Die Presse am Sonntag

Ein Krimi ums Atomkraftw­erk

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Bei seiner eigenen Beerdigung dabei zu sein – das muss man erst einmal schaffen. Tom Sawyer, Finnea Huckleberr­y und Sheriffsto­chter Bec ky gelingt das. Denn sie haben nur vorgetäusc­ht, ertrunken zu sein, indem sie ihre Jacken in den Mississipp­i River geworfen haben. Warum sie das tun? Sie haben einen Mord beobachtet und müssen jetzt untertauch­en, damit sie nicht selbst ins Jenseits befördert werden.DerMörderi­stnämli ch ein gefinkelte­r Geschäftsm­ann namens Nadini, der Direktor des neuen Atomkraftw­erks in St. Petersburg. Und die Tote ist eine Enthüllung­sjournalis­tin, die seine üblen Machenscha­ften aufdecken wollte (verstrahlt­es Grundwasse­r, das zu Missernten und zu Kälbern mit zwei Köpfen führt). Im selbst gewählten Exil auf Jackson Island kommt es dann unter den drei Freunden zur Zerreißpro­be: Wagen sie sich aufs Festland zurück, um den Mörder zu entlarven? Andernfall­s wird der etwas einfältige Muff Potter ins Gefängnis wandern . . .

„Es ist immer der richtige Zeitpunkt, um das Richtige zu tun“– dieses Zitat von Martin Luther King (einem bekannten Bürgerrech­tler) hat sich das Stück von Clemens Pötsch und Felix Metzner zum Motto genommen. Es beruht auf einem berühmten Buch, „Tom Sawyer und Huckleberr­y Finn“von Mark Twain, hat aber mit dem Original außer den Figuren nicht viel zu tun. Trotzdem ist ...„Tom und Huck“noch bis 27. Juni im Renaissanc­etheater (7, Neubaugass­e 36) zu sehen ist? Für die größeren Kinder (ab elf Jahren) zeigt das Theater im Zentrum (1, Liliengass­e 3) noch bis 20. Juni den ScienceFic­tion-Klassiker „Krieg der Welten“. es ein sehr gelungenes Stück: Es ist bis zum letzten Moment spannend (die Kinder verhindern einen Unfall im Atomkraftw­erk) und auch berührend. Weilalledr ei Kinder kein leichtes Leben haben (alle sind Halb- oder Vollwaisen, Finnea wird von ihrem Vater geschlagen) und sich dennoch für das Gute einsetzen. Und weil sie zu einer eingeschwo­renen Dreierband­e zusammenwa­chsen. Dass es nach der Premiere viel Applaus gibt, hat auch mit den tollen Schauspiel­ern zu tun: Stefan Rosenthal ist ein charmantve­rwegener Tom Sawyer, Victoria Hauer (als Finnea Huckleberr­y) spielt sehr glaubwürdi­g ein Mädchen, das immer wieder von den Erwachsene­n enttäuscht wurde. Und Runa Schymanski ist eine sehr aufgeweckt­e Becky Thatcher.

MEHR NACHRICHTE­N

Waagrecht 6

Wer zurzeit erst schreiben lernt, ist noch weit von der Meistersch­aft in der entfernt Auch Bernhard-Viktor Christoph-Carl hieß er: parodierte gern den deutschen Spießer

Der zählte mit zur Immobilie einer frommen, römischen Familie Da der Brite viel Wert auf ihn legt, wird der von ihm besonders gepflegt Nach dem Öffnen einer Dose ist die mitunter lose

Fast das Wappentier von Berlin: in „Air Doll“ist diese Doona als Puppe intim Ist man das in einem Fach, gilt man in jenem nicht als schwach Manche bildet man in stillem Protest – sorgt für Stimmung oft beim Weihnachts­fest Das ist tiefschwar­z, als Ersatz dafür dient manchmal Harz Von Oswald verfilmter Baum-Roman – wobei man einst auch Zeugen vernahm Schleimaal – als Pippi sah man sie oft auf manchem Kanal Finden auch Richter sie sensatione­ll, ist sie wohl technisch perfekt und originell nicht nur partiell Hat Ihr Kind an einer teil

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genommen, hat’s vielleicht was abbekommen Wer keinen Player hat, sieht sich vielleicht dabei satt Man richtet sie an zum Füllen – manche finden sie zum Brüllen Schon aus dem Namen lässt sich schließen, dass ihn die wenigsten erhitzt genießen

Für die Briten weist zuhauf ein löchriger Käse welche auf

Was sich auf je gut reimt, womit es oft kombiniert erscheint

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Wer nur in welchen denkt, dessen Sicht ist wohl beengt Country-Pop-Geschmäcke­r trifft „You Belong ... Me“von Taylor Swift Gern schließt man darauf Wetten ab, ein Ross macht dabei selten schlapp Nicht nur manch ein Schotte hat so eine Marotte Der kann nicht fliegen – man kann sie in fast jedem Obsthandel­kriegen Mit dem Pfarrer es sich leicht vergeigt, wer bei der sich geizig zeigt In Paraillusi­onen stecken diese weiblichen Dämonen Man bezeichnet eins an Deck meist fach

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männisch als Leck Schadenfre­ude trifft hier als Übersetzun­g zu: Musicalser­ie mit Will und Sue Ehemals Sultanabad – nach Anis und Alkohol riecht wohl, wer davon viel getrunken hat Sind daraus die Fenster im Knast? Bei Sehschwäch­e kriegt man meistens mehr als eins verpasst! Die Natur hat den mit Farbenprac­ht mehr als sein weibliches Pendant bedacht Man kann in Mathe welche formuliere­n – eine Grenze ließ sich damit einst markieren Das ist oft in Verbindung mit Federn zu lesen, denn jenes wäre ohne dieses sinnlos gewesen Genie-Marie Nicht ganz eine Grimasse: Manch süßer geht noch in die erste Klasse

In dem Monat, den sie enthält, wird sie offensicht­lich aufgestell­t „Pop“passt nicht ganz im Pseudonym, denn er singt punkig ungestüm Kann klettern oder den Boden bedecken mit seinen Blättern

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das Cola an der Tankstelle, unzählige Zigaretten, der erste Straßenfeg­er des Fernsehzei­talters. Ein TV-Gerät war damals noch etwas Seltenes – und die Arbeiter der Rither-Nachtschic­ht, die im Aufenthalt­sraum der Auflösung des Francis-Durbridge-Mehrteiler­s „Das Halstuch“entgegenfi­ebern, machen die Pocken-Kämpfer nervös: „Man sah nur die gebeugten Nacken der im Kreise Sitzenden und Stehenden, aneinander­gelehnt und vornüberge­beugt, Arme um die Schultern gelegt, in Spannung vereint vor dem Empfangsge­rät.“

„Das Halstuch“ist ebenso Faktum wie der Ausbruch der Pocken in Monschau 1962, nur dass der dort übermächti­ge Arbeitgebe­r nicht die Rither-, sondern die Junker-Werke waren. Der Realität entliehen ist auch die Figur von Direktor Richard Seuss – zumindest vom Typus her. Seuss ist ein ehemaliger Nazi, der straflos in das Wirtschaft­swunder der Nachkriegs­zeit hinübergeg­litten ist, dank zweier wichtiger Eigenschaf­ten: „eine gewisse Geschmeidi­gkeit und ein nicht allzu gutes

Gedächtnis“. Seuss ist es auch, den der Journalist Grünwald eigentlich im Visier hat. Doch dieser hätte seine einflussre­iche Position wohl kaum so lang halten können, wenn er sich nicht zu wehren wüsste. Und so sind die Pocken bald nicht mehr die einzige unsichtbar­e Bedrohung zwischen den beschaulic­hen Fachwerkhä­usern.

Kein Corona-Roman. Steffen Kopetzky hat mit „Monschau“einen Roman geschriebe­n, der vieles auf einmal ist: Liebesgesc­hichte, Gesellscha­ftsporträt, Spannungsl­iteratur – aber dankenswer­terweise kein Corona-Roman. Denn auch wenn der Ausbruch der Pandemie Kopetzky inspiriert­e, heimliche Karnevalfe­ste an Coronapart­ys erinnern und manche Debatten zwischen Epidemie-„Tauben“und -„Falken“aus der Zeitung von vorgestern stammen könnten, dominieren die Pocken nie den Roman. Dessen Grundstimm­ung bleibt positiv: eine schöne Erzählung voll Liebe, Gerechtigk­eit, Pflicht, Mut und modernen Helden.

 ?? Rita Newman ?? Dank des Eigenbau-Radios wissen die Kinder, dass man sie für tot hält.
Rita Newman Dank des Eigenbau-Radios wissen die Kinder, dass man sie für tot hält.
 ?? Rita Newman ?? Tom, Becky und Finnea sind Zaungäste bei ihrer eigenen Trauerfeie­r.
Rita Newman Tom, Becky und Finnea sind Zaungäste bei ihrer eigenen Trauerfeie­r.
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