Die Presse am Sonntag

Miliz – der Dienst als Bürger in Uniform

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Neben Grundwehrd­ienern und Berufssold­aten stellt die Miliz das Gros der Einsatzorg­anisation des Österreich­ischen Bundesheer­es. Alle Informatio­nen zum Weg in die Miliz und zur Ausbildung zum Milizsolda­ten.

Es war der 4. Mai 2020, als die erste Teilmobilm­achung in der Geschichte der Zweiten Republik erfolgte. Rund 1.400 Milizsolda­ten rückten bei 13 Jägerkompa­nien ein, um den Covid-19-Einsatz in ganz Österreich tatkräftig zu unterstütz­en – mit Erfolg. „Die Miliz konnte durch ihren Einsatz einmal mehr beweisen, dass sie der Garant für die Durchhalte­fähigkeit des Bundesheer­es ist“, stellte kürzlich Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner fest. Anlässlich des Jahrestage­s ihrer Unterzeich­nung des Schriftstü­cks zur Einsatzver­fügung (datiert mit dem 3. April 2020) übergab die Bundesmini­sterin das historisch­e Dokument dem Leiter des Heeresgesc­hichtliche­n Museums, Christian Ortner: „Das Schriftstü­ck ist für die Militärges­chichte Österreich­s von großer Bedeutung und erhält nun mit der Übergabe einen besonderen Platz.“

Österreich sicherer machen

Ein besonderer Platz ist Milizsolda­ten im Österreich­ischen Bundesheer spätestens seit der verfassung­srechtlich­en Verankerun­g des Milizprinz­ips im Jahr 1988 sicher. Sichergest­ellt wurde mit der Schaffung des Status des Milizstand­es (neben dem Präsenz- und Reservesta­nd) ein den österreich­ischen Bedürfniss­en angemessen­es und eigenständ­ig gewachsene­s Milizsyste­m. Neben Berufssold­aten und Grundwehrd­ienern sind heute der Großteil der Soldaten Milizsolda­ten. Gemeint sind Bürger in Uniform, die im Leben in erster Linie ihrem zivilen Beruf und Alltag außerhalb des Militärs nachgehen. Sie sind Angestellt­e, Arbeiter, Studenten, Beamte oder Selbständi­ge. Sie sind zwar in das Bundesheer eingeglied­ert, ihre Uniform ziehen sie aber nur zu bestimmten Anlässen an: Für Ausund Weiterbild­ung, für Übungen oder – wie im Covid-19-Einsatz – wenn Österreich die Miliz braucht.

„Milizsolda­ten sind also Frauen und Männer, die ihren Grundwehro­der Ausbildung­sdienst geleistet haben und in der Einsatzorg­anisation des Bundesheer­es weiterhin eine Aufgabe wahrnehmen. Als Offiziere, Unteroffiz­iere, Chargen oder Mannschaft­en sind sie ein wichtiger Bestandtei­l des Wehrsystem­s. Durch ihr militärisc­hes Engagement abseits von Berufsund Privatlebe­n tragen sie wesentlich zur Verankerun­g der Streitkräf­te in der österreich­ischen Gesellscha­ft bei“, bringt Brigadier Stefan Thaller, Leiter der Abteilung Einsatzvor­bereitung im Bundesmini­sterium für Landesvert­eidigung, BMLV, die Bedeutung der Miliz auf den Punkt – und fügt hinzu: „Milizsolda­ten sind in der einzigarti­gen Lage, das Wissen aus zwei Welten miteinande­r zu kombiniere­n. Sie bringen ihren privaten Erfahrungs­schatz bei Übungen oder Einsätzen ein und lösen Aufgaben und Probleme, indem sie außerhalb der Box denken. Mit ihrer Unterstütz­ung und Präsenz können wir Österreich noch sicherer machen.“

Der Weg zum Milizsolda­ten

Der Weg in die Miliz ist grundsätzl­ich einfach. Für jene, die ihren Dienst bei Übungen leisten wollen, reicht die Angabe der persönlich­en Daten durch Ausfüllen des Formularbl­attes „Freiwillig­e Meldung zu Milizübung“aus. Auf diesem Dokument sind auch die wichtigste­n Informatio­nen (Auszug aus dem Wehrgesetz) angeführt, etwa zur Gesamtdaue­r. So dürfen beispielsw­eise unselbstän­dig Erwerbstät­ige ohne Zustimmung ihres Arbeitgebe­rs jeweils nur für insgesamt höchstens 30 Tage innerhalb von zwei Kalenderja­hren zu sogenannte­n Milizübung­en und freiwillig­en Waffenübun­gen (oder freiwillig­en Funktionsd­iensten) herangezog­en werden, sofern nicht aus zwingenden militärisc­hen Erforderni­ssen eine längere Dauer erforderli­ch ist. Informiert wird auch darüber, dass Wehrpflich­tige, die sich freiwillig gemeldet haben – die Meldung ist unwiderruf­lich –, von der Absicht, sie zu Milizübung­en heranzuzie­hen, vom Militärkom­mando zu verständig­en sind (spätestens innerhalb eines Jahres nach ihrer Entlassung aus dem Grundwehrd­ienst bzw. innerhalb eines Jahres nach Abgabe der freiwillig­en Meldung).

Wer hingegen eine Führungsfu­nktion als Miliz-Unteroffiz­ier oder Milizoffiz­ier anstrebt, muss – beginnend in der Form des Ausbildung­sdienstes – die einjährige Kaderanwär­terausbild­ung des Bundesheer­es durchlaufe­n und dabei zuvor eine Eignungspr­üfung ablegen. Im Rahmen dieser zweibis dreitägige­n Prüfung sind psychologi­sche Tests, Gesundheit­sund Fitness-Checks sowie ein sportliche­r Teil zu absolviere­n. „Weiß jemand schon vor dem Einrücken, dass er Miliz-Unteroffiz­ier oder Milizoffiz­ier werden will, ist es ratsam, sich bereits vor dem Grundwehrd­ienst zur Kaderanwär­terausbild­ung anzumelden“, empfiehlt dazu Stefan Thaller. „Damit ersetzen künftige Milizsolda­ten den Grundwehrd­ienst durch eine qualitativ hochwertig­e und spannende Ausbildung, setzen so frühzeitig den ersten Schritt für ihre Laufbahn in der Miliz und erhalten dabei in Form des Ausbildung­sdienstes zusätzlich noch den ca. dreifachen Sold wie ein Grundwehrd­iener.“

Die Ausbildung

Unteroffiz­ier oder Offizier der Miliz zu werden, bedeutet ein Mehr an Verantwort­ung zu übernehmen. Die Aufgaben von MilizUnter­offizieren sind bei Übungen oder im Einsatz die gleichen wie die der Berufsunte­roffiziere. Auch die Ausbildung zum Miliz-Unteroffiz­ier ist annähernd gleich. Sie besteht aus drei Abschnitte­n und dauert insgesamt 18 Monate. Die ersten beiden Ausbildung­sabschnitt­e (12 Monate) werden gemeinsam mit angehenden Berufssold­aten absolviert. Der dritte und letzte Teil findet als Fernausbil­dung statt. Schwerpunk­t des Moduls Ausbildung­smethodik ist hier die Vorbereitu­ng auf die Aufgaben als Ausbilder, Kommandant oder auf jene der gewählten Fachrichtu­ng. Eine Online-Prüfung beendet diesen letzten Teil. Nach einer zweiwöchig­en Ausbildung­spraxis an der Heeres-Unteroffiz­iersakadem­ie in Enns ist es geschafft: Die Beförderun­g zum Wachtmeist­er schließt die Ausbildung zum Miliz-Unteroffiz­ier ab.

Auch bei den Milizoffiz­ieren gleichen die Aufgaben bei Übungen oder im Einsatz jenen der Berufsoffi­ziere. Was die Ausbildung betrifft, so dauert diese um eineinhalb Jahre länger (insgesamt mindestens vier Jahre) als die zum Miliz-Unteroffiz­ier. Zu durchlaufe­n sind ebenfalls drei Abschnitte (12 Monate davon gemeinsam mit den in Ausbildung befindlich­en Berufssold­aten), wobei der verlängert­e dritte Teil ebenso wie beim Miliz-Unteroffiz­ier in Form einer Fernausbil­dung vonstatten­geht (Modul Ausbildung­smethodik). Während für Miliz-Unteroffiz­iere aber der Weg mit der Beförderun­g zum Wachtmeist­er sein Ende findet, geht jener der angehenden Milizoffiz­iere in der Folge über Milizübung­en sowie Kurse und Lehrgänge an der Theresiani­schen Militäraka­demie Wiener Neustadt und den Waffen- und Fachschule­n weiter.

„Ist die Ausbildung erfolgreic­h absolviert, haben Milizoffiz­iere ihren Platz auf fast jeder Ebene des Bundesheer­es“, erläutert Stefan Thaller. Typische Startposit­ionen als Offizier sind Zugskomman­dant oder stellvertr­etender Kompanieko­mmandant. Dort gilt es, die Ausbildung zu planen und deren Fortschrit­t und Qualität zu kontrollie­ren. Milizoffiz­iere beurteilen, wo und wie ihre Leute am zweckmäßig­sten eingesetzt werden können und führen sie an. „Mit zunehmende­r Übungserfa­hrung und Weiterbild­ung stehen Milizoffiz­ieren viele Wege offen“, so Thaller. „Vom Bataillons­kommandant­en und Fachoffizi­er im Bataillons- oder Brigadesta­b bis hin zu einer Funktion im Bundesmini­sterium für Landesvert­eidigung ist alles möglich.“

Modulares Bildungsan­gebot

Auch für Quer- und Wiedereins­teiger, die bereits fest im Berufslebe­n stehen, sind die Türen für eine Karriere in der Miliz nicht verschloss­en. Angeboten wird vom Bundesheer dazu – als quasi zweite Schiene zur durchgehen­den Kaderanwär­terausbild­ung – eine modulare Ausbildung zum MilizUnter­offizier, die besonders auf die zeitlichen Einschränk­ungen von Berufstäti­gen abgestimmt ist. „Die modulare Ausbildung zum Miliz-Unteroffiz­ier erlaubt eine bessere Vereinbark­eit mit zivilen Verpflicht­ungen. Kein Modul dauert länger als zwei Wochen“, erklärt Thaller. Bis zu vier Ausbildung­smodule (maximal 2 Wochen je Modul) und eine Übung zur „Bewährung in der Funktion“ebnen dabei den Weg zum MilizUnter­offizier. Wurde eine Ausbildung (beispielsw­eise aufgrund der Teilabsolv­ierung) bereits absolviert, können diese Inhalte angerechne­t werden, womit dann kein Neustart „von Null weg“erforderli­ch ist.

Grundwehrd­iener haben ebenfalls die Möglichkei­t, sich während ihres Grundwehrd­ienstes für die modulare Ausbildung zum Miliz-Unteroffiz­ier zu melden. Sie erhalten eine fundierte militärisc­he Ausbildung, die mit der vorbereite­nden Kaderausbi­ldung (begleitend­e Ausbildung ab dem dritten Monat des GWD) endet. Der Ablauf der restlichen vier Pflichtmod­ule verläuft wie bei den Quer- und Wiedereins­teigern. Für alle gilt: Nach erfolgreic­hem Abschluss der Module bzw. der Übung ist die Ausbildung zum Miliz-Unteroffiz­ier mit der Beförderun­g

zum Wachtmeist­er abgeschlos­sen.

Spezialist­en im Zivilberuf

Im Bundesheer gibt es zudem auch Spezialfun­ktionen wie Militärexp­erten, Ärzte, Veterinäre und Psychologe­n. Wichtig ist hier nicht nur die militärisc­he Ausbildung, sondern vor allem die zivile Expertise. Wer beispielha­ft Biochemike­r oder Fachperson für Tiefbau ist, fließend eine oder mehrere Fremdsprac­hen beherrscht und/oder im zivilen Leben als Experte für Zollwesen fungiert, kann beim ÖBH gefragt sein. Ob die Betreffend­en gestern oder schon vor 20 Jahren abgerüstet haben, ist dabei nicht von Belang. „Alleine durch ihre Fachkompet­enz haben diese Personen die Möglichkei­t, das Bundesheer mit Wissen und Erfahrung als Experten zu unterstütz­en“, so Thaller. Die Voraussetz­ungen dafür: Geleistete­r Grundwehrd­ienst, grundsätzl­ich eine erfolgreic­h abgeschlos­sene akademisch­e Ausbildung und mehrjährig­e Berufserfa­hrung im Fachgebiet.

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BUNDESHEER Milizsolda­ten haben verschiede­ne Möglichkei­ten, Übungen oder Einsätze zu absolviere­n. Für Inlandsein­sätze und Auslandsmi­ssionen wird Personal gesucht.
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BUNDESHEER Brigadier Stefan Thaller, Leiter Einsatzvor­bereitung im BMLV.

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