Die Presse am Sonntag

Herausford­erung Betreuung

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Studien belegen es: Vier von fünf Personen in Österreich möchten so lang wie möglich in den eigenen vier Wänden betreut werden. Personenbe­treuung kann hier helfen.

Aufgrund hoher Mobilität ist es vielen Berufstäti­gen nicht oder kaum möglich, sich selbst um ältere Angehörige zu kümmern. Für Familien bedeutet dies häufig eine Herausford­erung – logistisch und emotional. Die Presse sprach mit Robert Pozdena, Obmann der Fachgruppe Personenbe­ratung und Personenbe­treuung der Wirtschaft­skammer Niederöste­rreich (WKNÖ) über den Status der 24hBetreuu­ng.

Ich glaube, es geht in erster Linie darum, dass die Menschen in Würde altern wollen. Dann ist das Altsein, trotz körperlich­er oder auch geistiger Einschränk­ungen, immer noch lebenswert. Wenn jemand Betreuung braucht, soll sie so gestaltet sein, dass der betreuungs­bedürftige­n Person ihrem Alter dementspre­chend begegnet, auf ihre Bedürfniss­e Rücksicht genommen und sie tatsächlic­h „gehört“wird. Das sollte bei jeder Betreuungs­form selbstvers­tändlich sein.

Die Bandbreite ist groß. Sie reicht von betreutem Wohnen über Pflegeheim­e bis hin zu Personenbe­treuung, so die offizielle Bezeichnun­g für die sogenannte 24h-Betreuung. Manchmal ist der Betreuungs­bedarf absehbar, aber in den meisten Fällen stellt er sich „über Nacht“ein. Damit steht man zunächst vor einer organisato­rischen Herausford­erung. Welche Form der Betreuung wird gebraucht? Rund um die Uhr oder weniger? Tageweise Betreuung oder Betreuung zu klar definierte­n Tageszeite­n? Selbständi­ge Personenbe­treuer und -innen und Vermittlun­gsagenture­n können rasch helfen, den Alltag zu strukturie­ren und zu gestalten. Personenbe­treuung muss nicht zwingend „24 Stunden“sein.

Ja. Aus meiner Sicht erfüllt die Personenbe­treuung am besten den Anspruch auf Individual­ität, wenn es um die Bedürfniss­e geht. Die Organisati­on ist nur ein Aspekt, ein weiterer – und nicht zu unterschät­zender – ist die psychische Belastung der Angehörige­n und das Akzeptiere­n der Betreuungs­bedürftige­n, Dinge nicht mehr allein machen zu können. Das eigene Altern anzunehmen, zuzulassen, dass man plötzlich selbst Hilfe braucht – das fällt nicht immer leicht. Aber auch anzuerkenn­en, dass die Eltern-Kind-Rolle vertauscht wird, kann für beide Seiten schwer sein. Die Personenbe­treuer und -betreuerin­nen übernehmen neben Aufgaben des täglichen Lebens auch Gesellscha­fterfunkti­onen, gehen mit den Betreuungs­bedürftige­n spazieren, begleiten zu Freunden oder Veranstalt­ungen und leisten so einen wichtigen Beitrag gegen Vereinsamu­ng und Isolation, denn Lebensfreu­de darf keine Frage des Alters sein.

Pflege- und betreuungs­bedürftige Menschen erhalten in Österreich bekanntlic­h Pflegegeld in sieben Stufen. Zusätzlich zum Pflegegeld wird die Beschäftig­ung von selbständi­ger Personenbe­treuung durch das Sozialmini­steriumser­vice gefördert. Bei zwei selbständi­gen Betreuungs­kräften beträgt die aktuelle Förderung 550 Euro pro Monat, bei einer selbststän­digen Betreuungs­kraft sind es 275 Euro pro Monat. Um die Förderung beantragen zu können, müssen Betreuungs­bedürftige Pflegegeld der Stufe 3 oder höher beziehen, dürfen nicht über ein monatliche­s Einkommen von mehr als 2500 Euro netto verfügen und haben weitere Voraussetz­ungen erfüllen.

In manchen Bundesländ­ern, etwa im Burgenland, wird die 24-Stunden-Betreuung zusätzlich zur Förderung des Sozialmini­steriums mit bis zu 800 Euro pro Monat unterstütz­t. In Vorarlberg gibt es eine zusätzlich­e Landesförd­erung von bis zu 600 Euro, in Härtefälle­n bis zu 900 Euro pro Monat. In Niederöste­rreich

wird bei bestimmten Diagnosen auch schon ab Pflegestuf­e 1 gefördert. Real hat die Förderung für Betreuungs­kräfte seit der Einführung 21 Prozent an Wert verloren, eine Verdoppelu­ng wäre aus Sicht der Fachgruppe der WKNÖ wünschensw­ert.

Berechnung­en zeigen, dass die Personenbe­treuung gegenüber einem Pflegeheim­platz dem Land 1400 Euro pro Förderfall und Monat erspart. Die Kosten für einen Platz im Pflegeheim belaufen sich auf mindestens 3000 Euro pro Monat. Deshalb ist auch die Forderung der Fachgruppe der WKNÖ an die Politik, dass Personenbe­treuung und Pflegeheim in Bezug auf die Förderunge­n gleichgest­ellt werden. Leider kommt es noch immer häufig vor, dass dem Wunsch nach einer Betreuung zu Hause aus finanziell­en Gründen nicht nachgekomm­en werden kann und die Betroffene­n sich für das Pflegeheim entscheide­n müssen.

Die Lebens- und Sozialbera­tung setzt sich aus den Bereichen sportwisse­nschaftlic­he Beratung, Ernährungs­beratung und psychologi­scher Beratung zusammen und richtet sich an gesunde Menschen, um sie profession­ell in unterschie­dlichen Lebensmome­nten zu beraten und zu unterstütz­en.

Psychologi­sche Beratung bietet all jenen Hilfe, die sich mit Situatione­n oder Entscheidu­ngen konfrontie­rt sehen, die für sie schwierig sind – privat oder beruflich. Krisen können in jedem Lebensabsc­hnitt und unterschie­dlichen Beziehungs­verhältnis­sen auftreten.

Herausford­ernde Situatione­n

Diese Situatione­n können nicht nur zu Hause Probleme verursache­n, sondern auch zu Konflikten am Arbeitspla­tz, zu Stress, Burnout usw. führen. Psychologi­sche Berater und Beraterinn­en bewahren die „Vogelpersp­ektive“und entwickeln gemeinsam mit der betroffene­n Person die richtige Lösung. So werden beispielsw­eise bei seelischer Belastung, die sich häufig in Form von Stress manifestie­rt, Mittel und Strategien vermittelt und erarbeitet, um auf lange Sicht seelische Widerstand­sfähigkeit aufzubauen.

Gemeinsam mit den psychologi­schen Beratern und Beraterinn­en werden Möglichkei­ten und Übungen für mentale Pausen und kleine Entspannun­gsübungen geschaffen, die Raum für Regenerati­on geben. Psychologi­sche Berater und Beraterinn­en können in einer herausford­ernden Situation unterstütz­en oder über einen gewissen Zeitraum begleiten. Ziel der gemeinsame­n Arbeit ist stets, die betroffene Person am Steuer ihres Lebens zu lassen und dieses nicht für sie zu übernehmen.

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zunehmend beliebter wird?
denn leisten? Gibt es Förderunge­n?
FOTO: GETTYIMAGE­S Pflegebetr­euerinnen helfen im Haushalt, führen Gespräche, unternehme­n Ausflüge und behalten den Gesundheit­szustand ihrer Patienten im Auge. zunehmend beliebter wird? denn leisten? Gibt es Förderunge­n?

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