Die neue Allmacht der Opec
Das Ölpreiskartell gibt seit Jahrzehnten den Ton auf dem Rohölmarkt an. Der Einfluss der Allianz könnte künftig sogar noch größer werden. Ausgerechnet der Westen ist schuld daran.
Alle Welt braucht es, aber nicht alle haben es: Rohöl. Zwar hoffen viele Nationen darauf, eines Tages ohne den schmierigen schwarzen Brennstoff auskommen zu können. Doch noch ist es nicht so weit, weshalb die globale Weltwirtschaft penibel auf Preisänderungen in diesem hochsensiblen Markt achtet. Schließlich ist sie ziemlich abhängig davon.
Jahrzehntelang hat das Ölkartell Opec, bestehend aus Mitgliedern wie Saudiarabien und Kuwait, den Ton in dem System angegeben. Man bestimmte über Förderquoten und sorgte mit künstlicher Rohölverknappung oder mit der Erhöhung von Produktionsmengen für Preise, die alle zu schlucken hatten. Angesichts starker Preissteigerungen in den vergangenen Wochen sieht es dieser Tage so aus, als ob die Opec sogar drauf und dran wäre, ihren Einfluss noch weiter auszubauen – sofern sie sich nicht selbst im Weg steht. Schuld daran sind ausgerechnet die USA und mit ihr die gesamte westliche Hemisphäre.
Ein Szenario, das man so bei der Opec wohl nicht vor Augen hatte. Denn in der ersten Hälfte der 2010er-Jahre sah es lange Zeit so aus, als würden die USA das Ölkartell in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Mit der Entdeckung und dem großflächigen Einsatz von Schieferöl (das mittels Fracking unter Einsatz von Chemie gefördert wird) konnte die größte Volkswirtschaft der Welt nämlich plötzlich sehr viel Öl fördern – weshalb die USA zu einer Energiesupermacht avancierten, die als veritabler Gegenspieler in dem Gefüge auftrat.
Bei der Opec schrillten damals die Alarmglocken, schließlich drohte sie ihren Status als Alleinherrscherin über das schwarze Gold zu verlieren. Das Kartell sah sich zum Handeln gezwungen und drehte den Ölhahn so lang auf, bis der Preis in den Keller fiel. Der amerikanischen Frackingindustrie wollte man auf diese Weise zeigen, wer der eigentliche Herr im Haus ist. Die Branche in den USA kann nämlich nur gewinnbringend arbeiten, wenn ein bestimmtes Preisniveau erreicht ist, während die Saudis und ihre Verbündeten das Öl deutlich günstiger fördern. Es dauerte folglich nicht lang, bis die US-Industrie am Boden lag.
Zwar ließen sich die Amerikaner nie ganz in die Knie zwingen und kehrten immer wieder als Machtfaktor zurück, doch mit der Coronakrise hat sich das Blatt nun offenbar gewendet. Das Land dürfte als Gegengewicht zur Opec in absehbarer Zeit keine bedeutende Rolle mehr spielen. Die US-Schieferölindustrie ist seit dem Ausbruch der Pandemie vorsichtiger geworden.
Haben die Unternehmen früher wie wild Bohrtürme aufgestellt, um nach immer mehr Öl zu suchen, scheint sich in den letzten Monaten so etwas wie Ermüdung breit gemacht zu haben. Das liegt nicht nur daran, dass die Firmen inzwischen versuchen, ihr Kapital zusammenzuhalten, anstatt jeden Dollar sofort in neue Mannschaften und Ausrüstung zu investieren. Auch die Banken sind immer weniger bereit, Kredite an diese Firmen zu vergeben. Denn Darlehen rentieren sich nur, wenn sie zurückbezahlt werden, doch die Schulden innerhalb der Industrie sind schon jetzt exorbitant hoch.
Auch die Nachhaltigkeit wird der Branche immer mehr zum Verhängnis. Nachdem das Thema bislang vor allem auf europäischem Boden breitgetreten wurde, ist es nun auch in den USA angekommen. Die Schieferölproduktion ist alles andere als umweltfreundlich, da will sich kein großer Investor mehr die Finger verbrennen – schon gar nicht, wenn er sich den Klimaschutz auf die Fahnen geheftet hat.
Windrad statt Ölfeld. Hinzu kommt, dass auch die großen US-Ölunternehmen nicht mehr machen können, was sie wollen. So musste etwa Chevron in seiner jüngsten Hauptversammlung dem Wunsch von Investoren nachgeben und einem Entwurf zur Verringerung von CO2-Emissionen zustimmen. In Europa sehen sich die Ölkonzerne ebenfalls unter Zugzwang, umweltfreundlich zu agieren. Viele sind das auch, wenngleich nicht immer ganz freiwillig. Ein Gericht verurteilte den britisch-niederländischen Ölkonzern Shell etwa erst kürzlich dazu, seine Kohlendioxid-Emissionen stärker als bisher zu senken. Mehrere Umweltorganisationen hatten den Konzern geklagt.
Um den Anstieg der Treibhausgase in den Griff zu bekommen, sind erneuerbare Energien für die Ölmultis oft das erste Mittel der Wahl. Was allerdings dazu führt, dass die Konzerne ihr Geld vor allem in diesen Bereich stecken, während sie die Suche nach neuen Ölfeldern vernachlässigen. „Doch global gesehen werden wir in den nächsten zehn Jahren mehr Öl brauchen“, sagt
Die Schieferölproduktion ist alles andere als umweltfreundlich.
gern wieder ganz normal arbeiten können, ich hätte gern wieder einen normalen Betrieb und würde auch wieder gern Gäste beherbergen. Aber das geht derzeit eben nur eingeschränkt, weil es nach Meinung mancher Experten noch bis ins Jahr 2022, vielleicht sogar bis 2023 oder 2024 dauern wird, bis der internationale Tourismus wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Ich würde mir von der Regierung wünschen, dass ich jetzt schon weiß, wie es nach dem September, wenn die vorerst verlängerten Hilfen auslaufen, weitergeht, damit ich Planungssicherheit habe.
Köstinger: Daran arbeiten wir derzeit. Unsere aktuellen Hilfen zielen auf die von der Coronakrise immer noch stark betroffene Stadthotellerie ab. Ich gehe davon aus, dass diese Hilfen für die direkt betroffenen Branchen mit hohen Verlusten über den September hinaus verlängert werden. Wir haben als Bundesregierung so viel Geld in die Hand genommen – 35 Milliarden Euro –, da werden wir nicht auf den letzten Metern aufgeben. Gerade der Tourismus ist insgesamt für Österreich ein enorm wichtiger Wirtschaftsfaktor, in den vergangenen 15 Jahren hat er 40.000 Arbeitsplätze geschaffen, in der Baubranche waren es zum Vergleich 10.000. Der Tourismus ist für uns ein Wachstumsmotor.
Aktuell haben wir das Problem, dass Hotels und Restaurants im Westen Österreichs Mitarbeiter suchen, die im Osten in der Kurzarbeit geparkt sind.
Köstinger: Da muss ich widersprechen: Wir haben auch in der Stadthotellerie Probleme, Mitarbeiter zu bekommen. Natürlich ist es für einzelne Betrieb wichtig, Mitarbeiter zu behalten – daher die Kurzarbeit –, weil sie nur so die entsprechende Mannschaft haben, wenn wieder Gäste kommen und alles wieder normal läuft. Das Thema muss eher sein, wie wir Arbeitslose wieder in die Beschäftigung bringen – und hier vor allem in Bereiche, in denen Arbeitskräfte benötigt werden. Und da gibt es in
Wien die gleichen Probleme