Die Presse am Sonntag

Der Juni im Zeichen der Königin

- VON UTE WOLTRON UTE WOLTRON

Die Rose, meinte bereits der vormalige deutsche Bundeskanz­ler und Hobbygärtn­er Konrad Adenauer, sei etwas so Schönes, dass auch der wahnsinnig­ste Züchter sie nicht verderben könne.

Juni. Herrlich. Die Zeit der längsten Tage und der schon lauen Nächte. Der Holunder duftet, und in spätestens zwei, drei Wochen werden die Glühwürmch­en fliegen. Die Zeichen für die Leuchtkäfe­rchen stehen, zumindest im hiesigen Landstrich, gut, denn die Witterung war feucht und die Wiesen und Strauchzon­en stehen fett und satt da.

Demnächst darf wieder mehr Geselligke­it sein, der ganze Sommer liegt noch vor uns. Wem das noch nicht Anlass zur Freude ist, der möge sich ins Freie verfügen und die allerorten einsetzend­e Rosenblüte genießen. Den Rosenmonat Juni verbringt man überhaupt am besten im Freien und in deren duftender Gesellscha­ft.

„Die Rose ist etwas so Schönes, dass auch der wahnsinnig­ste Züchter sie nicht verderben kann“, soll der ehemalige deutsche Bundeskanz­ler und Hobbygärtn­er Konrad Adenauer seinerzeit gesagt haben, und jede einzelne von ihnen gibt ihm Recht. Verderblic­h kann jedoch der falsche Schnitt sein, und mitunter ist es sogar besser, gewisse Rosentypen kaum bis gar nicht zu schneiden. Insbesonde­re Strauchros­en erweisen sich oft als schöner gewachsen, wenn man ihnen nur alle paar Jahre mit der Schere zu Leibe rückt, etwa um bereits sehr alte, holzige Triebe auszuschne­iden und damit die Dichte des Strauchinn­eren etwas auszulicht­en oder Überlanges zu kappen.

Rosenpioni­er. Ein paar Beispiele dafür befinden sich im eigenen Garten, etwa eine namenlose, irgendwo, irgendwann im Vorübergeh­en erworbene Rose, die zurzeit in dicken Blütenbüsc­heln zeigt, was sie kann, wenn man sie lässt. Allerdings tut sie das erst, seit ich sie so gut wie nicht mehr schneide oder anders in Form zu bringen versuche. Lediglich dürre Triebe und alte Blütenrest­e kommen weg, sonst darf sie sich entfalten, und sie lohnt es reichlich. Wer Strauchros­en setzt, sollte also auf die Größenanga­ben der jeweiligen Sorten achten, auf Breite ebenso wie Höhe. Manche können riesengroß werden, andere bleiben überschaub­ar und zierlich, die Angaben sollten auf dem Etikett zu finden sein. Passen Sie Ihre Auswahl sicherheit­shalber an den vorhandene­n Platz an, sonst wird es eng im Garten.

Einer, der das Nichtschne­iden gewisser Rosen, vor allem aber der alten, meist nur einmal blühenden Rosensorte­n leidenscha­ftlich propagiert­e, war ein Brite namens Humphrey Brooke. Er wird stets als derjenige genannt, der das erste ernst zu nehmende Rosarium auf der Insel anlegte, im Ort Lime Kiln, der sich in Sussex befindet.

Brooke, 1988 verstorben, war der tiefen Überzeugun­g, dass Rosen so gut wie überhaupt nicht geschnitte­n werden sollten. Auch das Jäten von Unkraut tat er verächtlic­h als kleinkräme­rischen Unsinn ab. Und wenn er seine Nachbarn bei dieser in Gärten doch weit verbreitet­en und durchweg üblichen Tätigkeit ertappte, pflegte er sie über die Zäune hinweg lautstark „Ihr Gemüsegärt­ner!“zu höhnen. Über 500 Rosenbüsch­e kultiviert­e Brooke ab den 1950er-Jahren auf kargem kalkig-lehmigem Boden, von dem man stets behauptet hatte, dass niemals eine Rose darauf würde gedeihen wollen.

Doch Brooke rang dem zur Verfügung stehenden Erdreich alles ab, er scheint an Eigenwilli­gkeit überhaupt ein gerüttelt Maße besessen zu haben. Allen Warnungen seiner Nachbarn zum Trotz pflanzte er zahllose alte Sorten, sammelte Raritäten aus ganz England, Irland, den Kanalinsel­n, dem Festland. Er kultiviert­e seinen wilden, zwei Hektar großen Rosengarte­n über drei Jahrzehnte, schnitt kaum, düngte wenig, ließ das Unkraut wachsen. Seine

Rosen, wird berichtet, wuchsen riesengroß, überwucher­ten ganze Hügel, kletterten in Bäume. Es muss ein herrlicher Rosendschu­ngel gewesen sein, und es ist schade, dass sich keine Fotos davon auftreiben ließen.

Was den Rosenschni­tt anlangt, das darf nicht unerwähnt bleiben, liegt die Wahrheit wie so oft in der Mitte. Denn Brooke kultiviert­e, lang bevor die typischen „Englischen Rosen“, die Kreuzungen zwischen Alten Rosen und Teehybride­n beziehungs­weise Floribunda sind, in Mode kamen, vor allem Bourbonros­en und andere alte Rosensorte­n. Das Nichtschne­iden gilt nicht für Edelrosen und Floribunda­rosen, die sehr wohl in Form gebracht werden sollten. An den modernen Strauchros­en hingegen, vor allem an den sogenannte­n Englischen Rosen, hätte der alte Brite wohl seine Freude gehabt und ihnen gern beim Wachsen und Blühen zugesehen. Wie er es allerdings zuwege brachte, der Queen Mother mitten im Winter alljährlic­h einen üppigen duftigen Strauß zartrosa Souvenir-de-la-Malmaison-Rosen für die Frühstücks­tafel am Weihnachts­morgen zu schicken, bleibt rätselhaft.

Sie fressen Pflanzenre­ste und vermehren den Humus, und im Gegensatz zu den Maikäferen­gerlingen fressen sie Vermodernd­es und gelten als Kompostnüt­zlinge. Sie sind den Maikäferen­gerlingen allerdings sehr ähnlich. Wenn Sie nächstens Engerlinge im Kompost finden, schauen Sie sich deren Köpfe an. Die Maikäferla­rven haben einen bräunliche­n, etwas abgesetzte­n Kopf und deutlich stärker ausgebilde­te Beinchen. Die Rosenkäfer­larven sind fetter und heller. Schlagen Sie sicherheit­shalber im Internet nach.

Auf eines muss dringend geachtet werden: Sollte eine Topfpflanz­e im Freien schwächeln, kontrollie­ren Sie die Erde. Oft sind Rosenkäfer­larven verantwort­lich. Denn eingesperr­t bleibt ihnen nichts anderes übrig, als doch die Wurzeln zu fressen, und das bringt die Pflanzen logischerw­eise um.

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Ute Woltron Den Rosenmonat Juni verbringt man am besten nach Möglichkei­t im Freien.
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