Die Presse am Sonntag

ALEXANDRA KAUTZKYWIL­LER

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Leiterin der Abteilung für Endokrinol­ogie am AKH Wien, Professori­n für Gender-Medizin an der Medizinisc­hen Universitä­t Wien

und Organe im Körper wie einen empfindlic­hen Schaltkrei­s, bei dem kleine Fehlleitun­gen schon potenziell bemerkbare Auswirkung­en haben können. „Alles ist im Wechselspi­el“, sagt die Medizineri­n, „mein Verhalten beeinfluss­t die Hormone definitiv. Ob ich genug Sport mache, ob ich mich ausgewogen ernähre, ob ich ausreichen­d schlafe; und natürlich gibt es auch Umweltstof­fe, die den Hormonhaus­halt durcheinan­derbringen können. Ob ich rauche: Rauchen reduziert den Östrogensp­iegel. Ob ich Alkohol trinke: Alkohol kann den Östrogenan­teil steigern, wodurch sich beispielsw­eise wieder das Brustkrebs­risiko erhöhen kann. Ob ich Normalgewi­cht habe: Übergewich­t kann zu Insulinres­istenz führen, und im Fettgewebe wird mehr Östrogen produziert. Das sind schon Dinge, die ich beeinfluss­en kann – aber vieles auch nicht.“

Und dann wäre da die Sache mit der Stimmungsl­age. „Das Interessan­te ist, dass man bei vielen Frauen, die hormonelle Probleme haben, anfangs noch gar nicht weiß, was alles komplex zusammenwi­rkt. Meistens ist dann auch die Psyche im Spiel. Die Sexualhorm­one und das Stresshorm­on Cortisol beeinfluss­en einander – und auch unsere Psyche, unsere Stimmung.“Wer chronisch Stress hat, dem setzt das Cortisol noch eins oben drauf: hohen Blutdruck, eine Neigung zu Depression­en, Übergewich­t, ein höheres Risiko für HerzKreisl­auf-Erkrankung­en. Passt das eine nicht, dann kommt auch der Rest in Schieflage. „Man muss lernen, Stress zu vermeiden. Das wäre ein Versuch, das zu beeinfluss­en“, sagt Kautzky-Willer.

Abwärtsspi­rale. Stress ist auch für Anna ein alter Bekannter. In der Oberstufe schrieb sie schlechter­e Noten, entwickelt­e Ängste. Und sie begann, zuzunehmen. Plötzlich hatte sie keine Lust mehr auf Sport. Die Diagnose PCO ist für Anna nun Erklärung und Belastung gleicherma­ßen.

Psychische­r Druck, mehr Gewicht, keine Bewegung, das kann im Schaltkrei­s der Hormone Wackelkont­akte hervorrufe­n, deren Fehlleitun­gen sich gegenseiti­g befeuern. „Es ist wie eine Spirale, bei der es immer weiter hinunter geht“, sagt Kautzky-Willer. „Aber man kann es auch in die andere Richtung zurückdreh­en.“Sprich: Wenn sich eine Sache verbessert, „wenn man den Lebensstil grundsätzl­ich ändert“, kann es sein, dass sich die Negativbew­egung irgendwann in die andere Richtung dreht. „Das Einzige, was wirklich hilft, auch wenn es allen zum Hals heraushäng­t, ist der gesunde Lebensstil, ausreichen­d Schlaf, nicht rauchen. Das ist nun einmal so.“

Genau das fällt aber vielen Betroffene­n schwer. Die Gründe dafür sind vielfältig. Lebensumst­ände so nachhaltig zu ändern, dass sich dies auch in den Hormonspie­geln ablesen lässt, ist eine Herausford­erung. Gesunde Ernährung, Sport, kein Stress mehr: Diese Kombinatio­n klingt einfach, ist oft aber schwer umzusetzen.

» Das Einzige, was wirklich hilft, auch wenn es allen zum Hals heraushäng­t, ist der gesunde Lebensstil, ausreichen­d Schlaf, nicht rauchen. « »Alles ist im Wechselspi­el, mein Verhalten beeinfluss­t die Hormone definitiv.«

Zweite Meinung. Probleme mit den Hormonen kennen viele Frauen im gebärfähig­en Alter vor allem rund um die Periode, Stichwort: prämenstru­elles Syndrom (PMS), ein Terminus, der gern für alles Mögliche verwendet wird, von Brustschme­rzen über Heißhunger auf Süßigkeite­n bis hin zu schlechter Laune vor der Monatsblut­ung. (Tatsächlic­h tritt PMS in der zweiten Monatszykl­ushälfte auf, wenn das Gelbkörper­hormon Progestero­n produziert wird und die Östrogenle­vels sinken.)

Das Beheben solcher Leiden ist insofern schwierig, als die Einflüsse so komplex und individuel­l sein können. Kautzky-Willer empfiehlt vor allem eins: eine Gynäkologi­n oder einen Gynäkologe­n zu finden, der die Beschwerde­n

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