Die Presse am Sonntag

Suche nach der verlorenen Tochter

- MPM

Historisch­er Roman.

London, 1754: Sechs Jahre nachdem Krabbenver­käuferin Bess ihre Tochter im Foundling Hospital abgegeben hat, will sie ihr Kind zurückhole­n. Doch das Mädchen ist nicht mehr da, jemand hat es vor Jahren entführt. Bess macht sich auf die Suche. Autorin Stacey Halls ist ein recht atmosphäri­scher Roman mit einer ungewöhnli­chen Handlung gelungen, in der sie das bitterarme und das aristokrat­ische London des 18. Jahrhunder­ts gegenübers­tellt. Auch wenn der Spannungsb­ogen nicht durchgehen­d hält – für Fans historisch­er englischer Romane jedenfalls empfehlens­wert.

Stacey Halls: „Die Verlorenen“, übersetzt von Sabine Thiele, Piper, 378 Seiten, 22,90 Euro

urn-out ist ein schwammige­r Begriff. Einer aber, der es in die Alltagsspr­ache geschafft hat und der generell dafür eingesetzt wird, wenn es zu viel wird, wenn es plötzlich nicht mehr geht. Und auch einer, der die Voraussetz­ung impliziert, dass man vorher ordentlich gebrannt haben muss, was sich gemeinhin mit „zu viel gearbeitet“übersetzen lässt. Dass sich der Begriff Burn-out übe rhaupt etabl iert hat, sagt viel darüber aus, wie wir mit Belastunge­n, Überlastun­gen, Erschöpfun­g und den Folgen daraus umgehen.

Wobei nicht nur in der Alltagsspr­ache der Begriff vielfältig eingesetzt wird. Auch die Fachwelt muss weit ausholen, um Burn-out zu erklären. Handelt es sich dabei doch um keine Krankheit an sich, aber eine Zusatzdiag­nose, die ein Krankheits­bild umschreibe­n kann (siehe Halbspalte).

Fakt ist, dass der scheidende Gesundheit­sminister Rudolf Anschober mit seinem Rücktritt und vielmehr der Begründung dafür einen neuen Anstoß zum Umgang mit Belastung, Überlastun­g, Erschöpfun­g und auch Burn-out gegeben hat. Wobei Anschober explizit seinen Rücktritt nicht mit Burn-out begründet hat, sondern mit der Überlastun­g. Aber wenn ein Minister öffentlich sagt, dass er sich nicht kaputtmach­en will, dass er die Zeichen seines Körpers ernst nimmt, und eingestehe­n muss, dass er nicht mehr zu 100 Prozent fit ist, dann sind das doch recht neue Töne, die auch eine Signalwirk­ung haben.

Eine, die in der Fachwelt generell begrüßt wird. „Burn-out wurde früher, in den 1990er-Jahren und um die Millennium­swende, als der Begriff modern wurde, als Managerkra­nkheit bezeichnet, was aber falsch ist“, sagt Peter Stippl, Präsident des Österreich­ischen Bundesverb­ands für Psychother­apie. Immerhin könne jeder und jede darunter leiden, auch außerhalb des berufliche­n Kontexts, erklärt er und nennt die perfektion­istische Hausfrau als Beispiel.

Stippl betont, dass Burn-out ein unscharfer Begriff ist, aktuelle Belastungs­reaktion würde es besser treffen. Generell komme es aber immer dann zum Burn-out, wenn das Dreieck aus Sinn und Anerkennun­g einer Arbeit, Erholung, aber auch Machbarkei­t dieser Arbeit aus den Fugen gerät.

Warnsignal­e des Körpers. Stippl hat sehr oft Klienten, die ihn mit der Selbstdiag­nose eines Burn-outs aufsuchen. Er lässt sie dann aus ihrem Leben berichten, und zwar nicht nur von dem berufliche­n Alltag. „Ganz viele sprechen dann sehr schwierige Themen an, da kommen auch viel Frustratio­n und Ärger dazu. Ich sage dann oft: ,Dass Sie diese Symptome haben, beruhigt mich fast, ehrlich gesagt. Das wundert mich bei der Überlastun­g nicht.‘“

Denn egal, welche Symptome auftreten, ob Schlafstör­ungen, Bluthochdr­uck oder Kreislaufp­robleme, sie sind oft Warnsignal­e. „Das kann bei jedem Menschen anders sein. Die Kette reißt am schwächste­n Glied. Das sind Abwehrreak­tionen des Körpers“, sagt der Psychother­apeut. Wer aber diese Symptome mit Schlafpulv­er, mehr Kaffee oder Alkohol zu bekämpfen versucht, behandelt nicht die Ursache, sondern macht die Sache meist noch schlimmer. „Jeder Mensch ist gut beraten, auf die Signale seines Körpers zu hören.“Allein diese wahrzunehm­en und als solche zu akzeptiere­n sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Wobei Perfektion­is mus, ein stark ausgeprägt­er Ehrgeiz, die mangelnde Fähigkeit, Nein zu sagen, aber auch ein Wunsch nach Macht die Überlastun­g meist noch verstärken.

Stippl sieht im berufliche­n Kontext nicht nur die Eigenveran­twortung jedes Einzelnen, sondern auch die Verantwort­ung des Arbeitgebe­rs, der darauf achten muss, dass die Arbeit an sich machbar ist und neben physi

»Jeder Mensch ist gut beraten, auf die Signale seines Körpers zu hören.«

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