»Manfred Haimbuchner schadet dem Land«
Sie wollen mit der ÖVP regieren. In Umfragen liegen Sie zwischen elf und 13 Prozent. Waren Sie zu optimistisch?
Stefan Kaineder: Es geht um eine Richtungsentscheidung am 26. September. Unser Ziel ist, dass wir eine Zukunftsregierung im Landhaus haben, die den Klimaschutz zur obersten Priorität macht, mit den Grünen als Taktgeber. Dafür braucht es einen starken Auftrag.
Ist ein Zugewinn von ein oder zwei Prozentpunkten ein „starker Auftrag“? Derzeit gibt es keine Mehrheit mit der ÖVP. Wir müssen zulegen. Das ist die einzige Chance, dass nicht wieder Schwarz-Blau kommt. Es gibt keine anderen Optionen.
Türkis-Rot würde sich ausgehen.
Birgit Gerstorfer (SPÖ-Spitzenkandidatin, Anm.) hat gesagt, dass es eine Opposition gibt, die SPÖ heißt.
Wo verläuft eigentlich Ihre rote Linie für eine Koalition mit der ÖVP?
Klimaschutz muss erste Priorität sein.
Würden Sie sich als „Realo“bezeichnen? Das sind so alte Zuschreibungen, da muss man den Staub herunterputzen. Die hat es so nie gegeben. Ehrlicherweise finde ich sie auch nicht fair. Die Grünen waren immer Persönlichkeiten.
Sagen wir es so: Sie gelten wie Ihr Parteichef Werner Kogler als Pragmatiker.
Wenn man Politik ernst nimmt und gestalten will, dann muss man auch pragmatisch sein.
Ihr monothematischer Klima-Wahlkampf zieht weniger als wohl erhofft.
Im Sommer haben wir gesehen, was Klimawandel heißt: 50 Grad in Kanada, der Süden Europas hat gebrannt. In Oberösterreich gab es verheerende Hagelstürme. Das Klima ist das zentrale Thema für die nächsten 20 Jahre.
Das sehen die Oberösterreicher anders. Jetzt gibt es Umfragen, die Wahl ist am 26. September. Die Dringlichkeit entsteht, weil wir erst 2027 wieder wählen. Wenn man der Forschung glaubt, dann kann es da schon zu spät sein.
Die grüne Basis wirft Ihnen zuweilen vor, dafür grüne Grundwerte zu opfern.
Mein Antrieb ist nicht, mit der ÖVP zu regieren, sondern Verantwortung zu übernehmen, weil ich glaube, dass ein Schaden für das Land entsteht, wenn die FPÖ weiterregiert.
Zuletzt wurden die Töne zwischen Ihnen und der ÖVP rauer. Wie ist Ihr Verhältnis zum Landeshauptmann?
Ich habe mit Thomas Stelzer ein gutes Verhältnis. Den Rest werte ich als Wahlkampfgeplänkel.
Sie haben Theologie studiert, Ihr Großvater war ÖVP-Bürgermeister. Sie selbst wollen eine „christliche Grundüberzeugung“in die Politik übertragen. Warum kandidieren Sie nicht für die ÖVP?
Ich habe ein christlich-soziales Wertefundament. Beim Opa habe ich das soziale Miteinander und einen sorgsamen Umgang mit der Natur gelernt. Im grünen Wahlprogramm finden Sie beides. Ich bin aus voller Überzeugung ein Grüner. Wir müssen die Transformation zur klimaneutralen Wohlstandsgesellschaft schaffen. Wer, wenn nicht die Grünen, kann das? Dafür gibt es uns.
Als Kind wollten Sie Landwirt werden. Einige Bauern fühlen sich von einem Ihrer Wahlplakate beleidigt. „Bio oder Gift“steht dort. ÖVP-Ministerin Elisabeth Köstinger
findet das „populistisch“und „primitiv“. Sie nicht?
Auf dem Plakat sieht man einen Billigstarbeiter in einer Industrieplantage. Uns wird unterstellt, dass wir die konventionelle und die Bio-Landwirtschaft dabei gegeneinander ausspielen. Das ist nicht der Fall. Aber jetzt wird darüber geredet und das finde ich gut. Die Leute wollen gesundes Essen am Tisch. Wenn Sie heute ins Wirtshaus gehen, wissen Sie nicht, woher das Schnitzel kommt.
Die Herkunftskennzeichnung steht aber im türkis-grünen Regierungsprogramm.
Wir sind seit Monaten fertig. Die ÖVP ist sich aber offensichtlich nicht einig. Ich halte von diesem Populismus nichts, sich als Ministerin zu echauffieren, dann aber keine konkrete Politik auf den Boden zu bringen.
Sie wollen Oberösterreich zur „Teststraße“für Klimapolitik machen, mit der ÖVP regierten die Grünen aber schon von 2003 bis 2015. Die massiven Verkehrsprobleme im Zentralraum löste das aber nicht.
Das stimmt wohl, da ist nicht alles gelungen, aber wir haben eine Proporzregierung. Seit einem halben Jahr geht auch hier etwas weiter. Wir haben die Stadtbahnfinanzierung beschlossen und es beginnen endlich die Planungen für den Ausbau der Summerauerbahn. Aber die letzten 30 Jahre waren verfehlte Verkehrspolitik.
Selbst größere Orte sind schlecht angebunden. Wie pendeln Sie von Dietach nach Linz?
Mit dem Elektroauto.
Beim Klimaticket, das Oberösterreich ab Oktober einführt, ist die gesamte Ostregion noch nicht dabei. Wer blockiert da?
Ich würde den Wiener Bürgermeister fragen. Rote Bundeskanzler haben in Ihre Regierungsprogramme ein Klimaticket geschrieben. Jetzt haben wir eine Ministerin, die eineinhalb Jahre dafür hackelt und es auf die Füße stellt. Da schaue ich nach Osten und denke mir, was ist da los, da drüben? Sperren Sie die U-Bahn für das Klimaticket auf, Herr Ludwig! Es versteht niemand.
Oberösterreich ist Schlusslicht beim Impfen. Im Innviertel liegt die Quote mancherorts unter 35 Prozent. Warum?
Wenn es in einer Koalition einen Teil gibt, der mit Herbert Kickl im Land herumfährt und von einer Impfdiktatur spricht, dann verunsichert das die Leute. Das ist gefährlich. Manfred Haimbuchner (FPÖ-Spitzenkandidat, Anm.) weiß das von uns allen am besten. Trotzdem schadet er dem Land.
Sie werden als Kogler-Nachfolger gehandelt. Wann erfolgt Ihr Wechsel nach Wien? (Lacht.) Diese Frage stellt sich nicht. Ich bin gern hier und will der Welt zeigen, wie Klimapolitik in Oberösterreich geht.