Wie der Zeitgeist durch Romane
Man kann Sommerlektüre auf viele Arten empfehlen – etwa mit einem Motivstreifzug durch neue Romane. Eine Einladung zum Lesen und Weiterdenken.
Warum veröffentlichen gleichzeitig zwei Schriftstellerinnen auf Deutsch einen Roman, in dem eine Computerpionierin des 19. Jahrhunderts eine tragende Rolle spielt? Warum schreiben gleichzeitig zwei in Oberbayern geborene Autoren eine romantische Liebesgeschichte, in der die Angebetete einen leichten Gehfehler hat? Wenn sich auf dem Buchmarkt Motive doppeln, mehren oder sogar häufen: Ist es Zufall oder Zeitgeist? In manchen Fällen ist es klar – etwa bei der seit Jahren anhaltenden literarisch inszenierten Landflucht, der zunehmenden Verbindung von Kolonialismus und Holocaust oder der Thematisierung von Identitätsfragen. Aber wie ist es mit Geschichten über Dörfer, in denen sich die Welt der Erwachsenen völlig von jener der Kinder abkoppelt, die Elterngeneration rätselhaft abwesend ist? Oder mit rätselhaften Seelenwanderungen quer durch die Zeiten? Und überlebt der literarische Road-Trip, einst Vehikel innerer Befreiung, den Klimawandel? Eine Trip durch neue Romane. im Konzept verursacht? Beide Male ist Ada Lovelace auf geheimnisvolle Weise mit Frauen diverser Zeiten und Welten verbunden: bei Otoo mit einem Kolonialisierungsopfer des 15. Jahrhunderts, einer Sexsklavin im KZ und einer heutigen Berlinerin; bei Clavadetscher mit einer chinesischen Sexpuppen-Fabriksarbeiterin, einer Upperclass-Frau in Manhattan und einer das Lügen, also auch Erfinden lernenden Sexpuppe.
Beide Male wird vieles mit (zu) vielem verbunden, in einem Mal naiv und sprachlich holprig, im anderen Fall kunstvoll, letztlich aber doch etwas „verkopft“. Stellen wir ihn also fest, den Ada-Trend, und warten wir weiter auf den großen Roman dazu.