Die Presse am Sonntag

»Ein sehr revolution­ärer Gedanke«

Eigentlich nicht neu – aber mit Zukunftspo­tenzial: So beschreibt Gemüseexpe­rte Wolfgang Palme die Marktgärtn­erei. Er ortet in Österreich eine Aufbruchss­timmung.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Es sind oft junge Menschen, junge Paare, vielfach Quereinste­iger, die inzwischen nach einem neuen Konzept Gemüse anbauen: nach dem der Marktgärtn­erei – manchen auch bekannt unter seinem englischen Namen „Market Gardening“oder dem Schlagwort biointensi­ve Landwirtsc­haft. Wobei: Ganz so neu ist das Konzept eigentlich nicht.

„Es ist gar nicht neu, und es klingt ein bisschen nach ,No na‘“, sagt Wolfgang Palme, der an der Gartenbaus­chule Schönbrunn die Abteilung Gemüsebau leitet, der die Cityfarm Augarten gründete und vergangene­s Jahr gemeinsam mit Bio Austria einen ersten Lehrgang zum Thema Marktgärtn­erei gestaltet hat: Inspiriert ist diese von den Gärtnern, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts rund um die französisc­he Metropole Paris Gemüse

anbauten. „Aber da steckt ein sehr revolution­ärer Gedanke für die Frischgemü­seprodukti­on drin: Es geht darum, aus kleinen Flächen viel Ertrag herauszuho­len – aber in ressourcen­schonender Art und Weise.“

Landwirtsc­haft in Schieflage. Von der klassische­n Gemüseprod­uktion kann man das häufig nicht behaupten: „Moderne Betriebe sind sehr produktiv, die haben exponentie­ll gestiegene, hohe Flächenert­räge – aber die Bilanz zwischen Input und Output ist in extremer Schieflage“, sagt Palme. Da geht es um Technik, um Dünger, um Pestizide. „Wir stecken extrem viele Ressourcen rein, damit wir das rausbekomm­en. Lag das Verhältnis zwischen Energieinp­ut und Energieout­put in der Landwirtsc­haft 1910 bei eins zu zehn, sind wir heute bei eins zu eins. Das schaut leider sehr armselig aus.“

Marktgärtn­er produziere­n zwar in viel kleinerem Stil – mit zwischen ein paar Tausend Quadratmet­er und einem bis eineinhalb Hektar Beetfläche –, aber effizient: Gearbeitet wird üblicherwe­ise nicht mit großen Maschinen, sondern handwerkli­ch, mit kleineren (und günstigere­n) technische­n Hilfsmitte­ln. Die Gemüsebeet­e werden recht dicht bepflanzt, Zwischenrä­ume werden genützt, oft mit unterschie­dlichen Kulturen. „Das geht nur, wenn man das per Hand macht“, sagt Palme. Zudem nutzen viele, wenn auch nicht alle Marktgärtn­er alle Jahreszeit­en. „Man kann diese Flächen drei, vier Mal bespielen im Jahr, das macht man im großflächi­gen, konvention­ellen Gemüsebau

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria