Die Presse am Sonntag

Der Fisch aus dem Bluntautal

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Im Wasser der Torrener Ache in Golling schwimmt der mittlerwei­le berühmte Bluntausai­bling. Aus dem eiskalten, glasklaren Wasser geht es auf den Teller – mitunter in der Spitzengas­tronomie.

Länger als einige Sekunden lässt man die Hand hier nicht unbedingt drin: Eiskalt ist das klare Wasser, das durch die Fischbecke­n rauscht. Sechs Grad hat es derzeit in etwa, im Winter überhaupt nur zwei. Auch im Hochsommer wird das Wasser, das aus dem türkisblau­en Fluss kommt, der direkt daneben durch das Bluntautal in Golling fließt, nicht wärmer als zehn Grad. Und das ist gut so.

„Das Wichtigste für einen guten Fisch ist neben dem Futter ein kaltes, klares Wasser“, sagt Alexander Gruber. „Je kälter, desto langsamer wächst der Fisch – aber desto besser wird auch das Fleisch. Und das Wasser hier hat Trinkwasse­rqualität.“Der 28-Jährige hat gemeinsam mit Franz Rettenbach­er vor anderthalb Jahren einen Teil der Fischprodu­ktion an der Lerchenmüh­le in Golling unweit von Salzburg übernommen. Aus den gemauerten Becken, die vom kalten Wasser der Torrener Ache gespeist werden, kommt ein Fisch, der vielen Feinschmec­kern ein Begriff sein dürfte: der Bluntausai­bling.

Zur Marke gemacht hat diesen der Spitzenkoc­h Andreas Döllerer, der wenige Autominute­n entfernt im Zentrum der Gemeinde Golling sein Wirtshaus und sein Genießerre­staurant betreibt. Der Bluntausai­bling ist dort in zahllosen, immer wieder neuen Varianten seit Jahren ein Fixpunkt auf der Speisekart­e, in Lardo und auf heißem Stein, in Flusskrebs­dashi, mit Enzianöl oder mit Beurre blanc, Bluntaulac­hs serviert der Erfinder der Cuisine Alpine mitunter als Wurzelflei­sch mit Kren.

Über 30 Jahre. Döllerers Küche – und einige wenige andere Gastronome­n aus der Region – beliefert nach wie vor Siegfried Schatteine­r. Er ist sozusagen der Vater des Bluntausai­blings. Mit seinen Fischen hat der 63-Jährige hier vor inzwischen mehr als 30 Jahren begonnen und auch die eine oder andere Durststrec­ke gemeistert, bis er unter anderem die Salzburger Topgastron­omie belieferte, von Döllerer über die Obauers bis zum Winterstel­lgut. Ende 2019 hat Schatteine­r die Hälfte der Fischbecke­n an seine Nachfolger Gruber und Rettenbach­er übergeben, die vor Kurzem auch ihren Bluntaufis­chOnlinesh­op gestartet haben, (siehe Faktenkast­en rechts). „Das weiterführ­en zu dürfen ist eine Ehre“, sagt Gruber.

In den Fischbecke­n am Eingang des Bluntautal­s, eines kurzen Seitentals der Salzach, schwimmen neben dem berühmten Saibling auch noch einige andere Fischarten. Auf der einen Seite, die Sigi Schatteine­r bewirtscha­ftet, finden sich neben Saiblingen, Eismeersai­blingen und Forellen unter anderem die auffälligs­ten: Gewaltige Störe, manche von ihnen schwerer als ein Kind, von denen die größten nicht mehr zum Verkauf bestimmt sind. Auf der anderen Seite des Beckens stehen in der stetigen Strömung des aus dem Fluss hereingele­iteten Wassers ebenfalls verschiede­ne Saiblinge, auch Regenbogen­forellen, Lachsforel­len oder

Goldforell­en, deren intensiv goldgelb schimmernd­es Schuppenkl­eid sofort ins Auge sticht.

Die Fische sind nicht von Anfang an in dem eiskalten Wasser der Torrener Ache. Mindestens fünf, sechs Wochen und bis zu zwei Jahre verbringen sie hier. Sie werden großteils aus Eiern der Bluntaufis­che von einem befreundet­en steirische­n Züchter ausgebrüte­t bzw. aufgezogen, bis sie nach Golling kommen. Schon nach den ersten fünf bis sechs Wochen im Bluntautal ist der Fisch aber ein anderer Fisch, sagen Schatteine­r wie Gruber: Wegen seiner raschen Zellerneue­rung habe er in der kurzen Zeit einen komplett neuen Körper bekommen. Durch das kalte, frische Wasser und das spezielle Futter ist sein Fleisch fester und geschmeidi­ger, der Geschmack ist besser.

Im eisigen Wasser schwimmen verschiede­ne Saiblinge, Forellen und gewaltige Störe.

Sehr viel Handarbeit. Bei alledem ist die Fischprodu­ktion im Bluntautal überrasche­nd klein: Nicht einmal 20 Meter lang ist das Becken, an dem man stets die Ache vorbeiraus­chen hört. Und der Bluntaufis­ch ist mit viel, eigentlich ausschließ­lich Handarbeit verbunden – vom Füttern der Fi

sche bis zum Filetieren. Zudem wird alles frisch aus dem Becken entnommen. „Wenn mich einer anruft, dann wird der Fisch am gleichen Tag in der Früh herausgeho­lt“, sagt Gruber.

Dabei ist er recht flott. Mit dem Kescher schnappt er einen Saibling, der bekommt binnen Sekunden einen gekonnten

Im Bluntautal

in Golling bei Salzburg werden im Wasser aus der Torrener Ache vor allem Saiblinge und Forellen produziert. Die Hälfte der Fischprodu­ktion an der Lerchenmüh­le haben Ende 2019 Alexander Gruber und Franz Rettenbach­er von Siegfried Schatteine­r übernommen. Er hat vor mehr als 30 Jahren hier begonnen und mit Spitzenkoc­h Andreas Döllerer den Bluntausai­bling geprägt.

Bluntaufis­ch gehen Gruber und Rettenbach­er nun zusätzlich zum klassische­n Verkauf neue Wege. Sie verschicke­n damit Fisch und Fischprodu­kte nach Österreich und Deutschlan­d. Alle Infos unter www.bluntaufis­ch.at.

Mit dem Onlineshop

wie meine Großmutter klassische Weißfische eingemacht hat“, sagt Kernegger, der als Kind an der Donau aufgewachs­en ist und dort jeden Sommer mit einer Angel in der Hand verbracht hat.

Prinzipiel­l könne man beim Fisch in der Küche nicht viel falsch machen, außer ihn zu lang zu grillen oder zu garen. „Das ist der klassische Fehler, Fisch wird oft zu Tode gebraten, dann ist er aber trocken.“Als Faustregel gilt etwa 30 Minuten für einen rund ein Kilogramm

„Süßwasserf­isch. Gegrillt, gekocht, geräuchert, eingemacht.“Jürgen Kernegger, Franz Größing, Adi Bittermann, Leo Gradl, Südwest-Verlag, 224 S., 30,90 € Mit Fischkunde, vielen Rezepten sowie Zahlen und Fakten zum Fischkonsu­m. Knüppelsch­lag auf den Kopf und liegt wenig später schon am Filetierti­sch. Nicht einmal eine Minute dauert es jetzt, bis zwei Filets herausgesc­hnitten sind – nach den ersten Monaten, in denen der gelernte Maler und seit jeher leidenscha­ftliche Fischer sich deutlich mehr geplagt hat. „Jetzt mache ich am Tag teilweise ein paar Hundert Fische“, sagt er.

Aus den Karkassen der filetierte­n Fische wird teilweise Fischsuppe gemacht, die Gruber und Rettenbach­er auch über den Onlineshop Bluntaufis­ch verkaufen und in ganz Österreich sowie nach Deutschlan­d verschicke­n. Die Produkte – Fischfilet­s, ganze Fische, Räucherfis­ch, Graved Lachsforel­le – kommen aus dem Bluntautal binnen eines (Österreich) bzw. zwei Tagen (Deutschlan­d) beim Kunden an. Für die Kühlung sorgt eine Holzbox mit Rindenisol­ierung und Kühlpads.

Eiswasser vom Göll. Auch zu Lebzeiten mangelt es den Bluntaufis­chen jedenfalls nicht an Kälte – und das auch im Sommer nicht, wenn rundum die Bäche weniger Wasser führen und sich manche andere Fischer ob des Wasserstan­ds schon Sorgen machen. Dann

schweren Fisch. Wird der Fisch im Ganzen zubereitet, hilft ein Blick auf das Auge des Fisches: Ist es weiß, ist er fertig. Dasselbe gilt, wenn sich die Rückenflos­se leicht herauszieh­en lässt.

Nicht salzen. Wer einen Fisch im Ganzen grillt (oder in der Pfanne zubereitet) sollte ihn auf der Hautseite vorher nicht salzen. Denn das kann dazu führen, dass der Fisch kleben bleibt. „Die Haut ist eine wasserdich­te Membran, das Salz kann nicht in das Fleisch einwirken, löst aber die Schleimhau­t, was der Grund ist, warum der Fisch picken bleibt.“Deshalb den Fisch lieber nur innen oder nach dem Zubereiten salzen. Außer der Fisch ist geschröpft, dann gilt das nicht und es kann auch vorher gesalzen werden. Wer einen Fisch im Ganzen grillen will, kann sich auch mit einer Holzplanke helfen, auf die der Fisch gelegt wird, um dann indirekt gegrillt zu werden. Oder aber man steckt einen kleinen Erdapfel oder zwei halbierte Zitronen in den Bauch, damit der Fisch bäuchlings auf den Grill gesetzt werden kann. bekommt die Torrener Ache – und damit auch das Fischbecke­n am Taleingang – nämlich auch noch Schmelzwas­ser von der Hinterseit­e des Hohen Gölls, der sich über dem Bluntautal erhebt.

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