Culture Clash
FRONTNACHRICHTEN AUS DEM KULTURKAMPF
Männerheimat. Das Phänomen Fußball und die Polemik rund um menstruierende Männer auf Sachsens Herrentoiletten zeigen, dass das biologische Geschlecht nicht unerheblich ist.
Ein spannender Kontrast: Auf der einen Seite die Fußballeuropameisterschaft, so etwas wie ein Hochfest des Maskulinen. Fußballturniere bringen in der Regel das Attraktivste am Mannsein zum Vorschein: Das gleichermaßen raue wie herzliche Interagieren im Team, das die Selbstdarstellung des Einzelnen einem gemeinsamen Ziel dienstbar macht. Geballte Kraftanstrengung. Bubenhafte Heldenpose. Ritterlichkeit. Die einsame Tragik des Schlussmannes. Und jedes Foul ist ein sehr maskulines Drama von Kampfgeist und Wehleidigkeit. Fußball ist eine anziehende Männerwelt und wohl auch deshalb so beliebt.
Während der Euro nahm die SPD Sachsen auf ihrem Landesparteitag ihren berühmt gewordenen Antrag an, der für „menstruierende Männer“Behälter für Binden und Tampons auf Herrentoiletten fordert. Gemeint sind biologische Frauen, die sich dem männlichen Geschlecht zuordnen. Ein anderes Geschlecht wünscht man sich meist nicht aus Jux oder Tollerei, sondern weil man leidet, es kann daher ein Gebot der Rücksichtnahme sein, jemanden seinem Wunschgeschlecht gemäß anzusprechen. Es geht aber zu weit, deshalb wie die sächsischen Sozialdemokraten den biologischen Aspekt bei der Geschlechterunterscheidung zu vernachlässigen. Männer und Frauen unterscheiden sich durch hunderte biologische Faktoren, die Fühlen, Denken und Handeln beeinflussen. Und auch wenn Operationen und/oder Hormonbehandlungen manchen Erleichterung schaffen können, belügt man die Betroffenen und die Welt, wenn man ihnen vormacht, dass sie dadurch tatsächlich ihr Geschlecht wechseln können. Man wird dem anderen Geschlecht bloß ähnlicher.
Wenn in sächsischen Herrentoiletten künftig Bindenkübel stehen, tut das niemandem weh. Anders ist es mit dem Versuch, die Begriffe Mann und Frau durch Redefinition bedeutungslos zu machen. Das ist nicht nur voller Widersprüche (ein anderer Antrag der Sachsen-SPD spricht immerhin noch vom „weiblichen Zyklus“). Es ist auch eine Art von Enteignung. „Mann“und „Frau“sind Heimaten – die allen weggenommen werden, auch denen, die in die andere Heimat wollen.
So gesehen ist die Euro ein herzerfrischendes Heimatfest der Männlichkeit, und sehr viele Frauen feiern das mit. Das Gejohle der Fans in britischen Pubs, als im Fernsehen ein schluchzendes deutsches Mädchen nach dem 2:0 zu sehen war, und jener Brite, der daraufhin zur Versöhnung mehr als 36.000 Pfund Spenden eingesammelt hat, erinnern uns aber auch daran, dass beim Menschen nicht „Mann oder Frau“den wesentlichsten Unterschied macht, sondern ob man liebt oder hasst.
Der Autor war stv. Chefredakteur der „Presse“und ist nun Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.