Die Presse am Sonntag

»Auch Sie könnten Alaba verkaufen«

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Jürgen Werner (59) gilt als Mastermind des Lask. Der Vizepräsid­ent spricht über den Höhenflug von der Regionalli­ga nach Europa, Meisterträ­ume und die Folgen des »Corona-Gate«.

Vor sieben Jahren hat der Lask noch in der Regionalli­ga gespielt, jetzt ist er einer der besten Klubs des Landes. Worauf sind Sie am meisten stolz?

Jürgen Werner: Neben der wirtschaft­lichen und infrastruk­turellen Entwicklun­g natürlich auf die sportliche. Wir sind neben Salzburg der einzige heimische Verein, der in den vergangene­n drei Jahren immer im Europacup vertreten war, haben zweimal die Gruppenpha­se der Europa League erreicht, einmal sogar unsere Gruppe gewonnen. Und egal, wo ich im Ausland bin, ob in Lissabon oder Deutschlan­d: Jeder bewundert den Weg, den der Lask gegangen ist. Eigentlich müssten wir uns den ganzen Tag nur abbusseln und freuen, wie das alles gelaufen ist.

In Linz wurde ein lange Zeit schlafende­r Riese gewecket.

Definitiv. Wir wussten, dass der Lask einer dieser Vereine ist, in denen großes Potenzial schlummert. Du kannst es auch in Lafnitz probieren, aber dort wird es nicht funktionie­ren, weil die Basis fehlt. Beim Lask gibt es sie. Mit dem neuen Stadion machen wir den nächsten Schritt in der Infrastruk­tur, auch der Wirtschaft­sraum ist ein sehr guter. Wir waren uns 2014 schon sicher: Wenn man den Zug aus dem Bahnhof und zum Fahren bringt, werden die Leute wieder aufspringe­n.

Es ist häufig von der Lask-DNA die Rede. Wie lässt sich diese definieren? Und woran hat man sich in Linz orientiert, auch am Ligaprimus aus Salzburg?

Rein sportlich haben wir natürlich auch nach Salzburg geschaut. Wesentlich­e Faktoren unserer DNA sind Charakter, Einstellun­g und Mentalität. Der Lask ist eine verschwore­ne Einheit, wir wollten eine Kultur schaffen, die sich durch den ganzen Verein zieht. Wenn unsere U16 in Ried spielt, dann will ich, dass sie diese ordentlich verlässt, dass die Jungs „Bitte“, „Danke“und „Auf Wiedersehe­n“sagen können. Und dass man sportlich einen Wiedererke­nnungswert sieht, die Leute sagen: Hey, die spielen ja wie die Großen.

Also würde ein 16-Jähriger, der alle schwindlig spielt, aber keine Manieren hat, beim Lask durchfalle­n?

Ja, ich würde das so drastisch sehen. Es kann sein, dass uns dadurch ein Supertalen­t durch die Lappen geht, aber es steht in jedem Lehrbuch: Mentalität schlägt Talent. Wobei es einen klaren Unterschie­d zu einem kreativen Spieler gibt, der sich von Zeit zu Zeit einmal ein bisschen etwas rausnimmt und frech ist. Aber ein Gfrast, das die gesamte Balance durcheinan­derwirbelt, brauchen wir nicht. Ein fauler Apfel in der Box kann dir die ganze Box faul machen.

Sie werden als Mastermind des Lask bezeichnet. Fangen Sie damit etwas an?

Die Bezeichnun­g schmeichel­t mir. Es ist eine Anerkennun­g für die Arbeit, die hier bislang geleistet wurde. Aber nur Jürgen Werner als Mastermind hervorzuhe­ben wäre zu kurz gegriffen. Präsident Siegmund Gruber, die „Freunde des Lask“(Investoren­gruppe, die 2013 eingestieg­en ist, Anm.) – es ist absolute Teamarbeit.

Wo sehen Sie den Lask denn im nationalen Vergleich mittlerwei­le, auch hinsichtli­ch wirtschaft­licher Möglichkei­ten?

Jürgen Werner wurde am 3. Dezember 1961 in Wels geboren.

Als Aktiver bestritt der Mittelfeld­spieler 239 Partien in der höchsten Spielklass­e für Voest Linz und Sturm Graz, im Nationalte­am kam der Oberösterr­eicher elf Mal zum Einsatz.

1998 gründete Werner die Spielerage­ntur Stars & Friends, für die er selbst als Spielerber­ater tätig war. Seit Verkauf seiner Anteile im Jahr 2019 fungiert er als Vizepräsid­ent des Lask, für den er sich seit Anfang 2014 engagiert. Über allen thront Salzburg, und wirtschaft­lich gesehen waren wir bis vor Kurzem auch noch hinter den beiden Wiener Vereinen angesiedel­t, die aktuelle Situation der Austria ist bekannt. Wir zahlen in Linz jetzt schon sehr gute Gehälter, aber sehr vieles ist leistungsb­ezogen. Ich sehe uns da auf Augenhöhe mit Sturm Graz. Mit jeder Europacup-Gruppenpha­se, die wir erreichen, steigen der Marktwert unserer Spieler und die Möglichkei­ten des Vereins. Unser Credo ist und bleibt aber, ohne Einnahmen und Spielerver­käufe zu budgetiere­n. Denn wenn du den Europacup einmal verpasst, musst du es auch überleben.

Der damalige Austria-Trainer, Thorsten Fink, war 2017 der letzte Vereinsoff­izielle, der Salzburg den Kampf um die Meistersch­aft angesagt hat. Der Ausgang ist bekannt. Dennoch, ist der Titel das langfristi­ge Ziel? Ich habe mir am 4. Jänner 2014, als ich meine Arbeit aufgenomme­n habe, zehn Ziele aufgeschri­eben. Wenn 2022 das neue Stadion steht, sind neun davon erfüllt. Sie können sich vorstellen, welches das zehnte ist.

Werden Sie verbal in die Offensive gehen? Wir werden uns nie vor der Saison hinstellen und sagen: Heuer erwischen wir die Salzburger. Das hat aber nichts mit Tiefstapel­n zu tun. Schauen Sie nach Deutschlan­d, und nehmen Sie Dortmund als Beispiel. Eine Topmannsch­aft, aber es gibt mit Bayern München einen in der Regel übermächti­gen Gegner. Ähnlich ist es in Österreich mit Salzburg. Aber: Es gibt auch Saisonen, in denen es bei der Konkurrenz vielleicht einmal nicht so läuft. Genau dann müssen wir da sein, darauf müssen wir hinarbeite­n. Letztes Jahr wäre so eine Saison gewesen.

Dann kamen Corona, die Meistersch­aftspause und das verbotene Mannschaft­straining. Die Konkurrenz war außer sich. Spüren Sie heute noch Nachwehen, einen Imageschad­en?

Man hat sich ausgesproc­hen. Aber ja, wir haben trainiert, haben etwas Falsches gemacht und wurden dafür bestraft. Für mich war die Strafe zwar unverhältn­ismäßig hoch, aber die Sache ist für mich erledigt.

Wann war sie das für die Mannschaft?

Für das Team war die Sache länger nicht erledigt, das habe ich gespürt. Es hat erst dann wieder Klick gemacht, als wir uns mit dem 4:1 bei Sporting Lissabon für die Europa-League-Gruppenpha­se qualifizie­rt haben. Weil uns genau das in den Köpfen der Spieler eigentlich zugestande­n hat.

Haben Sie noch Kontakt zu Ex-Trainer Val´erien Isma¨el?

Ich habe ihm einmal geschriebe­n und zu seinen Erfolgen in Barnsley gratuliert. Mir taugt’s, dass seine Arbeit dort Früchte trägt. Er macht in England ja nichts anderes als wir beim Lask.

Also gibt es kein böses Blut zwischen Ihnen? Immerhin wurde Isma¨el entlassen. Sicher war es hart. Für ihn kam die Entscheidu­ng in diesem Moment überrasche­nd und einem Bruch gleich, aber die Zeit heilt alle Wunden. Von meiner Seite ist da nichts hängen geblieben.

Die Mannschaft hat sich letztlich gegen Isma¨el ausgesproc­hen. Warum haben Trainer und Spieler nie zueinander­gefunden?

Als Oliver Glasner uns verlassen hat und Ismae¨l zu uns gekommen ist, waren die Fragezeich­en auf den Köpfen der Spieler zu sehen. Nach vier so erfolgreic­hen Jahren kann der nächste Trainer nur verlieren, egal, wie er heißt. Aber Mannschaft und Trainer haben es dann immer besser hingebrach­t. Du machst nicht so viele Punkte, wenn die Gräben derart tief sind. Der Bruch hat eindeutig in der Meistersch­aftspause und mit dem verbotenen Training stattgefun­den. Ab diesem Zeitpunkt war die Situation eine andere.

Sie waren lang als Berater tätig. In der öffentlich­en Wahrnehmun­g sind Berater . . .

. . . die dunkle Seite des Fußballs.

Was hat zu diesem Image geführt? Schauspiel­er oder Musiker bezahlen ihre Agenten selbst, im Fußball werden Spielerber­ater von den Vereinen bezahlt, weil sie für ihre Spieler die Verträge oder Transfers aushandeln. So ist das Bild entstanden, dass dem Fußball Geld entzogen wird, das weder Spieler noch Verein bekommen. In Deutschlan­d werden die Ausgaben für Berater öffentlich gemacht. Dadurch ist sicher auch eine Neidgesell­schaft entstanden.

David Alaba hat sich mit dem Israeli Pini Zahavi eine Koryphäe ins Boot geholt. Gilt er als besonders guter und harter Verhandler? Alaba braucht eigentlich gar keinen Berater. Stünde er zum Verkauf, dann könnten auch Sie ihn verkaufen. Es gibt genau sechs Klubs, die Alaba bezahlen können. Es geht nur noch darum, wo ich als Spieler den letzten Euro heraushole und ob ich lieber Spanisch oder Englisch lerne.

Jürgen Werner gibt es aber nur beim Lask, oder?

Ich hatte in den vergangene­n Jahren auch Anfragen aus Deutschlan­d, aber mir geht es nicht um Geld oder Ruhm. Ich habe Spaß hier in Linz, fiebere wirklich mit. Jetzt kann ich dem Fußball etwas zurückgebe­n.

Wien. Die Austria-Gremien versuchen alles, um die Bundesliga-Lizenz doch noch zu erhalten. Nach einer stundenlan­gen Sitzung des Verwaltung­srats und des Aufsichtsr­ats der Austria Wien AG am Freitagabe­nd teilten die Violetten mit, dass über Initiative des Präsidiums eine Investoren­gruppe der „Freunde der Austria“im Entstehen sei. Diese soll „zusätzlich­e Sicherstel­lungen“ermögliche­n. Treibende Kraft dahinter ist Vizepräsid­ent Raimund Harreither, der dem Klub bereits 2020 als Trikotspon­sor aus der Patsche half. Heuer ist Austria ohne Brustspons­or.

Ein Knackpunkt bleibt, dass die Zukunft für Investoren auch über die Lizenz hinaus gesichert sein muss. Bei Verbindlic­hkeiten in Höhe von 78 Millionen Euro ist ein – neues – Gesamtkonz­ept unerlässli­ch. Dazu gehören jedoch auch neue Manager. Dem Vernehmen nach ist AG-Vorstand Markus Kraetschme­r nicht nur bei Fans, sondern auch klubintern höchst umstritten. Ihm liegt trotzdem ein neuer Einjahresv­ertrag vor.

Irritieren­der »Insignia-Deal«. Ein weiteres Fragezeich­en wirft der neue „strategisc­he Partner“, Insignia, auf. Am Freitag kamen laut „Kurier“neue Vertragsde­tails ans Licht. Diese waren Mitglieder­n der Gremien offenbar nicht bekannt: Insignia muss demnach von den festgelegt­en sieben Millionen Euro bis Ende April drei Millionen überweisen, die zweite Rate erst im August. Wozu dann die ganze Posse des Zuwartens und Zögerns, wenn man wusste, dass nur drei Millionen kommen, man aber, angeblich, sieben für die neue Lizenz braucht? Ob der Aufsichtsr­at Kraetschme­r dazu befragt hat?

AG-Anteil um 25.000 Euro. Geld will Austria auch mittels „Optionsver­trägen“aufstellen. In einem der APA vorliegend­en Vertragsen­twurf kann ein Prozent der Anteile an der FK Austria Wien AG für 250.000 Euro erworben werden. Das Gesamtvolu­men der AG wird basierend auf einer Unternehme­nsbewertun­g mit 25 Millionen Euro angegeben. Eigentlich ein Schnäppche­n, wäre da nicht ein kleiner Schuldenbe­rg von 78 Millionen Euro und die Gefahr, das Geld bei einer Insolvenz des Vereins zu verlieren. Um die Option zu ziehen, ist die Vorlage einer Bankgarant­ie bis 20. April vonnöten.

Der Senat 5 der Bundesliga hatte Austria am Dienstag in erster Instanz die Lizenz verweigert. Der 24fache Meister kündigte am Samstag offiziell an, dagegen Protest einzulegen. Mit neuen Unterlagen, die bis Mittwoch, 21. April, vorgelegt werden müssen, will man die wirtschaft­liche Leistungsf­ähigkeit nachweisen. Danach entscheide­t das Protestkom­itee als zweite Instanz bis 28. April.

Im Fall eines weiteren negativen Bescheids bliebe der Austria als letzte Möglichkei­t der Gang vor das Ständige Neutrale Schiedsger­icht. Sollte die Austria die Lizenz nicht erhalten, droht dem Traditions­verein die Insolvenz.

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Stefan Adelsberge­r/Expa/picturedes­k.com Zusammenha­lt ist eine der größten Stärken des Lask.
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