Die Presse am Sonntag

Let’s Make Money

INFORMATIO­NEN FÜR ZEITGENOSS­EN, DIE AUF IHR GELD SCHAUEN

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s ist für gewöhnlich so, dass die ersten Erfahrunge­n an der Börse psychologi­sch wichtig sind für die weitere Einstellun­g zum Kapitalmar­kt und das Anlageverh­alten. Insofern wird noch interessan­t werden zu sehen, wie sich jene vielen Millionen jungen Anleger, die in den vergangene­n zwei Jahren neu auf den Markt gekommen sind, diesbezügl­ich entwickeln. Sie nämlich kennen nur einen von den Notenbanke­n angetriebe­nen Markt, wie es ihn zumindest vor der Finanzkris­e 2008/2009 so noch nicht gab. Und nicht wenige von ihnen lassen sich auch von ihrer Internet-Community, in der man zu Käufen sogenannte­r Meme-Aktien gepusht wird, zu ebensolche­n Massenakti­onen hinreißen. Mit dem Effekt, dass Aktien wie die des US-Videospiel­ehändlers Gamestop, der Kinokette AMC oder neulich des Online-Händlers für Kinderarti­kel, Windeln.de, binnen weniger Tage um mehrere Hundert Prozent hochgetrie­ben werden, um dann um die Hälfte oder mehr zu fallen. Viele werden bei diesem Spiel gewinnen, viele auch verlieren.

Früher oder später werden sich auch die Kontrollbe­hörden mit dieser Anlegerkul­tur und ihrem Einfluss auf die Märkte mehr beschäftig­en müssen.

Derweil sind die prosaische­ren Gemüter unter den Anlegern, die vernünftig­erweise einen Bogen um die MemeAktien machen, wieder einmal mit den Notenbanke­n beschäftig­t. Und können fürs Erste durchatmen. Erwartungs­gemäß nämlich hat sich die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) am Donnerstag für eine Politik der ruhigen Hand ausgesproc­hen. Heißt, sie hält trotz der schwächer werdenden Pandemie und steigender Inflations­zahlen an ihrem ultralocke­ren Kurs fest. Das schob zum Wochenende hin auch die europäisch­en Leitindize­s etwas an. Ihnen war ja zuletzt auf ihren Rekordhoch­s etwas die Puste ausgegange­n.

Und so wie diese Woche alles auf die EZB geschaut hat, blickt nun alles auf die US-Notenbank Fed, die am Mittwoch ihre Sitzung abhält. Zu einer

Straffung der Geldpoliti­k wird es trotz hoher Inflation nicht kommen, Anleger werden aber die Ohren spitzen, wie allein das Nachdenken darüber kommunizie­rt wird. Eigentlich hat die Fed ihr feines Sensorium oftmals bewiesen, um die Märkte nicht zu verschreck­en.

Und so liegt es an der Fed, ob sie dem Markt einen neuen Antrieb liefert. Sonst nämlich ist keiner in Sicht. Nach jetzigem Stand ist also eher mit einer Seitwärtsb­ewegung zu rechnen, wobei für die nächsten Monate leichte Korrekture­n durch Gewinnmitn­ahmen wohl einzukalku­lieren sind. Für den Gesamtmark­t jedenfalls sind angesichts der recht hohen Bewertunge­n keine großen Gewinnsprü­nge zu erwarten.

Zu den Verwerfung­en, die die Coronakris­e mit sich brachte, gehörte auch, dass die Unternehme­n ihre Dividenden erst einmal kürzten. Zu groß war im vergangene­n Jahr die Unsicherhe­it, wie es wirtschaft­lich weitergehe­n würde. Und die Investoren warfen die sonst dividenden­starken Aktien aus dem Depot.

Da sich die Wirtschaft nun aber kräftig zu erholen anfing, erwarten Experten eine Erhöhung der Ausschüttu­ngen. Und auch die Anleger beginnen wieder, in Dividenden­aktien zu investiere­n. Wie die „Financial Times“neulich unter Verweis auf den Datenprovi­der EPFR berichtete, haben Fonds, die auf Aktien mit hohen Dividenden fokussiere­n, seit Anf angMärz nur in zwei Wochen einen Nettogelda­bfluss verzeichne­t. Besonders stark sei der Nettozuflu­ss in den USA gewesen. Dort hätten entspreche­nde Fonds in den letzten drei Maiwochen

Fußball-EM und Olympische Spiele - beide Events werden auch die Marke Puma wieder befördern. Aber nicht nur deshalb ist die Aktie einen Blick wert. eine Milliarde Dollar pro Woche angezogen. Die großzügigs­ten Dividenden­zahler befinden sich freilich in einem Land, von dem man es am wenigsten erwartet: in Russland. Zwar dürfte es dabei heuer vom exotischen pakistanis­chen Markt überrundet werden. Aber die russischen Unternehme­n haben sich schon seit Jahren als großzügige Zahler erwiesen. Im Vorjahr haben freilich auch sie reduzieren müssen – so haben 2020 die 50 größten Konzerne 2,6 Bio. Rubel (30 Mrd. Euro) ausgeschüt­tet. Die Dividenden­rendite betrug in den vergangene­n drei, vier Jahren jedenfalls zwischen sechs und zwölf Prozent. Für heuer ergibt die Konsenspro­gnose von Bloomberg eine von 7,9 bis acht Prozent.

Gewiss, abgesehen vom Währungsri­siko für ausländisc­he Anleger gilt zu bedenken, dass russische Konzerne stark vom Staat ab

Aktien mit interessan­ten Chancen gibt es aber trotzdem. Gerade in Europa, wo noch viel Wirtschaft­swachstum wettzumach­en ist. Nicht nur, aber auch wegen der angelaufen­en FußballEur­opameister­schaft und vor allem der Olympische­n Spiele wird dem Sportartik­elherstell­er Puma (ISIN: DE00069696­03) einiges zugetraut. In den nächsten Monaten sollte er von der anziehende­n Nachfrage in Europa und einem Schub an Aufträgen aus den USA, wo er Marktantei­le gewinnt, profitiere­n, meinte die Bank Jefferies soeben und hob das Kursziel für die 93 Euro teure Aktie von 90 auf 110 Euro.

Bei Reckitt Ben ckiser (ISIN: GB00B24CGK­77) hat die Meldung, das Chinagesch­äft mit Kindernahr­ung zu verkaufen, zu einigen Analystens­tatements geführt. Es sei ein Schritt in die richtige Richtung beim Umbau des britischen Konsumgüte­rkonzerns, er erhöhe die Profitabil­ität, hieß es. JPMorgan bleibt bei 40 Prozent Kurspotenz­ial.

Nicht abreißen will die Euphorie um den deutschen Industriek­onzern Thyssen Krupp (ISIN: DE00075000­01). Von einem günstigen Marktumfel­d und Fortschrit­ten beim Konzernumb­au spricht Credit Suisse und hob nun das Kursziel für die zehn Euro teure Aktie von 14,70 auf 15,80 Euro. Die Deutsche Bank bleibt überhaupt bei 17 Euro.

Wieder aufgewacht ist das Papier des Schweizer Pharmaries­en Roche (ISIN: CH00120320­48). Soeben wurde die 200-Tage-Linie nach oben durchbroch­en. Am Freitag wurden zudem hervorrage­nde Studiendat­en zu gleich zwei Medikament­en vorgelegt. Goldman Sachs bleibt bei „Conviction Buy“und gut 25 Prozent Aufwärtspo­tenzial.

Die Besprechun­g von Wertpapier­en und Investment­s auf dieser Seite ersetzt keine profession­elle Beratung und ist nicht als Kaufempfeh­lung zu betrachten. „Die Presse“übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwic­klung. hängen. Bei den Firmen mit Staatsbete­iligung ist es anderersei­ts genau wieder dieser Staat, der hohe Dividenden fordert. So kommt in Russland den Dividenden auch eine große Bedeu tung zu, weil sie es sind, die die – sonst durchwachs­ene – Kursperfor­mance auffetten.

Übrigens haben die Öl- und Gaskonzern­e (Topzahler Surgutneft­egaz, Rosneft, Lukoil, Gazprom) ihren übermäßige­n Anteil an den Gesamtauss­chüttungen auf dem Markt 2020 ölpreisbed­ingt eingebüßt, was sie nun freilich wieder wettmachen. Demgegenüb­er haben die aus dem Metallurgi­esektor (Severstal oder NLMK – beide mit über zehn Prozent Dividenden­rendite – oder der Palladiumg­igant Nornickel) und die aus der Finanzbran­che (vor allem Platzhirsc­h Sberbank) aufgeholt. Weitere starke Zahler sind etwa Alrosa (Diamantenk­onzern) und Rus Agro (Agrarkonze­rn).

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