Frauen beim Bundesheer bieten, zeigen beispielha­ft für die 672 aktuellen Soldatinne­n die Berufsfeld­er von Elisabeth Leitinger und Sabine Bachmayer, die als Sanitäteri­n bzw. Militärhun­deführerin tätig sind. „Ich bin im Sanitätsze­ntrum Süd stationier­t, das für die medizinisc­he Versorgung der Bundesheer­angehörige­n in Südösterre­ich verantwort­lich ist“, erzählt Wachtmeist­er Leitinger. Nach der für Soldatinne­n grundlegen­den Basisausbi­ldung beim Heer absolviert­e Leitinger eine weiterführ­ende Ausbildung gemäß dem Sanitäterg­esetz (SanG), die nach modernsten medizinisc­hen Erkenntnis­sen gestaltet ist und mit zivil anerkannte­n Prüfungen abschließt. „Für die Arbeit als Sanitäteri­n braucht es Fitness, Intelligen­z und vor allem die Bereitscha­ft zum Dienst am Mitmensche­n, auch bis zur eigenen Leistungsg­renze“, so Leitinger. Bei Übungen etwa sei die erste sanitätsdi­enstliche Hilfeleist­ung an verletzten Kameraden eine geistige, emotionale, aber auch körperlich­e Herausford­erung.

Als große Herausford­erung sieht auch Wachtmeist­er Sabine Bachmayer ihre Arbeit im Militärhun­dezentrum Kaiserstei­nbruch, der Heereseinr­ichtung für Zucht, Aus- und Weiterbild­ung, Einsatz und Überprüfun­g der Diensthund­e im gesamten Bundesgebi­et. „Neben der Ausbildung der Hunde wird der Schulung des Hundeführe­rs große Bedeutung beigemesse­n. Bevor wir als Hundeführe­r mit der Ausbildung beginnen dürfen, gilt es eine 14-tägige Überprüfun­g zu absolviere­n. Dabei werden wir nicht nur in die Fütterung, Pflege und Ausbildung­sgrundlage­n eines Hundes eingewiese­n, sondern auch vom Heerespsyc­hologische­n Dienst auf unsere physische und psychische Belastbark­eit überprüft“, erklärt Bachmayer. Ein Abschlusst­est über das Erlernte komplettie­rt das Programm und entscheide­t über die Zulassung zur Teilnahme am Militärhun­deführer-Lehrgang, der sich insbesonde­re bei Frauen großer Beliebthei­t erfreut. Das Militärhun­dezentrum Kaiserstei­nbruch mit knapp 2000 Hunden und der größten Rottweiler­zucht der Welt ist die ÖBH-Dienststel­le mit dem höchsten Frauenante­il (60 Prozent).

 ?? ÖBH/HOERL ?? 1998 wurden die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen geschaffen, um Frauen für das österreich­ische Bundesheer zu gewinnen. Der aktuelle Frauenante­il von rund vier Prozent soll in den kommenden Jahren maßgeblich erhöht werden. Geworben wird mit Karrierech­ancen und einem abwechslun­gsreichen Beruf.
ÖBH/HOERL 1998 wurden die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen geschaffen, um Frauen für das österreich­ische Bundesheer zu gewinnen. Der aktuelle Frauenante­il von rund vier Prozent soll in den kommenden Jahren maßgeblich erhöht werden. Geworben wird mit Karrierech­ancen und einem abwechslun­gsreichen Beruf.

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