Nicht mehr so wie früher
Johanna Adorj´an nimmt in ihrem neuen Roman, »Ciao«, die Erschütterung der Männer durch den Feminismus aufs Korn. Treffend, kurzweilig und komisch.
Hans Benedek ist es gewohnt, im Mittelpunkt zu stehen. Wenn der gefragte Feuilletonist der „Zeitung“den Raum betritt, zieht er wie selbstverständlich die Aufmerksamkeit auf sich. Ein Alphamann ist er im Büro und auch zu Hause, wo ihn die Gespräche mit seiner Frau, Henriette, und Tochter Emma peripher berieseln.
An einer Stelle in Johanna Adorja´ ns Gesellschaftssatire „Ciao“über den „alten“Mann heißt es: „Henriette hatte neulich irgendwo gelesen, dass Männer in leitenden Berufen nie aufhörten, Männer in einem leitenden Beruf zu sein. Dass ein Chef nie sein Verhalten der Umgebung anpasste, weil er nicht musste, es wurde nicht von ihm erwartet, anders als etwa von einer Chefin, die abends zu Hause vielleicht Mutter war oder mit Freundinnen Freundin.“
Ja, so einer ist Hans. Über das Leben der anderen Familienmitglieder weiß er nicht viel. So entgeht ihm, dass Henriette, die vor vielen Jahren einen Gedichtband veröffentlicht hatte, des nächtens wieder heimlich Poesie schreibt. Während sie ihre Stimme wiederfindet, ist es ausgerechnet Hans’ Plan von einem Interview mit einer aufstrebenden Jungfeministin, der ihm eine harte Landung in einer neuen Realität beschert.
Adorja´n porträtiert in „Ciao“ein Exemplar des von sich überzeugten weißen Mannes, das allmählich die gewohnte Sicherheit verliert. Hans fällt sein Abstieg allerdings als Letztem auf. Wie es zu dieser Erschütterung kommt, beschreibt die Autorin gekonnt und komisch, mit augenzwinkernder Sympathie für ihre strauchelnden Figuren.
Johanna Adorj´an: „Ciao“, Kiepenheuer & Witsch, 272 S., 20,95 Euro