Die Welt ist nicht immer himmelblau
Die unvergesslichen Melodien des Komponisten und Dirigenten Robert Stolz werden weltweit aufgeführt und erleben ein Revival. Seine Lieder wollen gute Laune garantieren. Manch tragische Details aus dem Leben des »Königs der Operette« weiß man kaum.
Als die Flugmaschine mich mit meiner Frau auf dem Tullnerfeld absetzte, schien sie dies im Dreivierteltakt zu tun, so wie die Motoren die letzte halbe Stunde des Fluges New York – Wien schon für mich im Walzertakt gesungen hatten.“Der Komponist Robert Stolz berichtet 1946 über seine Rückkehr nach Wien. In die Stadt, die für ihn noch immer sein „Märchenbuch mit tausend Bildern von Musik, Schönheit, Tanz und Kunst“ist – auch wenn „durch den Krieg manch schönes Blatt herausgerissen wurde“.
Am Flugplatz wartet, wie publikumswirksam in einer Operette inszeniert, der Sänger Franz Schier mit seinen Schrammeln, um den RobertStolz-Evergreen „Servus, Du“zu intonieren. (So einfühlsam wie später Michael Heltau hat das NachkriegsWienerlied-Idol Schier Franzl das Lied sicherlich nicht gesungen.) Danach trinkt man das eine oder andere Glas Rosengartl-Wein.
ine staatlich angeordnete Flugzeugentführung und das mitten in Europa: Die Ereignisse vom Pfingstsonntag haben so ziemlich alle Befürchtungen übertroffen, wie der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko mit Regimekritikern verfährt. Unter dem Vorwand einer Bombendrohung ließ er bekanntlich eine Ryanair-Maschine von Kampfjets abfangen und nach Minsk umleiten. Dort verhaftete die Polizei den an Bord befindlichen Aktivisten Roman Protassewitsch und dessen Freundin. Die EU kündigte umgehend Sanktionen an. Auch in Belarus engagierte Unternehmen beobachten die Entwicklung mit Besorgnis. Österreich ist nach Russland der größte Investor im Land. Unternehmen wie A1, Raiffeisen International, Kapsch, Kronospan oder die Vienna Insurance Group beschäftigen gemeinsam Tausende Menschen. „Wir haben vor allem auch eine Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern“, sagte ein Sprecher eines heimischen Unternehmens. Und dies sei auch der Grund, warum man sich offiziell zu den Vorfällen nicht äußere.
Wirtschaft und Politik zu trennen, ist generell schwer möglich, in Belarus ist es de facto unmöglich. Denn das Land wird auch dreißig Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wie ein Sowjetstaat geführt und organisiert. „Weißrussland hat den Weg der Reformen nicht mitgemacht“, sagt Vasily Astrov, Osteuropa-Experte am Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW). Während in anderen Ländern der früheren Sowjetunion die politischen Umwälzungen auch zu neuen wirtschaftlichen Verwerfungen führten, blieb es in Belarus bei den alten Verwerfungen. Alte Industrien blieben, aber auch die Arbeitsplätze.
Noch immer werden Elektrogeräte, Lkw und Maschinen nach überholten Standards produziert. „Die Produkte sind in Westeuropa unverkäuflich“, meint Astrov. Aber in Russland und anderen ehemaligen Sowjetstaaten nicht. Russland sei vor allem auch als Absatzmarkt immens wichtig.
IT-Unternehmer im Widerstand. In den vergangenen Jahren hat sich in Weißrussland aber auch ein kleiner IT-Sektor etabliert. Das Land verfügt über gute Universitäten, vor all em auf dem Gebiet der Mathematik. Doch gerade diese in Kleinunternehmen zergliederte IT-Communit yg ilt als Regimekritisch. Und Blogger Protassewitsch ist das Gesicht dieses Widerstands.
Apropos IT: Die teilstaatliche Telekom Austria hält mit ihrer Konzerntochter A1 Belarus nach eigenen Angaben einen Marktanteil von 42 Prozent. 4,9 Millionen Kunden in einem Land mit 9,5 Millionen Einwohnern, das kann sich sehen lassen. A1 Belarus hat etwa 3000 Mitarbeiter. Nur mit der Internetverbindung haperte es zuletzt ziemlich. Während der Proteste nach den offensichtlich manipulierten Wahlen im vergangenen Sommer, ließ Machthaber Lukaschenko kurzerhand das Internet blockieren. „Liegt nicht in unserem Einflussbereich“, hieß es damals bei der Telekom. Klar ist aber, dass der weißrussische Staat mit sechs Prozent Anteil noch immer einen Fuß in A1 Belarus hat.
Wer sich mit dem Staat nicht arrangiert, könne in Weißrussland nur schwer Geschäfte machen, meint auch Vasily Astrov. Und mittlerweile gehen immerhin 40 Prozent der weißrussischen Exporte in die EU und in die Ukraine. Allen voran ist es Brennstoff. Weißrussland bekommt billiges Öl aus Russland, veredelt es in seinen Raffinerien und verkauft es weiter. Sollte die EU Importe aus Weißrussland verbieten, wäre dies ein harter Schlag gegen Lukaschenko. Aber natürlich träfe dies auch einige EU-Länder, die das Öl importieren. Deshalb werden die Sanktionen eher einen anderen Sektor treffen.
Belarus hat nach der Wende den Weg der Reformen nicht mitgemacht.