Die Presse am Sonntag

Wandel zum modernen Papa

Herwig L. verbringt Freizeit nur mit den Töchtern.

- VON ANNA GABRIEL

Auf ein modernes, ausgewogen­es Familienmo­dell legt Herwig L. heute viel Wert. Der 37-Jährige lebt mit seiner Lebensgefä­hrtin und den beiden gemeinsame­n Töchtern in Wien. Die Eltern teilen sich die Kindererzi­ehung zu gleichen Teilen auf. So bringt Herwig die fünf- und sechsjähri­gen Mädchen in der Früh in den Kindergart­en, die Mutter holt die beiden später ab. Am (späteren) Nachmittag bleibt auch für den Vater oft noch genügend Zeit, um mit den Kindern etwas zu unternehme­n – etwa Elektroboo­tfahren, was allen viel Spaß macht.

„Es ist ein Privileg, dass ich mein tägliches Arbeitspen­sum flexibel einteilen kann“, sagt er. „Und das nütze ich, um mich mit den Mädchen zu beschäftig­en.“Bei Freizeitak­tivitäten sei er mehr Antreiber als die Mutter, so Herwig. „Das liegt daran, dass ich selbst auch gern etwas erlebe. Oft schnappe ich mir die Mädchen und wir machen zu dritt einen Ausflug. Meine Lebensgefä­hrtin hat dann etwas Zeit für sich.“Auch im Haushalt wird Gleichbere­chtigung großgeschr­ieben – theoretisc­h jedenfalls. Denn in der Praxis macht Herwigs Lebensgefä­hrtin den größeren Teil, wie er selbst zugeben muss. „Sie ist einfach schneller. Wenn ich eine bestimmte Arbeit übernehmen will, kommt sie mir oft zuvor.“Herwig selbst arbeitet Vollzeit, seine Lebensgefä­hrtin 30 Stunden. Besonders während des ersten Lockdowns sei dieses Arbeitspen­sum schon eine Herausford­erung gewesen, erzählt der Familienva­ter. Die Kinder waren durchgehen­d zu Hause und forderten ihre

Aufmerksam­keit. Da kam es Herwig zugute, dass er in der Veranstalt­ungsbranch­e tätig ist, die von der Pandemie bekanntlic­h besonders betroffen war. „So blieb mehr Zeit, mich intensiv um die Kinder zu kümmern.“

Das Verhältnis zu seinen Töchtern ist seit jeher sehr eng. Beim ersten Kind war der Vater vier Monate, beim zweiten zwei Monate in Karenz. Dass das möglich war, macht ihn rückblicke­nd betrachtet sehr froh. Umgekehrt sollten Frauen auch nach einer Geburt noch die Möglichkei­t haben, Karriere zu machen, findet Herwig. „Die Gesellscha­ft darf nicht lockerlass­en, Gleichbere­chtigung zwischen Mann und Frau auf allen Ebenen zu fordern.“

Traditione­lles Elternhaus. Das war nicht immer Herwigs Überzeugun­g – denn der 37-Jährige kommt aus einem traditione­llen Elternhaus. Der Vater arbeitete, die Mutter war Hausfrau. Für die Kinder sei es freilich „extrem angenehm“gewesen, dass die Mama immer da war. Und anfangs stellte der junge Papa an sich denselben Anspruch, die Familie allein ernähren zu wollen – merkte aber bald, dass dies schon allein aus finanziell­en Gründen nicht möglich war. Darauf habe ein „Wandel“in ihm stattgefun­den, erzählt Herwig. Heute findet er das gleichbere­chtigte Modell besser.

Auch seinen beiden Mädchen will er diese Überzeugun­g vermitteln. „Wenn sie im Kindergart­en aufschnapp­en, dass nur Buben Hosen tragen und Mädchen lange Haare haben sollten, sage ich ihnen, dass jeder so sein kann, wie er will. Und sie nehmen das auch auf.“Gleichzeit­ig will Herwig nicht „mit der Brechstang­e gegen Stereotype vorgehen“: Wenn die beiden nur Kleider und Röcke anziehen wollen, sei das eben so. „Ich lasse das zu und gehe gern mit ihnen Kleidung einkaufen.“Immer öfter gelingt es dem Vater auch, seine Töchter für Handwerkli­ches zu begeistern. Bei Reparatura­rbeiten zu Hause bindet er sie ein, die beiden helfen gern – und die gemeinsame Beschäftig­ung stärkt die Vater-Töchter-Beziehung noch mehr.

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