Die Presse am Sonntag

Von der Politik bedroht, von den Autokäufer­n geliebt

- VON NORBERT RIEF

Für all jene, die den Pick-up tatsächlic­h benötigen und ihn auch artgerecht einsetzen: Er wird jetzt teuer. Denn mit Juli wird die Normverbra­uchsabgabe auch für Klein-Lkw fällig. Der Beliebthei­t der Pritschenw­agen als Pkw-Ersatz wird das in Österreich freilich kaum einen Abbruch tun.

Zu Beginn gleich eine ServiceMit­teilung für alle jene, die einen Pick-up beruflich benötigen: Bis kommenden Dienstag, den 1. Juni, haben Sie noch Zeit, zum Autoverkäu­fer Ihres Vertrauens zu eilen und einen zu bestellen. Wenn der dann noch bis zum 1. November geliefert wird, dürfen Sie sich freuen: Sie haben ein paar Tausend Euro an Normverbra­uchsabgabe (NoVA) gespart .

Denn ab 1. Juli gilt, dass bei der Neuzulassu­ng von Fahrzeugen zur Personenun­d Güterbeför­derung bis zu einem höchstzulä­ssigen Gesamtgewi­cht von 3,5 Tonnen NoVA bezahlt werden muss. Das heißt, dass die Ausnahme für leichte Nutzfahrze­uge, also Klein-Lkw und Pick-ups, fällt. Und das kann richtig teuer werden – und wird es jedes Jahr noch mehr: Denn die Normverbra­uchsabgabe steigt bis zum Jahr 2024 kontinuier­lich an.

Einer der Gründe, warum die Regierung auf Initiative der Grünen die Änderungen durchführt, ist, wie es Vizekanzle­r Werner Kogler (Grüne) formuliert hat, „die großen Stinker“teurer zu machen. Mit Juli fällt nicht nur die Ausnahmere­gelung für Klein-Lkw – was Unternehme­rn finanziell wehtut und daher dem ÖVP-Wirtschaft­sbund viel Kritik eingetrage­n hat –, es gelten auch neue Berechnung­smethoden, die Autos mit größerem Verbrauch laufend teurer machen (siehe dazu untenstehe­nden Bericht).

Ob das der Beliebthei­t von SUVs Abbruch tut und die seit Jahren steigenden Absatzzahl­en der Pick-ups bremst, wird man sehen. Man darf allerdings skeptisch sein. Vielleicht waren es schon Vorziehkäu­fe, vielleicht ist auch ein Vergleich mit dem CoronaKris­enjahr 2020 nicht ganz zulässig – jedenfalls liegen die Verkäufe von Pickups in den ersten vier Monaten des heurigen Jahres mit 1484 um mehr als 20 Prozent über jenen von Jänner bis April des Vorjahrs.

Pick-ups sind zu LifestyleF­ahrzeugen geworden, die den Pkw ersetzen.

Pick-ups sind schon lang nicht mehr nur die reinen Arbeitsger­äte, als die sie einst konzipiert wurden. Es sind Lifestyle-Autos geworden, ein Ersatz für den Pkw. Man sieht sie sogar in Wiens Bobo-Bezirken, wo sie zwei Parkplätze wegnehmen und die Ladefläche maximal dazu genutzt wird, Erde für die Balkontoma­ten zu transporti­eren. Wie hat man doch einst über die USA gelästert und gespottet, wo Pick-ups zu den meistverka­uften Autos gehören und der Ford F150 seit Jahrzehnte­n die Hitliste anführt.

Früher waren die Pritschenw­agen auf das Praktische reduziert – den Transport von Holz, Ziegelstei­nen oder Heu – und verströmte­n im Innenraum die Gemütlichk­eit eines Baustellen­containers. Jetzt haben sie beheizte Ledersitze und Surround-Sound.

2017 wagte sich sogar Mercedes in das Segment vor und präsentier­te die X-Klasse. Ein Pick-up, der auf dem Navara von Nissan aufsetzte. Mit dem weltweiten Absatz war man in Stuttgart wenig zufrieden, es gab auch intern Diskussion­en darüber, ob so ein Auto überhaupt zu Mercedes passt. 2020 wurde die Produktion der X-Klasse schon wieder eingestell­t. Trotzdem verkaufte Mercedes in jenem Jahr in Österreich noch mehr Stück von seinem Nachbau (210) als Nissan vom Original (Navara: 189 Stück).

Auch VW beendete im vergangene­n Jahr in Europa die Produktion seines Pick-ups

Amarok, er läuft nur noch in Argentinie­n vom Band. Da

bei war dieses Modell in Österreich überaus beliebt. 2020 belegte er bei den Verkäufen Platz zwei (1139 Stück) nach dem dominieren­den Ford Ranger (1494 verkaufte Exemplare). Aktuell werden nur noch Restbestän­de des Amarok abverkauft.

VW plant aber schon den nächsten Pick-up, diesmal gemeinsam mit dem Marktführe­r, Ford. Im kommenden

Noch die achte Generation, aber leicht überarbeit­et: der neue Toyota Hilux. Diese Version nennt sich übrigens Invincible.

Jahr soll der neue Amarok auf der Ford-Plattform präsentier­t werden. Erste Skizzen zeigen ein martialisc­h aussehende­s, kantiges Auto. Manche meinen, es erinnere an die Raptor-Modelle von Ford, die speziell für die schnelle Fahrt im Gelände gebaut sind.

Interessan­t für potenziell­e Pick-upKäufer: Immer wenn ein Modell vor dem Produktion­sende ist, bietet der

Autobauer noch einmal Sonderseri­en an. Im Fall des Ford Ranger gleich zwei: einen Ranger Stormtrak, ein hochwertig ausgestatt­etes PremiumMod­ell, und den Ranger Wolftrak, der als robuster Pick-up für souveräne Offroad-Performanc­e ausgelegt ist.

Ruhig geworden ist es in den vergangene­n Jahren um jenen Pick-up, der sich nicht zuletzt wegen der ungewöhnli­chen Testmethod­en der TV-Autoshow „Top Gear“(der Pick-up wurde unter anderem gegen einen Baum gefahren, im Meer versenkt und angezündet) einen legendären Ruf erworben hat: den Toyota Hilux. „Unkaputtba­r“beschreibt ihn am besten. Fast 20 Millionen Mal hat er sich seit seiner Markteinfü­hrung 1968 verkauft, in den vergangene­n Jahren fiel er hinter den Ranger, teilweise auch den Amarok zurück. Mit einem Facelift der aktuell achten Generation und neuer Motorisier­ung will Toyota wieder mehr Kunden gewinnen – sicher nicht zur Freude des kleineren Koalitions­partners.

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