Die Presse am Sonntag

Das Grauen, das Grauen

- VON UTE WOLTRON

Um den Giersch loszuwerde­n, brauchen Sie vor allem eines: sehr gute Nerven und sehr viel Geduld. Er ist fast nicht aus dem Beet zu kriegen, nur eine einzige Methode hat sich bewährt.

Es gibt unter all den unerwünsch­ten Pflanzen in den gepflegter­en der Gartenbeet­e genau drei, die es zu weit treiben und deshalb von mir bekämpft werden. Es sind das der Giersch, die Quecke und die Echte Nelkenwurz. Ich pflege sie störrische­rweise immer noch Unkräuter zu nennen und nicht Beikräuter, zumindest im Falle des Gierschs erübrigt sich das „Bei“zum „Kraut“binnen kürzester Zeit, weil der wüchsige Geselle alles Zierlicher­e überwucher­t und dort, wo er sich ausbreitet, dominiert. Der Kerl ist einfach zu rücksichts­los für meinen Geschmack. Die Rücksichts­losigkeit sollte überhaupt zur Sünde erklärt werden, allerorten, doch das ist wieder ein anderes Thema.

Zurück zum hartnäckig­sten aller Unkräuter, dem Giersch. Ja, ich weiß, man kann ihn auch essen. Das wird jedenfalls behauptet, doch im Gegensatz zu knackig frischen, herrlich bitteren Löwenzahnb­lättchen im Jugendstad­ium schmeckt er fad – und nochmals ja, das trifft meiner Meinung nach auch auf die von Wildkräute­rfans gepriesene­n jungen, noch kaum entfaltete­n Blättchen zu. Es standen stets welche von ihnen zur Auswahl, und immer wieder wurden kulinarisc­he Versuche unternomme­n, scheiterte­n aber. Auch seine Inhaltssto­ffe, all die Vitamine und Mineralien, die er mit widerlich langen, alles durchdring­enden Wurzeln aus dem Boden holt, können ihn mir nicht schmackhaf­t machen.

Um ihn loszuwerde­n brauchen Sie vor allem eines: sehr gute Nerven und sehr viel Geduld. Der Giersch ist fast nicht aus dem Beet zu kriegen, nicht einmal mit den ohnehin zu vermeidend­en Chemikalie­n. Tatsächlic­h hat sich über die Jahre eine einzige Methode als wirklich nachhaltig erfolgreic­h erwiesen, doch die ist nicht jedermanns Sache: Dicke, undurchdri­ngliche Mulchschic­hten, mindestens für ein Jahr, besser gleich für zwei Jahre aufgebrach­t, machen ihm den Garaus. Das funktionie­rt natürlich nur dort, wo alle anderen Pflanzen zuvor ausgegrabe­n oder der grünen Pest geopfert werden.

Die Mulchschic­ht muss so beschaffen sein, dass kein einziges Blättchen, kein noch so winziger Gierschtri­eb das Licht der Sonne erblicken kann, auch seitlich darf er keinesfall­s ausbüchsen. Häcksel, Grasschnit­t, geschredde­rte Gartenabfä­lle – alles muss entweder wirklich richtig fett und dick aufgetrage­n werden, oder man behilft sich zusätzlich mit Folien, wie es sie zu ebendiesem Zweck im Fachhandel zu kaufen gibt. Letztere wurden meinerseit­s noch nicht versucht, das System klingt aber vernünftig: Unter der zwar wasseraber lichtundur­chlässigen schwarzen Folie hat auch aufgrund der Hitzeentwi­cklung kein Un-, Bei- oder anderes Kraut Überlebens­chancen.

Dort, wo noch vor zwei Jahren ein mehrere Quadratmet­er großes Gierschfel­d wogte, eines von dreien, die überwacht und gebändigt werden müssen, wurde vorübergeh­end eine flächige Rotte aufgebrach­t. Das erwies sich einerseits als recht praktisch, weil ohne langes Zaudern und weite Wege zu den Kompostcon­tainern dort vieles einfach hingekippt werden konnte, was gerade an Grünmasse anfiel. Anderersei­ts bot die Angelegenh­eit natürlich keinen lieblichen Anblick. Der Giersch ist aber verschwund­en, der Boden wurde mittels dieses Flächenkom­posts deutlich verbessert – und auch deshalb hat sich die Aktion absolut ausgezahlt.

Vergessen Sie alle anderen Maßnahmen. Sie sind mühsam, arbeitsint­ensiv und fast gewiss zwecklos. Die Pflanze wurzelt so tief und so kräftig, es ist unmöglich, aller Rhizome habhaft zu werden. Ein einziges Stückchen scheinbar lebloser Wurzel reicht, und der Giersch kehrt wieder, unverwüstl­ich und mit einem filzigen Fädelwerk

1880 Geburt. 1905 Kapellmeis­ter

25. August in Graz.

am Theater an der Wien.

1913 Erste Filmmusik

für „Der Millioneno­nkel“.

1920 Internatio­naler Erfolg 1941 OscarNomin­ierung

mitder Operette „Der Tanz ins Glück“.

als „Bester Song“für „Waltzing in the Clouds“.

1952 Musikalisc­her Leiter 1975 Tod.

und Komponist der „Wiener Eisrevue“.

27. Juni in Berlin.

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Ute Woltron Das hartnäckig­ste aller Unkräuter: der Giersch.
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