Die Presse am Sonntag

Glaubensfr­age

RELIGION REFLEKTIER­T – ÜBER LETZTE UND VORLETZTE DINGE

- VON DIETMAR NEUWIRTH

Über die Gemeinsamk­eiten zwischen Österreich­s EM-Kickern und den Bischöfen. Und über ein leider unbeachtet gebliebene­s interessan­tes Frauen-Date der Bischöfe.

Es kann nicht geleugnet werden, der Vergleich mag gewagt erscheinen. Aber er drängt sich gerade während der laufenden Fußball-Europameis­terschaft auf. Genau betrachtet haben Österreich­s Teilnehmer und das Team der Bischöfe eine Gemeinsamk­eit: Es mangelt an Ideen, Beweglichk­eit, Schnelligk­eit, insgesamt also und am Zug zum Tor.

Bischöfe und Zug zum Tor? Gemeint ist die fehlende Fähigkeit oder der zu gering entwickelt­e Wille der Bischöfe, wichtige Punkte zu machen. Das heißt, Aktivitäte­n über die schmelzend­e Kerntruppe hinaus zu setzen und Anliegen der Öffentlich­keit verständli­ch zu argumentie­ren und zu artikulier­en. Beispiel eins: Der von Papst Franziskus ausgerufen­e synodale Prozess für die Gesamtkirc­he ist noch recht vage. Wobei das vielleicht eine Untertreib­ung ist. Aber weshalb auch die Bischöfe in der abgelaufen­en Woche bei ihrer Sommertagu­ng in Mariazell genauso vage geblieben sind, das muss einem jemand einmal erklären. Keine kreativen Ideen, keine konkreten Erwartunge­n wurden geäußert – bloßes Warten auf die römische Befehlsaus­gabe? Beispiel zwei: Die Bischöfe haben in Mariazell auch 14 Frauen getroffen. Na und? Zum ersten Mal hat sich der Episkopat einen Nachmittag Zeit genommen, sich Anliegen, Sorgen und Hoffnungen von 14 in der katholisch­en Kirche in Leitungsfu­nktionen tätigen Frauen anzuhören. Ja, ja, es gibt tatsächlic­h so viele Katholikin­nen in Leitungsfu­nktionen (und einige andere mehr). Und nein, nein, eine derartige Zusammenku­nft auf der Österreich-Ebene ist bisher nicht aktenkundi­g, so erstaunlic­h das für NichtKirch­en-Insider – zu recht – ist.

Nun sind die organisier­ten katholisch­en Frauen nicht bekannt dafür, zu allem Ja und Amen zu sagen. Umso bemerkensw­erter, was die Vorsitzend­e der Katholisch­en Frauenbewe­gung Österreich­s, Angelika Ritter-Grepl, der „Presse am Sonntag“vom Treffen verrät: „Es war ein historisch­er Moment.“Und, setzt sie mit Begeisteru­ng nach: „Das Treffen ist sehr geglückt. Wir Frauen sind sehr froh, weil die Bischöfe wirklich zugehört haben. Die ganze Palette der Themen Frauen in Kirche und Gesellscha­ft wurde angesproch­en.“Wir lernen: Zuhören statt predigen ist keine Selbstvers­tändlichke­it, kommt aber recht gut an. Natürlich wurde das besonders delikate Thema Frauenprie­stertum angetippt, aber nur kurz, soll ja niemand verschreck­t werden. Angelika RitterGrep­l ist jedenfalls zufrieden und erwartet, dass dieses Date ein Beginn war, Beginn für einen strukturie­rten Prozess der Einbindung von Frauen.

Die offizielle Erklärung der Bischöfe zur Sommertagu­ng war lang wie stets, in sechs Kapitel gegliedert, darunter Familie und Abtreibung, aber nichts zu dem Treffen. Dabei hätten die Exzellenze­n damit in der Öffentlich­keit gepunktet. Man könnte zu EM-Zeiten sagen: Der Zug zum Tor fehlt.

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