»Emanzipation wirkt sich für Väter günstig aus«
Der in der Väterberatung tätige Psychologe Arno Hraschan erklärt den Wandel der Rollenbilder für Väter.
Sie sind in der Väterberatung tätig und Mitgründer von Papa-Info, einem Verein zur Förderung gleichstellungsorientierter Väterarbeit in Wien. Welche Rollenbilder für Väter sind heute präsent?
Arno Hraschan: Die Rolle des Vaters unterliegt einem beständigen Wandel, der auch öffentlich diskutiert wird. Vor dem Zweiten Weltkrieg war der Vater der Beschützer, der Ernährer und die Disziplinierungsperson für die Familie. In der Nachkriegszeit hat man versucht, dieses Väterbild wiederzubeleben, allerdings ohne seine Funktion als Erzieher. Mütter waren die wesentliche emotionale Bindungsperson, während sich Väter beruflich verwirklichen sollten.
Wann sind neue Rollenbilder dazugekommen?
Dieser klassische Typ wurde in den 1960er-Jahren infrage gestellt. Während die Frauen beruflich und gesellschaftlich ihre Rechte einforderten, schien es bei den Männern wenig zu geben, was eingefordert werden soll. Männer sollten Privilegien abgeben und Aufgaben übernehmen – da sahen viele Männer keine Vorteile für sich. Gleichzeitig wurde bei der Frau die Hauptverantwortung für die emotionale, psychologische und soziale Entwicklung des Kindes gesehen. Man erkennt auch in der Fachliteratur, wann die Männer in die Erziehung wieder miteinbezogen wurden.
Und wann war das der Fall?
Bis in die 1980er-Jahre hinein wurden Männer häufig schräg bestaunt, wenn sie allein mit einem Baby im Arm auf dem Spielplatz aufgetaucht sind. Es gab aber immer wieder Bewegungen, die versucht haben, auf das Fehlen der Väter aufmerksam zu machen. In den späten 1990ern gab es dann zum Beispiel die Aktion Halbe-halbe, in der es darum ging, die Männer zur Hausarbeit zu bewegen.
Es ging also immer mehr darum, dass Frauen Arbeit abgeben wollten, aber nicht, dass Männer eingefordert haben, in die Erziehung eingebunden zu werden?
Ja. Dieses toxische Männlichkeitsbild gibt es ja bis heute, das sehr auf Karriere konzentriert ist, Egoismus etc. Aber es ist ein neues Männerbild dazugekommen, bei dem Verantwortungsbewusstsein und Empathie in den Vordergrund rücken. In den 90ern war die Rede vom neuen Vater: der Mann mit Kinderwunsch, der sich einbringt und emotionale Seiten zeigt. Spannend ist dabei, dass Väterkarenz für die Gesellschaft lange Zeit kein Thema war. Die neuen Väter sollten sich also in die Familien einbringen und gleichzeitig den Wunsch des Chefs nach vielen Überstunden erfüllen. Für viele Männer ist das bis heute überfordernd.
Was ist den Vätern wichtig?
Es wird in kleinen Schritten versucht, alte Muster aufzubrechen. Wir wissen aus der Praxis, dass moderne Väter für ihre Familien da sein wollen. Sie wollen mit ihrer Familie Zeit verbringen, ein liebevoller Vater sein, eine verlässliche Bindungsperson, ein engagierter Hausmann. Natürlich sehen sie auch einen Auftrag, zum Einkommen beizutragen, aber sie wollen auch die Mütter beim Wiedereinstieg in den Beruf unterstützen. Viele Väter wollen heute Gleichberechtigung und lehnen traditionelle Muster eher ab.
Was waren einschneidende Momente, damit sich diese Muster wandeln?
Ich arbeite ja auch bei Nanaya, einer Beratungsstelle, die sich mit Schwangerschaft, Geburt und den ersten Lebensjahren beschäftigt. Eine große Änderung gab es, als Väter angefangen haben, bei der Geburt dabei zu sein. Man hat verstanden, dass Väter ein wichtiger Faktor sind, auch durch die Bindungsforschung.
Das heißt, jüngere Väter haben großteils ein modernes Rollenbild?
Jüngere Männer haben eher ein modernes oder ein aufgeweichtes traditionelles Rollenbild. Ein streng traditionelles kommt selten vor. Die Frauen haben ja auch ihr Wörtchen mitzureden. Die Gleichberechtigungsbewegung hat ganz starke Auswirkungen auf Väter. Je mehr Frauen die Möglichkeiten haben, zurück in den Beruf zu kommen, umso mehr können Väter ihren Anteil an der Kindererziehung und auch am Haushalt beitragen. Die Emanzipation wirkt sich für Väter folglich eher günstig aus.