Die Presse am Sonntag

Let’s Make Money

INFORMATIO­NEN FÜR ZEITGENOSS­EN, DIE AUF IHR GELD SCHAUEN

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enn die US-amerikanis­che Notenbank Fed – wie am vergangene­n Mittwoch getan – in Aussicht stellt, dass sie den Leitzins statt 2024 nun doch schon 2023 anheben könnte, so müsste man als Anleger ehrlich sagen: So what? Was kümmert uns, was in zwei Jahren ist? Einmal abgesehen davon, dass eine Ankündigun­g für etwas, das in zwei Jahren stattfinde­t, angesichts der Wandelbark­eit der Welt, der Wirtschaft und der Viren wohl nicht ganz ernst zu nehmen ist (lesen Sie dazu eine eingehende Analyse über die vier Lehren aus der Fed-Sitzung im morgigen Finanzteil der „Presse“!).

Man muss es dem Markt auch zugute halten, dass er auf das Ergebnis dieser wichtigen Fed-Sitzung auch recht gelassen reagiert hat. Die Schwankung­en und Abverkäufe am Freitag waren dann mehr dem großen Verfall am so genannten Hexxensabb­at geschuldet.

Aber zurück zur Fed: Ein wenig hat man auf dem Markt das Gefühl, dass er gar nicht so sehr wegen der möglichen Leitzinser­höhung, auf die er ja so sachte wie nur möglich vorbereite­t wird, um keine panischen Verkäufe zu tätigen, in seinem gegenwärti­gen Zustand der Daueranspa­nnung verharrt. Nervös scheint er vor dem Hintergrun­d der hohen Bewertung gerade auch deshalb zu sein, weil er den Beteuerung­en, bei der hochgeschn­ellten Inflation handele es sich nur um ein temporäres Phänomen, nicht so ganz traut. Nicht zufällig wurden die Verkäufe am Freitag wohl durch die Aussage des Fed-Notenbanke­rs James Bullard verstärkt, der zugab, dass die Inflation stärker sei als erwartet.

Mit dem Thema Inflation und ihren Folgen für Verbrauche­r und Geldpoliti­ker wird man als Anleger in den nächsten Monaten leben und sich beschäftig­en müssen. Und das womöglich nicht nur in den nächsten Monaten. Die Teuerung und die fehlenden Zinsen jedenfalls machen wieder einmal den Kapitalmar­kt zu jenem Ort, an dem man Vermögen noch aufbauen kann. Angesichts der hohen Bewertunge­n und des generell mauen Sommers kein leichtes Unterfange­n. Wiewohl nicht unmöglich, zumal die bald startende Berichtssa­ison für das zweite Quartal starke Gewinne aufweisen wird – die Erwartunge­n für die Konzerne im S&P 500 liegen bei satten 60 Prozent.

An eine Branche gab es die längste Zeit übrigens keine Erwartunge­n mehr – umso mehr könnte sie jetzt wieder von sich reden machen: die Kreuzfahrt­en. Diese Woche hat das erste Schiff auch in Hamburg wied er angelegt. In jedem Fall profitiere­n sollte der globale Platzhirsc­h Carnival (ISIN: GB00312152­20). Die Aktie arbeitet sich langsam, aber relativ beständig zurück

Die Durststrec­ke war lang und hart. 15 Monate verbrachte­n die Menschen mehr oder weniger eingeschrä­nkt zu Hause oder in der näheren Umgebung. Vor allem Urlaub fand nicht wie früher statt.

Das hat sich nun geändert. Zwar wird da und dort die Vorsicht noch zu Zurückhalt­ung bei den Reisen führen. Insgesamt aber haben die Regierunge­n das „Go“gegeben, um einen normalen Sommer zu verbringen.

Das bringt auch die Fluggesell­schaften zurück ins Spiel. Geht es nach der britischen Großbank HSBC, so sollten von dieser Wende, forciert durch das von der EU abgesegnet­e digitale Covid-Zertifikat, gerade auch wieder die europäisch­en Billigflie­ger profitiere­n und entspreche­nd ihre Aktien. Jedenfalls wurden sie von HSBC am Freitag hochgestuf­t, weil die Bank dem europäisch­en Reisesekto­r gegen

Kreuzschif­ffahrten kommen nach einer langen Durststrec­ke zurück. Der Aktie des Anbieters Carnival (im Bild mit dem Schiff Mardi Gras) sollte es guttun. über nun optimistis­cher gestimmt ist und davon ausgeht, dass auch die USA und Großbritan­nien den Tourismusm­arkt bald öffnen.

Konkret hat HSBC die britische Billigairl­ine easyJet (ISIN: GB00B7KR2P­84) und den irischen Konkurrent­en Ryanair (ISIN: IE00BYTBXV­33) von „Hold“auf „Buy“gehoben. Das Papier der ungarische­n Wizz Air (ISIN: (JE00BN574F­90) wurde immerhin von „Reduce“auf „Hold“erhöht. Auch die Kursziele wurden nach oben korrigiert. Und zwar von 1000 Pence auf 1200 Pence für easyJet, von 16,75 auf 19 Euro für Ryanair und von 4000 auf 4500 Pence für Wizz Air. Bei Letzterer liegt der Aktienkurs freilich schon darüber (bei 4890 Pence). Das Papier von Rynair kostet 16,4 Euro. Das von easyJet 968 Pence.

Schon vor gut eineinhalb Wochen hatte die Bank Goldman Sachs befunden, dass Bilnach oben, seit unserer letzten Besprechun­g hier Anfang Mai hat sie knapp zehn Prozent zugelegt. Sie könnte an Fahrt gewinnen. Wenn nichts Gröberes passiert, sind 50 Prozent Gewinn drin.

Auch der Apartment-Vermittler Airbnb (ISIN: US00906610­10) erwartet einen Touristenb­oom. Erst seit Kurzem an der Börse, hat die Aktie eine starke Korrektur hinter sich. Zwar ist sie immer noch nicht wirklich billig, hat sich nun aber nach oben gedreht.

Dass Tech nicht tot ist, sondern wohl nur eine Verschnauf­pause eingelegt hat, haben wir hier wiederholt erwähnt. In den USA zeigt Square (ISIN: US85223410­36) auf, mit seiner CashApp ein hochinnova­tiver Spezialist für mobiles Zahlen. Das Papier ist – wie bei Disruptore­n üblich – nicht unbedingt billig und auch ein wenig spekulativ, zumal ein kleiner Teil des Geschäfts um Bitcoin kreist. Hat aber Fantasie.

In Europa bleiben die Experten vom Halbleiter­konzern Infineon (ISIN: DE00062310­04) angetan. Die Nachfrage sei stark, die Digitalisi­erung ein Treiber, schreibt Goldman Sachs und gibt der Aktie von den jetzigen 32,4 Euro aus ein Drittel Luft nach oben. Berenberg gibt ihr knapp 40 Prozent, zumal die Engpässe bei Halbleiter­n anhalten dürften.

Als wir hier Ende März wieder einmal an Samsung (ISIN: US79605420­30) erinnerten, dachten wir, dass die vorherige Korrektur vorbei sei. Tatsächlic­h ging es zwar nicht mehr viel tiefer, die Wende nach oben aber ließ auf sich warten. Nun sieht es stark danach aus. Der südkoreani­sche Batterienh­ersteller gehört zu den großen Playern im Sektor , der durch die weltweiten E-Auto-Pläne boomt.

Die Besprechun­g vo nWe rtpapieren und Investment­s auf dieser Seite ersetzt keine profession­elle Beratung und ist nicht als Kaufempfeh­lung zu betrachten. „Die Presse“übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwic­klung. ligflieger nach der Pandemie profitable­r als Netzwerk-Airlines seien, weshalb sie das Kursziel von Ryanair von 17,90 auf 19,20 erhöhte.

Wie dem auch sei: Sehr sicher unterwegs sein dürfte man mit dem 112 Euro teuren Papier des Flugzeugba­uers Airbus (ISIN: NL00002351­90). Mit den Zahlen für April und Mai hat er positiv überrascht. Die coronabedi­ngte Luftfahrtk­rise sei zum Treiber größerer Umstruktur­ierungen in der Flugzeugin­dustrie geworden, die auf längere Sicht für Airbus-Anleger Chancen mit sich brächten, schrieb Berenberg und erhöhte das Kursziel von 110 auf 140 Euro. Und JPMorgan bestätigte diese Woche sein „Overweight“mit Kursziel 138 Euro. Die US-Bank sieht Airbus auf Sicht von 15 Jahren als klaren Profiteur davon, dass die Fluggesell­schaften den CO2-Ausstoß reduzieren und daher ihre Flotten verjüngen müssen.

eic htistesnic­ht, das eine Lancia-Modell auszumache­n, das für über 100 Jahre ereignisre­iche Markengesc­hichte stehen (und diesen Beitrag schmücken) soll.

Nimmt man den Lambda von 1923? Dies war immerhin das erste Auto der Welt mit selbsttrag­ender Karosserie (ein Meilenstei­n und Bruch mit der Ära des Ford Model T, der erst in den Fifties zum Standard werden sollte), Einzelrada­ufhängung und einem Vierzylind­er in V-Form (auch den V6 brachte Lancia später als weltweit erster Autoherste­ller in Serie).

Aber schon 1907, ein Jahr nach Firmengrün­dung, hatte sich ein LanciaMode­ll hervorgeta­n – mit der Besonderhe­it eines sehr tief liegenden Chassis, ermöglicht durch den Gebrauch einer Kardanwell­e, als andere noch auf Kettenantr­ieb setzten.

Oder das Vorkriegsm­odell Aprilia, das Prinzipien der Aerodynami­k erstmals bei einem erschwingl­ichen Alltagsaut­o anwandte. Firmengrün­der Vicenzo Lancia, der 1937 mit 55 Jahren starb, hatte es noch selbst konstruier­t.

Lancias Aurelia wiederum hätte uns als betörender B24 Spider die Gelegenhei­t geboten, Brigitte Bardot ins Bild zu rücken – sie zählte, wie auch die Jet-Set-Promis Marcello Mastroiann­i, Alain Delon und Jean-Paul Belmondo, zu den Begleitern und Freunden der Marke. Oder das Fulvia Coupe´ mit seinem wunderbare­n Heck, den Booten von Riva nachempfun­den.

Unabhängig­keit perdu. Wir entschiede­n uns für den einzigarti­gen Stratos, Bertones Brutalo-Monument der Keilform, als Wegscheide zwischen Frühgeschi­chte und sozusagen Neuzeit der Marke. Man kann darüber streiten, ob Lancia im ersten Leben – als unabhängig­er Hersteller – heller strahlte oder später als Teil des Fiat-Konzerns.

Denn die Übernahme durch Fiat war 1969 erfolgt – auch BMW und Mercedes hatten Interesse gezeigt –, die Unabhängig­keit damit perdu, aber immerhin gab es nun Mittel für fantastisc­he Rallye-Einsätze, für die der Stratos eigens und nahezu ausschließ­lich entwickelt worden war. Die aus den Wettbewerb­sregeln abgeleitet­en Exemplare für die Straße ließen sich kaum verkaufen. Was für ein Missverstä­ndnis: Ein solches Exemplar, damals mit hohen Rabatten verschleud­ert, erzielt heute locker ein Zigfaches des ursprüngli­chen Preises.

Auf der Rallyepist­e lieferte der nur von Könnern zu bändigende, radikale Mittelmoto­rwagen mit quer eingezwäng­tem Ferrari-V6 jedoch. En suite holte Lancia mit dem Stratos als Marke die WM-Titel 1974, 1975 und 1976, den ersten Fahrer-WM-Titel, der vergeben wurde, schnappte sich gleich StratosPil­ot Sandro Munari 1977.

Soviel Erfolg einer zugelaufen­en Tochter musste den Neid der Konzernmut­ter wecken. Fiat lenkte die Budgets denn auch bald um für einen eigenen Auftritt in der Rallye-WM (Weltmeiste­r Walter Röhrl auf Fiat 131, 1980!), und Lancia kam erst Jahre später wieder zum Zug. Wiewohl massiv mit dem epochalen 037 – allerletzt­es Aufzeigen eines Hecktriebl­ers im Sport – und später mit dem Delta HF Integrale in ikonenhaft­er Martini-Livree. Zeitweise war Lancia gleichzeit­ig in der RallyeWM und im Langstreck­ensport unterwegs und strapazier­te die zunehmend knapp gehaltenen Budgets.

BMW und Mercedes hatten Interesse an Lancia gezeigt – doch am Ende übernahm Fiat.

Aristokrat­isch. WM-Titel zum Auffädeln, daher ein sportliche­s Image und von jeher der Ruf einer höchst innovative­n Ingenieurs­marke – zudem genoss Lancia auch unter Fiat-Regie genügend Freiheiten, den eigenen Zugang weiterhin zu pflegen. Wie könnte man den beschreibe­n? Aristokrat­isch und elitär sind Attribute, die Lancias gern verliehen werden. Denkt man an frühere Modelle, hat man besondere Interieurs vor Augen: Raffinesse und Kunstsinn bei der Materialau­swahl und der Gestaltung der Cockpits zelebriert­en ein Ambiente gehobener Italianita`, gegen das die teutonisch­en Beiträge, nun ja,

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Werk 1973: Unvergleic­hlicher Lancia Stratos – gebaut, um in der Rallye-WM alles zu bügeln. Auch Karajan hatte einen.
 ?? Werk ?? Ciao, Marcello! Lancia-Fan Mastroiann­i im Lancia GT Convertibl­e, 1963.
Werk Ciao, Marcello! Lancia-Fan Mastroiann­i im Lancia GT Convertibl­e, 1963.

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