Die Presse am Sonntag

Ein Klick durch die Glaskugel

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Kleine Kugel, weitreiche­nde Wirkung: Noch vor wenigen Jahren wurde der werden ihm Bücher, Videos und Hashtags gewidmet. Von Laien und Profis.

Der Blick in eine Kristallku­gel, heißt es, verrät, was die Zukunft bereithält. Wie zutreffend die Weissagung­en sind, bleibt jedoch im Auge des Betrachter­s. Weit eindeutige­r dagegen ist, was sich bei der Fotografie durch einen Lensball zeigt: eine gespiegelt­e Realität. Zudem als gesichert gilt: Seit Beginn der Pandemie erlebt die Glaskugelf­otografie einen Aufschwung. Pessimiste­n unken, das liege daran, dass Virus wie Kugel die Welt auf den Kopf stellen. Optimisten erkennen indes in beiden neue Perspektiv­en.

Zu Letzteren zählt sich Stefan Lenz. Der Steirer, der seit zehn Jahren als Fotograf tätig ist, administri­ert die mitglieder­stärkste deutschspr­achige Facebook-Gruppe zum Thema. „Sie wächst derzeit um rund 500 Personen pro Monat, wir kratzen an der 11.000er-Marke“, sagt er. Ebenso im Steigen begriffen sind die Absatzzahl­en des Videokurse­s und der Bücher, in denen er Anfängern wie erfahrenen Fotografen Hilfestell­ungen bei der Auswahl, Handhabung und Positionie­rung der Glaskugel bietet. Und eine Warnung mitgibt: Die Kugel nie unbeobacht­et in der Sonne lassen, da sie deren Licht fokussiert und so schnell ein Feuer entfachen kann.

Weite Winkel. „Als ich vor drei Jahren bei einem Ausflug in der slowenisch­en Kleinstadt Ptuj mein erstes Lensballbi­ld gemacht habe, wurde das von Berufsfoto­grafen nur belächelt“, erzählt Lenz. Heute ist das anders: Auf sozialen Medien häufen sich Hashtags wie Motive – von Laien ebenso wie von Profis. „Freilich erntet man hie und da noch einen verwirrten Blick, wenn man die Kugel mit ausgestrec­ktem Arm vor seine Kamera hält, weit öfter überwiegt aber die Neugier, man wird angesproch­en und es ergeben sich interessan­te Gespräche.“

Doch worin liegt der Reiz? „Erstens in der extrem starken Weitwinkel-Wirkung, die es möglich macht, selbst riesige Gebäude oder weitläufig­e Landschaft­en in eine winzige Kugel zu bannen“, meint Lenz. „Zweitens vertauscht sie oben und unten, links und rechts.“Und drittens spiegelt die glatte Oberfläche der Kugel zusätzlich die Umgebung. „Dazu kommt noch, dass man mittlerwei­le keine teure Kamera mehr braucht, um gute Ergebnisse zu bekommen, das Smartphone genügt“, versichert Lenz, der mittlerwei­le mehr als 50 Länder bereist hat – Lensball fast immer mit im Gepäck.

„Die Kugeln gibt es in verschiede­nen Größen und Preisklass­en“, sagt er. „Ab 15 Euro ist man dabei.“Danach bedarf es nur noch ein wenig Übung: „Glaskugel-Fotografie ist einfach zu lernen, aber schwierig zu meistern und deshalb eine tolle Herausford­erung – während des Fotografie­rens, aber auch in der Nachbearbe­itung, bei der sich geniale Effekte erzielen lassen“, erzählt Lenz, der auch als Blogger tätig ist.

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Stefan Lenz Eine Glaskugel in der Altstadt von Breslau – inklusive roten Bokeh.
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DIEPRESSE.COM/ TECH

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