Eine Entschuldigung von Kurz? »Das wäre angebracht«
Nina Tomaselli.
Ich würde Ihnen gern einen Namen nennen. Bitte sagen Sie mir das Erste, was Ihnen dazu einfällt: Andreas Hanger.
Nina Tomasellli: Das Erste, was mir einfällt... (denkt länger nach, Anm.).
Überlegen Sie jetzt länger, weil es nicht druckreif ist, was Ihnen als Erstes einfällt? Mit einem Wort kann ich es nicht sagen, aber Andreas Hanger ist mit einem Plan in den Untersuchungsausschuss gekommen: für Aufruhr zu sorgen. Den setzt er unbeirrt von Wahrheit und Tatsachen um. Es ist ein brandgefährliches Spiel, das er treibt. Zu dem Preis, dass er die Justiz beschädigt.
Hanger, ÖVP-Fraktionschef im U-Ausschuss, hält Teile der WKStA für befangen und stellt die Objektivität der Justiz infrage.
Der Ibiza-Untersuchungsausschuss ist einer der erfolgreichsten überhaupt. Wir haben zahlreiche Beweise für das türkis-blaue politische System ans Tageslicht befördert: Es war eines, das für wohlhabende Freunde da war – weniger für die Bedürfnisse der Bevölkerung. Das und die Ermittlungen aufgrund der Chats sind der ÖVP unangenehm. Sie versucht, die Kontrollinstitutionen zu schwächen.
Ist die ÖVP respektlos gegenüber der Justiz?
Ganz klar: ja. Ihr Vorgehen ist widersprüchlich. Wenn man sich in einem Rechtsstaat ungerecht behandelt fühlt, kann man sich bestimmter Spielregeln bedienen. Keiner der Beschuldigten in der ÖVP hat aber in all den Verfahren Rechtsmittel vor Gericht eingelegt. Gleichzeitig wird die Justiz fast täglich via Pressekonferenzen beschuldigt.
Gegen einen WKStA-Staatsanwalt prüft die ÖVP eine Sachverhaltsdarstellung.
Jeder kann eine Anzeige einbringen, die Justiz prüft sie dann. Statt der täglichen Pressekonferenzen der ÖVP würde ich mir wünschen, dass die Anschuldigungen die unabhängige Gerichtsbarkeit klärt. Ich bin aber überzeugt, dass nichts überbleiben wird. Die Justiz arbeitet sauber.
Im türkis-grünen Regierungsprogramm steht: „Die Staatsanwaltschaft muss unabhängig von Beeinflussungen arbeiten können.“Begeht die Volkspartei Koalitionsbruch?
Grüne Fraktionschefin im U-Ausschuss und Vize-Parteichefin
Ich nenne diese Angriffe dezidiert Dirty Campaigning. Man hat den Plan, diejenigen zu diskreditieren, die ermitteln. Als Staatsbürgerin und Demokratin muss ich das entschieden ablehnen.
Ein diplomatisches Ja auf meine Frage also. Nochmals: Bei diesen haltlosen Angriffen geht es am Ende des Tages darum, wie man mit dem Rechtsstaat umgeht. Die Bevölkerung erwartet sich, dass wir das respektvoll und würdevoll tun. Das vermisse ich bei der ÖVP.
Aber welche Konsequenz hat das? Soll sich Kanzler Sebastian Kurz entschuldigen?
Eine Entschuldigung wäre selbstverständlich angebracht. Hier werden Menschen beschuldigt, die wahnsinnig gute und wertvolle Arbeit leisten. Diese Angriffe sind sofort einzustellen.
Und wenn nicht?
Ich glaube, dass der Kurs der ÖVP von den Wählerinnen und Wählern nicht goutiert wird. Auch von weiten Teilen der Partei nicht. Diese Methode ist einer bürgerlichen Partei, die für den Rechtsstaat stehen sollte, unwürdig.
Ist die ÖVP respektlos gegenüber der Justiz? »Ganz klar: ja«, sagt
Die grüne Fraktionschefin im U-Ausschuss findet, der Koalitionspartner spiele ein »brandgefährliches Spiel«. Einen verurteilten Kanzler dürfe es nicht geben. Als Vize-Parteichefin begrüßt sie eine Urwahl der grünen Spitze.
Sie haben von dem türkis-blauen System gesprochen. In der ÖVP sind, abgesehen von Thomas Schmid, die wichtigsten Akteure aber noch im Amt. Unterstützen Sie es jetzt nicht, indem Sie damit koalieren? Nein. Wir sind in der Regierung, um damit aufzuräumen. Wir sind als Grüne mit dem Versprechen angetreten, für saubere Umwelt und saubere Politik zu sorgen. Die Arbeit im U-Ausschuss und in der Regierung ist ein Zweiklang. Alma Zadic´ hat eine Beschützerfunktion im Justizministerium. Und es geht auch darum, die richtigen Schlüsse aus der Arbeit im U-Ausschuss zu ziehen. Wie zum Beispiel mit dem Informationsfreiheitsgesetz oder dem AntiGlücksspielpaket.
Würde der Anstand so einen Koalitionspartner wählen?
Wir sind ja mit einer ähnlichen Frage in der Nationalratswahlkampf gezogen. Ich bin überzeugt, dass unsere Wählerinnen und Wähler in unserer täglichen Arbeit die Antwort sehen. Wir versuchen mit aller
Kraft, die Korruption aus der
Republik zu fegen.