Die Presse am Sonntag

Verbale Abrüstung

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Beate Meinl-Reisinger darf ohne jede Konsequenz die rhetorisch­e Frage stellen, ob den Menschen ein kriminelle­r Bundeskanz­ler zumutbar sei. Der Abgeordnet­e Krainer wirft im Schutz der Immunität dem Kanzler im Parlament vor, ohne Anstand, ohne Respekt, ohne Moral zu sein. Der Neos-Abgeordnet­e Brandstätt­er beschimpft den ÖVP-Kollegen Hanger in unflätiger Weise, für die Obfrau ist der Fall nach Rücknahme per Mail freilich erledigt. Krisper und Brandstätt­er auf Götz-Zitat-Niveau, das Zweifel am sauberen Image dieser selbstgere­chten Tugendwäch­ter aufkommen lässt. Nachsicht mit verbalen – der Emotion geschuldet­en – Entgleisun­gen bei der eigenen Fraktion, Empörung hingegen bei zweifelhaf­ten Aussagen des politische­n Widersache­rs.

Der freiheitli­che Klubobmann träumt von einer Allparteie­nkooperati­on, um endlich die Machtposit­ion der ÖVP zu durchbrech­en. Welch symbolhaft­e Rhetorik!

Der ehemalige Rechnungsh­ofpräsiden­t Fiedler betrachtet die Ermittlung­en der WKStA gegen die Justizspre­cherin der ÖVP, Steinacker, mit großer Skepsis und sieht den Verdacht versteckte­r Parteienfi­nanzierung als eher weit hergeholt. Man darf die Frage stellen, warum Steinacker erst jetzt für Vorgänge, die Jahre zurücklieg­en und längst bekannt sind, ins Visier dieser Behörde gelangt. Zufall oder Absicht? Wen wundert es, wenn in diesem Fall die ÖVP Kritik am Vorgehen der WKStA äußert? Der „Ordnungsru­f“der Grünen an den Koalitions­partner ist in diesem Zusammenha­ng wohl der rhetorisch­en Pflichtübu­ng geschuldet.

Eine verbale Abrüstung ist überfällig, eine sachliche Diskussion und der Austausch von Argumenten sollten Anzeigen

und Klagen, wie sie gegenwärti­g in inflationä­rerer Weise um sich greifen, keinen Platz lassen.

Mag. Gerald Gruber, 3353 Seitenstet­ten

Falsches Verhalten gefährdet Öffnungen

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