Die Presse am Sonntag

Mutterlieb­e und wilder Lärm

- THOMAS KRAMAR

Tirzah: „Send Me“.

Oft behandelt diese Kolumne vornehmlic­h die Texte der Songs, die sogenannte­n Lyrics, manchmal fällt das schwer. Wenn nämlich ein Lied einem wieder einmal klarmacht, dass es viel mehr sagt, als die Worte sagen. Und dass diese oft auch undeutlich, schwer verständli­ch sein können. Hier zum Beispiel. Über einem Rhythmus, der anfangs stur, fast plump wirkt, singt Tirzah mit inniger Stimme über Heilung, Sonne, Stärke. Immer häufiger antwortet ihr ein Echo, auf die zentralen Worte „Send me“etwa abwechseln­d mit „Love me“und „Zombie“– oder verhört man sich da? Es gehe um mütterlich­e Liebe und Fürsorge, erklärt Tirzah selbst, das suggeriert auch das Video. Doch da ist auch dieser jäh einsetzend­e, für heutige Mainstream-Pop-Maßstäbe unerhörte Schluss: eine halbe Minute wilder Lärm, böse Störgeräus­che. So wird die Idylle sehr effektiv gebrochen, infrage gestellt – und gerade dadurch unterstric­hen.

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