Mutterliebe und wilder Lärm
Tirzah: „Send Me“.
Oft behandelt diese Kolumne vornehmlich die Texte der Songs, die sogenannten Lyrics, manchmal fällt das schwer. Wenn nämlich ein Lied einem wieder einmal klarmacht, dass es viel mehr sagt, als die Worte sagen. Und dass diese oft auch undeutlich, schwer verständlich sein können. Hier zum Beispiel. Über einem Rhythmus, der anfangs stur, fast plump wirkt, singt Tirzah mit inniger Stimme über Heilung, Sonne, Stärke. Immer häufiger antwortet ihr ein Echo, auf die zentralen Worte „Send me“etwa abwechselnd mit „Love me“und „Zombie“– oder verhört man sich da? Es gehe um mütterliche Liebe und Fürsorge, erklärt Tirzah selbst, das suggeriert auch das Video. Doch da ist auch dieser jäh einsetzende, für heutige Mainstream-Pop-Maßstäbe unerhörte Schluss: eine halbe Minute wilder Lärm, böse Störgeräusche. So wird die Idylle sehr effektiv gebrochen, infrage gestellt – und gerade dadurch unterstrichen.