GEBROCHENE LANZE
Geschichte. Die 1906 von Vicenzo Lancia gegründete Marke (frühes Logo: Lanze, Banner, Lenkrad) zählt zu den ältesten unterdemDachdes Stellantis-Konzerns, nur Peugeot und Opel bauten davor schon Autos. Lancia zählt zu den innovativsten Herstellern der Automobilgeschichte. 1969 von Fiat übernommen, folgten einige gute Jahre, mit den frühen 1990ern als Hochblüte.
Zukunft. Heute ist Lancia auf ein einziges Modell reduziert und tritt nur auf dem Heimmarkt Italien auf. Stellantis ließ soeben mit der Meldung aufhorchen, die Design-Belange der Marke würden zur Chefsache (des obersten Stylisten im Haus) gemacht. Das bedingt aber auch neue Modelle, die eine Wiedergeburt von Lancia einleiten könnten. eben sehr deutsch erschienen. Zeitlose Schönheiten hat Lancia ausreichend produziert, um mühelos ein ganzes Museum zu bestücken. Doch inzwischen ist die einst Funken sprühende Marke selbst zu einem Museum verkommen.
Dass Eigensinn und Extravaganz in einer Autowelt der Konzern-Synergien und gemeinsamen Plattformen einen schweren Stand haben , ist ein allgemeines Phänomen. Lancia konnte sich zunächst in Gemeinschaftsprojekten mehrerer Marken – auch solcher, die nicht zum Konzern gehörten, wie Saab – gut behaupten. Anfang der 1990er produzierte die Marke ihre höchsten Stückzahlen, die Modelle hießen Dedra, Delta, Kappa. Mit dem Thesis wurde schließlich pure Avantgarde in der Oberklasse gefeiert – leider ohne Erfolg am Markt. Ein außergewöhnlicher Beitrag, dem die gebührende Verehrung als Youngtimer durch chronische Elektronik-Zores wohl versagt bleiben wird.
Chrysler-Modelle als Lancias verkaufen: Das Experiment endete erwartungsgemäß.
Dann gingen auch im Konzern Fantasie und Zuneigung. Fiat-Boss und Zahlenjongleur Sergio Marchionne gelang zwar das Kunststück, den US-Hersteller Chrysler (samt Jeep und Dodge) zum Spottpreis einzugemeinden, aber die Idee, Chrysler-Modelle in Europa als Lancia zu vermarkten, konn te den Enthusiasten nur Schmerzen bereiten – und kaum neue Kunden überzeugen. Nach dem Experiment wurden die Rollläden auch gleich heruntergelassen – und der Verkauf von Lancias auf den italienischen Heimmarkt reduziert, mit einem einzigen Modell. Der Kleinwagen Lancia Ypsilon ist mittlerweile zehn Jahre alt, dabei stand er von Hausausaufke iner frischen Fiat-Plattform. Dass er sich in Italien dennoch gut verkaufte, führte zum Kuriosum, dass die solcherart beschnittene Marke mehr verkaufte als Alfa Romeo weltweit – die andere vernachlässigte Perle im Sortiment, das nun zum franko-italo-amerikanischen Stellantis-Imperium gehört. Dort kümmert sich nun der oberste Stylist um die Geschicke von Lancia – ob und welche Modelle jedoch entwickelt werden, darüber schweigt man bislang. Es ist ein Hoffnungsschimmer und im besten Fall: ein Lebenszeichen.