Die Presse am Sonntag

Das blaue Spiel mit der Zeit

Die einen wollen rasch Herbert Kickl – die anderen »keinen Hüftschuss«.

- JULIA NEUHAUSER

Die FPÖ ist eine Partei der zwei Geschwindi­gkeiten: Die einen wollen bei der Suche nach einem neuen Parteichef „keine Zeit verlieren“. Die anderen möchten sich „für eine Entscheidu­ng dieser Tragweite (...) entspreche­nd Zeit nehmen“. In der Partei lässt sich schon am Suchtempo der Verlauf der Fronten erkennen.

Eilig scheinen es die Fürspreche­r Herbert Kickls zu haben. Sie wollen den bisherigen Klubobmann bereits bei der Präsidiums­sitzung am Montag zum designiert­en Parteichef machen. Auch der für die Kür notwendige Bundespart­eitag müsse innerhalb kürzester Zeit erfolgen. Er soll noch im Juni oder Anfang Juli stattfinde­n. So würden das die Landespart­eichefs von Tirol, Salzburg, Kärnten und dem Burgenland

gern haben. Und auch in Niederöste­rreich will man keine „monatelang­en Personalde­batten“. Aus Sicht der Landesgrup­pen gibt es nicht mehr viel zu diskutiere­n. Mit Herbert Kickl gebe es bereits den richtigen Kandidaten.

Schielen auf die Landtagswa­hl. Genau das wird aber nicht überall so gesehen. Insbesonde­re nicht in Oberösterr­eich. Dort sprach sich etwa der blaue Nationalra­tsabgeordn­ete Gerhard Deimek in den „Oberösterr­eichischen Nachrichte­n“gegen einen „Hüftschuss“aus. Am liebsten würde er den Parteitag auf den Herbst verschiebe­n.

Das würde aus Sicht der oberösterr­eichischen Blauen gleich mehrere Vorteile bringen. Man hätte dann nämlich schon die Landtagswa­hl am 26.

September geschlagen. So ließen sich Stimmverlu­ste vermeiden, die mit Herbert Kickl als Bundespart­eichef offenbar erwartet werden, und auch die Neuauflage einer schwarz-blauen Koalition im Land würde einfacher sein.

Das Spielen auf Zeit habe, wie in Oberösterr­eich beteuert wird, jedenfalls nichts mit einem möglichen Wechsel von Landespart­eichef Manfred Haimbuchne­r in den Bund zu tun. Er ist zwar Widersache­r Herbert Kickls – aber kein Gegenkandi­dat. Ein solcher ist derzeit unauffindb­ar. Auch da kann nur Zeit helfen. Die wird aber vielleicht nicht mehr bleiben. Bereits am Montag könnte Kickl den Chefsessel besteigen. In dem Fall wäre zumindest der Rummel, hofft man in Oberösterr­eich, bis zur Landtagswa­hl wieder vergessen.

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