Die Presse am Sonntag

Kunstwerte

WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN

- VON EVA KOMAREK

Oasis der Kryptokuns­t. Das traditions­reiche Auktionsha­us Sotheby’s hat einen virtuellen Zwilling seines Londoner Headquarte­rs in der Krypto-Metawelt Decentrala­nd eröffnet.

Die Oasis, ein virtuelles Metaversum, in dem Menschen dem Alltag entfliehen und fast alles tun und erleben können, steht im Zentrum des 2018 erschienen­en Blockbuste­rfilms „Ready Player One“. Der Film zum gleichnami­gen Buch spielt im Jahr 2045. Doch so weit entfernt von so einer Plattform sind wir gar nicht. Schon heute existieren Metaversen wie Decentrala­nd, Sandbox, Cryptovoxe­l oder Somnium Space. Es handelt sich um Blockchain-basierte bunte Cyberlands­chaften, in denen jeder in Form eines Avatars agieren kann. Mit einem Comic-Alter-Ego kann man online einkaufen, Grundstück­e erwerben, Ausstellun­gen, Konferenze­n oder Konzerte besuchen und sich mit anderen Menschen treffen. Mit dem derzeitige­n Hype rund um Non-Fungible Tokens (NFT) – das Besondere an diesen Tokens ist, dass sie weder austauschb­ar noch replizierb­ar sind – entwickelt sich ein riesiger virtueller Markt, basierend auf echtem Geld: Kryptowähr­ungen, versteht sich. NFTs kommen überall dort zum Einsatz, wo virtuelle Güter als einmalige Objekte gesammelt und gehandelt werden können. Gucci zum Beispiel verkauft virtuelle Sneaker, die man in der digitalen Welt den Avataren anziehen kann. Und wer sich in der Metawelt ein Grundstück oder Haus gekauft hat, will es auch hochwertig einrichten. Der argentinis­che Designer Andre´s Reisinger etwa verkauft virtuelle Möbel. Nach Angaben der Plattform Decentrala­nd wurden bereits digitale Objekte wie Grundstück­e, Nutzername­n oder Avatar-Outfits im Volumen von 50 Millionen Dollar verkauft. Größter Deal bislang war der Erwerb eines 41.216 Quadratmet­er großen Grundstück­s für 572.000 Dollar.

Virtuelles Galerienvi­ertel. Kaum überrasche­nd entdeckt auch der Kunstmarkt die Metawelten für sich. Der Berliner Galerist Johann König beispielsw­eise hat in Decentrala­nd eine Ausstellun­g organisier­t und nützt die Plattform für NFT-Kunst. Und jüngst hat auch Sotheby’s, das älteste Auktionsha­us der Welt, eine Niederlass­ung in Decentrala­nd eröffnet. Kryptokuns­t-Fans können nun im Voltaire Art District – das ist das Galerienvi­ertel von Decentrala­nd – im virtuellen Zwilling des New-Bond-Street-Gebäudes von Sotheby’s in London Kunst ansehen, sich mit Sammlern, Künstlern und Besuchern treffen und austausche­n. Diese Initiative zeigt, dass Sotheby’s wohl groß in das Geschäft mit NFT-Kunst einsteigen will. Dass diese Form der Kunst gerade in Zeiten der Pandemie den Mainstream erreicht, ist kaum ein Zufall. Wie in „Ready Player One“können sich Kunstbegei­sterte in die virtuelle „Oasis“der Kryptokuns­twelt flüchten.

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