»Auch Sie könnten Alaba verkaufen«
Jürgen Werner (59) gilt als Mastermind des Lask. Der Vizepräsident spricht über den Höhenflug von der Regionalliga nach Europa, Meisterträume und die Folgen des »Corona-Gate«.
Vor sieben Jahren hat der Lask noch in der Regionalliga gespielt, jetzt ist er einer der besten Klubs des Landes. Worauf sind Sie am meisten stolz?
Jürgen Werner: Neben der wirtschaftlichen und infrastrukturellen Entwicklung natürlich auf die sportliche. Wir sind neben Salzburg der einzige heimische Verein, der in den vergangenen drei Jahren immer im Europacup vertreten war, haben zweimal die Gruppenphase der Europa League erreicht, einmal sogar unsere Gruppe gewonnen. Und egal, wo ich im Ausland bin, ob in Lissabon oder Deutschland: Jeder bewundert den Weg, den der Lask gegangen ist. Eigentlich müssten wir uns den ganzen Tag nur abbusseln und freuen, wie das alles gelaufen ist.
In Linz wurde ein lange Zeit schlafender Riese gewecket.
Definitiv. Wir wussten, dass der Lask einer dieser Vereine ist, in denen großes Potenzial schlummert. Du kannst es auch in Lafnitz probieren, aber dort wird es nicht funktionieren, weil die Basis fehlt. Beim Lask gibt es sie. Mit dem neuen Stadion machen wir den nächsten Schritt in der Infrastruktur, auch der Wirtschaftsraum ist ein sehr guter. Wir waren uns 2014 schon sicher: Wenn man den Zug aus dem Bahnhof und zum Fahren bringt, werden die Leute wieder aufspringen.
Es ist häufig von der Lask-DNA die Rede. Wie lässt sich diese definieren? Und woran hat man sich in Linz orientiert, auch am Ligaprimus aus Salzburg?
Rein sportlich haben wir natürlich auch nach Salzburg geschaut. Wesentliche Faktoren unserer DNA sind Charakter, Einstellung und Mentalität. Der Lask ist eine verschworene Einheit, wir wollten eine Kultur schaffen, die sich durch den ganzen Verein zieht. Wenn unsere U16 in Ried spielt, dann will ich, dass sie diese ordentlich verlässt, dass die Jungs „Bitte“, „Danke“und „Auf Wiedersehen“sagen können. Und dass man sportlich einen Wiedererkennungswert sieht, die Leute sagen: Hey, die spielen ja wie die Großen.
Also würde ein 16-Jähriger, der alle schwindlig spielt, aber keine Manieren hat, beim Lask durchfallen?
Ja, ich würde das so drastisch sehen. Es kann sein, dass uns dadurch ein Supertalent durch die Lappen geht, aber es steht in jedem Lehrbuch: Mentalität schlägt Talent. Wobei es einen klaren Unterschied zu einem kreativen Spieler gibt, der sich von Zeit zu Zeit einmal ein bisschen etwas rausnimmt und frech ist. Aber ein Gfrast, das die gesamte Balance durcheinanderwirbelt, brauchen wir nicht. Ein fauler Apfel in der Box kann dir die ganze Box faul machen.
Sie werden als Mastermind des Lask bezeichnet. Fangen Sie damit etwas an?
Die Bezeichnung schmeichelt mir. Es ist eine Anerkennung für die Arbeit, die hier bislang geleistet wurde. Aber nur Jürgen Werner als Mastermind hervorzuheben wäre zu kurz gegriffen. Präsident Siegmund Gruber, die „Freunde des Lask“(Investorengruppe, die 2013 eingestiegen ist, Anm.) – es ist absolute Teamarbeit.
Wo sehen Sie den Lask denn im nationalen Vergleich mittlerweile, auch hinsichtlich wirtschaftlicher Möglichkeiten?
Jürgen Werner wurde am 3. Dezember 1961 in Wels geboren.
Als Aktiver bestritt der Mittelfeldspieler 239 Partien in der höchsten Spielklasse für Voest Linz und Sturm Graz, im Nationalteam kam der Oberösterreicher elf Mal zum Einsatz.
1998 gründete Werner die Spieleragentur Stars & Friends, für die er selbst als Spielerberater tätig war. Seit Verkauf seiner Anteile im Jahr 2019 fungiert er als Vizepräsident des Lask, für den er sich seit Anfang 2014 engagiert. Über allen thront Salzburg, und wirtschaftlich gesehen waren wir bis vor Kurzem auch noch hinter den beiden Wiener Vereinen angesiedelt, die aktuelle Situation der Austria ist bekannt. Wir zahlen in Linz jetzt schon sehr gute Gehälter, aber sehr vieles ist leistungsbezogen. Ich sehe uns da auf Augenhöhe mit Sturm Graz. Mit jeder Europacup-Gruppenphase, die wir erreichen, steigen der Marktwert unserer Spieler und die Möglichkeiten des Vereins. Unser Credo ist und bleibt aber, ohne Einnahmen und Spielerverkäufe zu budgetieren. Denn wenn du den Europacup einmal verpasst, musst du es auch überleben.
Der damalige Austria-Trainer, Thorsten Fink, war 2017 der letzte Vereinsoffizielle, der Salzburg den Kampf um die Meisterschaft angesagt hat. Der Ausgang ist bekannt. Dennoch, ist der Titel das langfristige Ziel? Ich habe mir am 4. Jänner 2014, als ich meine Arbeit aufgenommen habe, zehn Ziele aufgeschrieben. Wenn 2022 das neue Stadion steht, sind neun davon erfüllt. Sie können sich vorstellen, welches das zehnte ist.
Werden Sie verbal in die Offensive gehen? Wir werden uns nie vor der Saison hinstellen und sagen: Heuer erwischen wir die Salzburger. Das hat aber nichts mit Tiefstapeln zu tun. Schauen Sie nach Deutschland, und nehmen Sie Dortmund als Beispiel. Eine Topmannschaft, aber es gibt mit Bayern München einen in der Regel übermächtigen Gegner. Ähnlich ist es in Österreich mit Salzburg. Aber: Es gibt auch Saisonen, in denen es bei der Konkurrenz vielleicht einmal nicht so läuft. Genau dann müssen wir da sein, darauf müssen wir hinarbeiten. Letztes Jahr wäre so eine Saison gewesen.
Dann kamen Corona, die Meisterschaftspause und das verbotene Mannschaftstraining. Die Konkurrenz war außer sich. Spüren Sie heute noch Nachwehen, einen Imageschaden?
Man hat sich ausgesprochen. Aber ja, wir haben trainiert, haben etwas Falsches gemacht und wurden dafür bestraft. Für mich war die Strafe zwar unverhältnismäßig hoch, aber die Sache ist für mich erledigt.
Wann war sie das für die Mannschaft?
Für das Team war die Sache länger nicht erledigt, das habe ich gespürt. Es hat erst dann wieder Klick gemacht, als wir uns mit dem 4:1 bei Sporting Lissabon für die Europa-League-Gruppenphase qualifiziert haben. Weil uns genau das in den Köpfen der Spieler eigentlich zugestanden hat.
Haben Sie noch Kontakt zu Ex-Trainer Val´erien Isma¨el?
Ich habe ihm einmal geschrieben und zu seinen Erfolgen in Barnsley gratuliert. Mir taugt’s, dass seine Arbeit dort Früchte trägt. Er macht in England ja nichts anderes als wir beim Lask.
Also gibt es kein böses Blut zwischen Ihnen? Immerhin wurde Isma¨el entlassen. Sicher war es hart. Für ihn kam die Entscheidung in diesem Moment überraschend und einem Bruch gleich, aber die Zeit heilt alle Wunden. Von meiner Seite ist da nichts hängen geblieben.
Die Mannschaft hat sich letztlich gegen Isma¨el ausgesprochen. Warum haben Trainer und Spieler nie zueinandergefunden?
Als Oliver Glasner uns verlassen hat und Ismae¨l zu uns gekommen ist, waren die Fragezeichen auf den Köpfen der Spieler zu sehen. Nach vier so erfolgreichen Jahren kann der nächste Trainer nur verlieren, egal, wie er heißt. Aber Mannschaft und Trainer haben es dann immer besser hingebracht. Du machst nicht so viele Punkte, wenn die Gräben derart tief sind. Der Bruch hat eindeutig in der Meisterschaftspause und mit dem verbotenen Training stattgefunden. Ab diesem Zeitpunkt war die Situation eine andere.
Sie waren lang als Berater tätig. In der öffentlichen Wahrnehmung sind Berater . . .
. . . die dunkle Seite des Fußballs.
Was hat zu diesem Image geführt? Schauspieler oder Musiker bezahlen ihre Agenten selbst, im Fußball werden Spielerberater von den Vereinen bezahlt, weil sie für ihre Spieler die Verträge oder Transfers aushandeln. So ist das Bild entstanden, dass dem Fußball Geld entzogen wird, das weder Spieler noch Verein bekommen. In Deutschland werden die Ausgaben für Berater öffentlich gemacht. Dadurch ist sicher auch eine Neidgesellschaft entstanden.
David Alaba hat sich mit dem Israeli Pini Zahavi eine Koryphäe ins Boot geholt. Gilt er als besonders guter und harter Verhandler? Alaba braucht eigentlich gar keinen Berater. Stünde er zum Verkauf, dann könnten auch Sie ihn verkaufen. Es gibt genau sechs Klubs, die Alaba bezahlen können. Es geht nur noch darum, wo ich als Spieler den letzten Euro heraushole und ob ich lieber Spanisch oder Englisch lerne.
Jürgen Werner gibt es aber nur beim Lask, oder?
Ich hatte in den vergangenen Jahren auch Anfragen aus Deutschland, aber mir geht es nicht um Geld oder Ruhm. Ich habe Spaß hier in Linz, fiebere wirklich mit. Jetzt kann ich dem Fußball etwas zurückgeben.
Wien. Die Austria-Gremien versuchen alles, um die Bundesliga-Lizenz doch noch zu erhalten. Nach einer stundenlangen Sitzung des Verwaltungsrats und des Aufsichtsrats der Austria Wien AG am Freitagabend teilten die Violetten mit, dass über Initiative des Präsidiums eine Investorengruppe der „Freunde der Austria“im Entstehen sei. Diese soll „zusätzliche Sicherstellungen“ermöglichen. Treibende Kraft dahinter ist Vizepräsident Raimund Harreither, der dem Klub bereits 2020 als Trikotsponsor aus der Patsche half. Heuer ist Austria ohne Brustsponsor.
Ein Knackpunkt bleibt, dass die Zukunft für Investoren auch über die Lizenz hinaus gesichert sein muss. Bei Verbindlichkeiten in Höhe von 78 Millionen Euro ist ein – neues – Gesamtkonzept unerlässlich. Dazu gehören jedoch auch neue Manager. Dem Vernehmen nach ist AG-Vorstand Markus Kraetschmer nicht nur bei Fans, sondern auch klubintern höchst umstritten. Ihm liegt trotzdem ein neuer Einjahresvertrag vor.
Irritierender »Insignia-Deal«. Ein weiteres Fragezeichen wirft der neue „strategische Partner“, Insignia, auf. Am Freitag kamen laut „Kurier“neue Vertragsdetails ans Licht. Diese waren Mitgliedern der Gremien offenbar nicht bekannt: Insignia muss demnach von den festgelegten sieben Millionen Euro bis Ende April drei Millionen überweisen, die zweite Rate erst im August. Wozu dann die ganze Posse des Zuwartens und Zögerns, wenn man wusste, dass nur drei Millionen kommen, man aber, angeblich, sieben für die neue Lizenz braucht? Ob der Aufsichtsrat Kraetschmer dazu befragt hat?
AG-Anteil um 25.000 Euro. Geld will Austria auch mittels „Optionsverträgen“aufstellen. In einem der APA vorliegenden Vertragsentwurf kann ein Prozent der Anteile an der FK Austria Wien AG für 250.000 Euro erworben werden. Das Gesamtvolumen der AG wird basierend auf einer Unternehmensbewertung mit 25 Millionen Euro angegeben. Eigentlich ein Schnäppchen, wäre da nicht ein kleiner Schuldenberg von 78 Millionen Euro und die Gefahr, das Geld bei einer Insolvenz des Vereins zu verlieren. Um die Option zu ziehen, ist die Vorlage einer Bankgarantie bis 20. April vonnöten.
Der Senat 5 der Bundesliga hatte Austria am Dienstag in erster Instanz die Lizenz verweigert. Der 24fache Meister kündigte am Samstag offiziell an, dagegen Protest einzulegen. Mit neuen Unterlagen, die bis Mittwoch, 21. April, vorgelegt werden müssen, will man die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nachweisen. Danach entscheidet das Protestkomitee als zweite Instanz bis 28. April.
Im Fall eines weiteren negativen Bescheids bliebe der Austria als letzte Möglichkeit der Gang vor das Ständige Neutrale Schiedsgericht. Sollte die Austria die Lizenz nicht erhalten, droht dem Traditionsverein die Insolvenz.