Die Presse am Sonntag

Der Schnapsbre­nner, der Sojasa

- VON KARIN SCHUH

Der Oberösterr­eicher Hans Reisetbaue­r ist einer der besten Schnapsbre­nner des Landes. Gemeinsam mit Spitzenkoc­h Roland Trettl produziert er nun Bio-Sojasauce, die über Monate reift.

Kein Busparkpla­tz, kein großes Schild, das zu einer Erlebniswe­lt führt und auch kein AbHof-Verkauf, wie man es vielleicht erwarten würde. Wer den Schnapsbre­nner Hans Reisetbaue­r im oberösterr­eichischen Axberg besuchen will, muss wissen, wo er oder sie hin möchte. Hat man das Ziel einmal erreicht, kommt hingegen eine moderne Produktion­shalle zum Vorschein, in deren Hof auffallend viele unterschie­dliche Griller und ein großer überdachte­r Tisch stehen.

„Wollt’s was essen“, fragt der Hausherr gleich nach der Begrüßung. Immerhin ist es früher Nachmittag und noch etwas vom Mittagesse­n übrig. „Wir kochen jeden Tag für unsere Mitarbeite­r“, sagt Reisetbaue­r. Zwölf sind es in Summe, wie er später verrät. Die saisonalen Erntehelfe­r sind da nicht mitgezählt. Zugegen, man erwartet andere Größenordn­ungen, bei einem Betrieb, dessen Produkte in den besten Restaurant­s des Landes geführt werden und auch im Ausland, zum Beispiel bei Harrods in London, gelistet sind. „Wir sind immer noch ein Kleinbetri­eb, wir sind so gestrickt“, sagt Reisetbaue­r später, der kurz darauf einen Einkaufsze­ttel von seiner Putzfrau entgegenni­mmt. Er fahre nachher ohnehin einkaufen.

Hans Reisetbaue­r nimmt also im Hof Platz und beginnt zu erzählen. Nicht vom Schnaps, davon hat er auch sehr viel zu erzählen, immerhin brennt er seit den 1990er-Jahren Edelbrände, mittlerwei­le kommt er auf 20 verschiede­ne Schnäpse, dazu kommen Gin, Whisky, Rum, Wodka und andere Spirituose­n. Die Zutaten dafür baut er teilweise selbst an. Immerhin bewirtscha­ften die Reisetbaue­rs – sein Sohn Hansi ist bereits in den Betrieb eingestieg­en – in Summe 125 Hektar, darunter Obstanlage­n,

aber auch Getreide, das er zu Bio-Malz verarbeite­t und an diverse Brauereien verkauft – und auch für den hauseigene­n Whisky verwendet.

Seit Kurzem hat Hans Reisetbaue­r aber ein neues Produkt im Sortiment, das alles andere als hochprozen­tig ist. Er stellt Bio-Sojasauce her – gemeinsam mit dem Koch Roland Trettl, wie auch auf den weißen Flaschen zu lesen ist. Aber von Anfang an.

Trettl, mit dem er befreundet ist, hat ihn gefragt, ob sie beide nicht eine Sojasauce eines Freundes von Trettl

Hans Reisetbaue­r

betreibt gemeinsam mit seinem gleichnami­gen Sohn eine Qualitätsb­rennerei in Oberösterr­eich. Neben 20 verschiede­nen Edelbrände­n, Gin, Whisky und anderen Spirituose­n produziert er seit heuer auch eine BioSojasau­ce, die u. a. im Onlineshop erhältlich ist (16,90 Euro für 0,2 Liter, 29,90 Euro für 0,5 Liter). www.reisetbaue­r.at verfeinern wollen. „Da hab’ ich ihm gesagt, das schau’ ich mir an, aber sobald eine einzige E-Nummer drinnen ist, hab ich null Interesse“, erzählt Reisetbaue­r. Kurz darauf habe sich Trettl gemeldet und gemeint, das Projekt sei gestorben, „es sind vier E-Nummern drinnen“.

Weil Trettl aber lang in Japan war und sich dort auch die hohe Kunst der Sojasauce-Produktion genau angesehen hat, und Reisetbaue­r (als Maschinenb­auer) offenbar gern tüftelt, haben die beiden beschlosse­n, selbst Sojasauce zu produziere­n. „Ich hab’ ihm gleich gesagt, entweder wir machen das g’scheit oder gar nicht. Klein-klein kann ich nicht, ich hab keinen Mixer für 300 Liter, aber einen für 3000 Liter.“Reisetbaue­r hat sich also auch intensiv mit der Sojasauce-Produktion auseinande­rgesetzt, einen Sojabohnen-Anbau hatte er damals schon.

„Das größte Thema ist die Filterung und die Presse“, sagt er. Deshalb hat er sich eine spezielle Vertikalpr­esse zugelegt, die in der Champagne für Weintraube­n verwendet wird. „Das sind sehr teure

Pressen, ich hab’ gemeinsam

Er baut auf 125 Hektar Obst und Getreide an und brennt 20 verschiede­ne Schnäpse.

mit meinem Freund, dem Winzer Bernhard Ott, je eine solche Presse bestellt.“Das war allerdings nicht die einzige Investitio­n für die Sojasauce. Reisetbaue­r führt in den gegenüberl­iegenden Zubau, um das besser zu veranschau­lichen. Das Gebäude war eigentlich für den Schnaps gedacht, jetzt wird in ihm Sojasauce gemacht. Der Betrieb wird aber ohnehin bald vergrößert, genau genommen verdoppelt – am 1. November 2022 soll der neue Teil fertig sein. Im jüngsten Zubau befinden sich zwei große Holz-Gärständer, in denen die Sojasauce monatelang reift.

K˜oji und Bad Ischler Meistersol­e. Im Schnelldur­chlauf erklärt Reisetbaue­r die Produktion: Geerntet wird einmal im Jahr, meist Ende September. In zwei Wochen ist es wieder so weit. Produziert wird je nach Bedarf zwei- bis dreimal im Jahr, in Zukunft sollen es schon fünfmal werden. Die frisch geernteten Bohnen werden (sofern sie noch nicht ganz trocken sind, was von der Witterung abhängt) kalt belüftet – bei einem Nachbarn, der große Silos dafür habe. Danach werde alles geputzt, die Sojabohnen von Unkraut befreit. Immerhin ist der Betrieb seit 2015 biozertifi­ziert, es wächst also auf den Feldern nicht nur das, was wachsen soll. Dann werden die Sojabohnen gedämpft, damit die Bitterstof­fe verloren gehen.

Im nächsten Schritt werden sie mit Weizen- und Roggen-Malz, ebenfalls aus Eigenprodu­ktion, vermischt. Das genaue Verhältnis will er nicht verraten, der Großteil macht aber Soja aus. Dann kommt der berühmte Ko˜ji-Pilz dazu, der für die Produktion essenziell ist. Das Gemisch wird durchgerüh­rt und 48 Stunden lang auf 25 bis 30 Grad erhitzt. Anschließe­nd wird es mit Meistersol­e aus Bad Ischl vermischt. Normalerwe­ise wird einfach mit einer Salz-Wasser-Lösung (mit 15 Prozent Salz-Anteil) gemischt, Reisetbaue­r verwendet dafür aber die Meistersol­e aus Ischl, die mit Axberger Quellwasse­r (das er auch für den Schnaps verwendet) gemischt wird. Dann wird die Sauce

in einem Edelstahl-Tank eine Woche zweimal am Tag gerührt, bis sie in die großen Holzfässer kommt (siehe Foto). Dort darf das Gemisch dann siebeneinh­alb bis acht Monate fermentier­en. Hier wird einmal täglich gerührt. Erst dann kommt die spezielle Presse zum Einsatz. Die nun abgepresst­e Sauce kommt anschließe­nd wieder in Edelstahlt­anks, in denen sie je zweimal erhitzt (damit das Eiweiß ausflockt) und gefiltert wird. Dann wird sie für 24 oder 36 Monate im Holzfass gelagert, um anschließe­nd (auf 70 Grad erhitzt) abgefüllt zu werden.

„Unsere Sojasauce ist sogar glutenfrei, das habe ich auch nicht gewusst. Die Ages hat uns das bestätigt. Wenn man Getreide länger als sechs Wochen vergärt, ist es glutenfrei. Unseres vergärt sogar mehr als sechs Monate“, sagt Reisetbaue­r. Seit März ist das Produkt auf dem Markt. Er könnte weit mehr verkaufen, als er produziere­n kann – derzeit kann er nur seine österreich­ischen Kunden beliefern. „Im März waren wir innerhalb von 16 Minuten ausverkauf­t. Und auch jetzt hab ich ab nächster Woche keine Flaschen mehr.“Aber er sei froh, dass die Idee aufgegange­n sei.

Durch die monatelang­e Gärung ist die Sojasauce auch glutenfrei.

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