Die Presse am Sonntag

Klein heiraten – trotz oder dank der Pandemie

- VON KARIN SCHUH

Die Zahl der Eheschließ­ungen ist im vergangene­n Jahr zwar zurückgega­ngen, jene der heiratswil­ligen Paare aber nicht. Viele geplante Hochzeiten mussten verschoben werden. Manche Paare nutzten die Gelegenhei­t, um im kleinen Rahmen zu heiraten.

Birgit Kassl hätte es sich niemals gedacht, dass es so einfach ist, eine Hochzeit zu organisier­en. „Wir hatten sicher auch Glück, dass alles so gut funktionie­rt hat“, sagt die 35-jährige Kärntnerin. Im vergangene­n Oktober hat ihr ihr Lebensgefä­hrte einen Antrag gemacht. Dass sie einmal heiraten wollen, war für beide schon vorher klar. Der Antrag kam dann dennoch überrasche­nd. Im Mai 2020 wollte das Paar dann standesamt­lich heiraten. „Unabhängig von der Pandemie in kleinerem Rahmen, nur engste Familie und Trauzeugen, aber das sind in unserem Fall eh schon 20 Personen“, sagt sie.

Also wurde ab Herbst geplant, was erstaunlic­h einfach war und auch recht flott ging. „Mein Traumkleid hab ich gleich beim ersten Mal gefunden, bei der Location waren wir uns auch schnell einig“, sagt Kassl. Ebenso war es beim Termin. Und auch die meisten Dienstleis­ter, wie Friseurin oder Fotograf, hatten an dem vereinbart­en Termin, dem 8. Mai, Zeit.

Aber es kam bekanntlic­h anders als gedacht. Im März war Kassl und ihrem Lebensgefä­hrten Armin Biedermann klar, dass sich das vielleicht alles doch nicht ausgehen wird. „Und nur zu zweit allein am Standesamt heiraten wollten wir auch nicht. Man heiratet ja nur einmal im Leben – hoffentlic­h“, sagt sie und lacht. Spätestens als sie merkten, dass sie sich nervös machen ließen, ununterbro­chen die Nachrichte­n verfolgten, was denn wann und wie möglich sei, haben sie entschiede­n: Lieber doch nicht im Mai heiraten. Also wurde auf September verschoben.

Auch mit diesem Termin haben sie offenbar Glück. „Alle konnten zu dem zweiten Termin, auch alle Dienstleis­ter, bis auf den Fotografen“, sagt Kassl.

Nach der kurzen Phase der Unsicherhe­it, kann sie sich jetzt wieder auf die Hochzeit freuen. „Auch die Sorge für die Eltern ist jetzt weg, bis dahin sind alle geimpft. Allein der Gedanke, zu heiraten und seine Eltern nicht umarmen zu können, ist befremdlic­h.“

Das Leben geht weiter. So wie dem jungen Kärntner Paar ging es einigen heiratswil­ligen Paaren im vergangene­n Jahr. Denn auch wenn die Zahl der Eheschließ­ungen laut Statistik im Jahr 2020 aufgrund der Pandemie zurückgega­ngen ist (siehe unten), bedeutet das nicht, dass auch die Zahl der potenziell­en Brautpaare weniger geworden ist. Wer heiraten möchte, lässt sich das selten von einer Pandemie austreiben. Einige Hochzeiten wurden verschoben, andere fanden gerade deshalb statt, weil es vielleicht gar nicht so ungelegen kam, dass man nur im kleinen Rahmen heiraten darf.

„Das Leben geht ja trotzdem weiter“, sagt etwa Euge´nie Sophie, die ihren Nachnamen lieber nicht nennen will. Sie ist mit ihrem Lebensgefä­hrten seit fünf Jahren zusammen, seit vier Jahren sind die beiden verlobt. „Im Dezember 2020 haben wir beschlosse­n, dass es schön wäre zu heiraten.“Ursprüngli­ch war ein Fest mit 40 bis 50 Personen geplant. Im Winter sind sie davon ausgegange­n, dass sich das im Mai oder Juni 2021 schon ausgehen wird. „Damals war man noch so euphorisch, weil auch gerade die ersten Impfungen begonnen haben.“Mit der Zeit hat sich dann aber herauskris­tallisiert, dass sie zu ihrem Termin im Mai lediglich eine Person dabeihaben könnten, das wäre der Fotograf gewesen. „Man braucht schon gute Nerven als Brautpaar. Die Vorfreude der Vorbereitu­ngen wurde einem mit dem vielen Hin und Her schon genommen.“

Es hat dennoch geklappt, die beiden haben in kleinem Rahmen mit zehn Personen am 5. Juni geheiratet. Die 36-Jährige ist froh darüber und bereut auch nicht im Nachhinein, dass ein Monat später ein größeres Fest möglich gewesen wäre. „Wer weiß, was

»Die Vorfreude wurde einem bei dem vielen Hin und Her genommen«, sagt eine Braut.

durch die Stadt ziehen und Fremde ansprechen müssen.“Das junge Paar ist übrigens auch nirgends auf Unverständ­nis gestoßen, dass doch im kleinere Rahmen gefeiert wurde.

Ein langes Hin und Her. Ähnlich, nämlich auch im kleinen Rahmen, werden Aleksandra Klepic und ihr Lebensgefä­hrte diesen Herbst heiraten. „Bei uns sind alle wichtigen Ereignisse in der Pandemie passiert. Im Herbst ist unser Sohn zur Welt gekommen“, sagt sie. Bereits im Herbst 2019 haben sie ihre Hochzeit geplant, damals noch für den 19. Juni 2020. Im Februar 2020 hat sich aber herausgest­ellt, dass sie schwanger ist. Im März nahm dann bekanntlic­h die Pandemie ihren Anfang. Was folgte, war ein langes Hin und Her. Das Hochzeitsk­leid hatte sie zum Beispiel schon, bevor sie erfuhr, dass sie schwanger war. Also hat sie Termine bei der Schneideri­n organisier­t, die es anpassen sollte.

Visagistin und Hairstylis­tin

Dass die beiden im kleinen Rahmen heiraten wollen, war für sie schon vor der Pandemie klar. „Ich komme aus einer bosnisch-serbischen Familie, ich war in meinem Leben auf so vielen Balkan-Hochzeiten, damit bin ich durch. Das wollte ich sowieso nicht.“Ursprüngli­ch wollten sie irgendwo unterwegs, in Hawaii oder auf Korsika heiraten. „Aber dann haben wir gemerkt, das können wir unseren Müttern nicht antun.“Also haben sie sich auf eine kleine Hochzeit mit rund 20 Personen geeinigt. Im Frühling diesen Jahres wurde der Termin schlussend­lich auf September verschoben, geheiratet wird dann in einem Hotel in Niederöste­rreich. „Es war schon ein ziemlicher Nervenkitz­el, das hat mir eigentlich total die Freude verdorben. Was mich stört, ist, dass die Leute dann immer sagen: ,Na, da hättet’s eh heiraten können‘. Ja, aber man vergisst, dass man eine Hochzeit auch vorbereite­n muss“, sagt die 31-Jährige.

Auch finanziell hat sich das viele Verschiebe­n ausgewirkt. „Die Dienstleis­ter haben auch dazugelern­t. Am Anfang haben alle gesagt, das passt schon, es geht ja allen so, aber mit der Zeit sind dann Verschiebu­ngsgebühre­n dazugekomm­en.“Seit die beiden aber die Entscheidu­ng getroffen haben, im Herbst zu heiraten, sind sie wesentlich entspannte­r. Auch weil sie wissen, dass dann auch die Familie ihres Mannes, die teils in Norwegen lebt, dabei sein kann.

Das vergangene Jahr war übrigens nicht für alle Dienstleis­ter in der Hochzeitsb­ranche nur schlecht. „Letztes Jahr war besser als das erste Halbjahr 2021. Letzten Sommer war das Geschäft für mich, als wäre alles ganz normal“, sagt

Claudia Fromaschit­z, die als Visagistin und Hairstylis­tin auch für Hochzeiten arbeitet. Mit 2019 konnte das Vorjahr zwar nicht mithalten, da habe sie ungefähr 20 Hochzeiten betreut. 2020 waren es um etwa ein Drittel weniger. „Aber es gab auch viele spontane Hochzeiten und die Brautpaare wollten sich dann doch etwas leisten, auch wenn sie nicht groß heiraten“, sagt Fromaschit­z. Letztes Jahr seien die Brautpaare noch ein bisschen motivierte­r gewesen. Heuer aber sei bei vielen „die Luft draußen“. Sie hofft dennoch, dass zumindest im Sommer die Saison wieder ein bisschen anzieht. „Motiviert sind sie ja alle zum Heiraten.“

Und es ist auch gut möglich, dass das ein oder andere Brautpaar, das in der Pandemie klein gefeiert hat, dann nächstes Jahr eine größere Feier nachholt. Wie zum Beispiel das Kärntner Pärchen: „Nächstes Jahr würden wir schon gerne eine zwanglose Gartenpart­y mit allen Freunden machen und das große Feiern nachholen.“

»Viele sagen: ,Hättet’s eh heiraten können.‘ Aber man muss auch vorbereite­n.«

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Katja Brömer Eug´enie Sophie bei ihrer Hochzeit.

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