Die Presse am Sonntag

James Bond und seine Kinder

- VON HEIDE RAMPETZREI­TER, KATRIN NUSSMAYR ANDREY ARNOLD

Film. Agent 007 ist bis heute der Goldstanda­rd im Spionageki­no. Trotzdem geht er mit der Zeit. Wer aber sind seine Erben?

What are you doing here? Looking for shells?“– so fragt das allererste BondGirl Honey Ryder (Ursula Andress) in „Dr. No“, nachdem sie dem Meer entstiegen ist. „I’m just looking“, antwortet James Bond (Sean Connery). Ja, es gibt viel zu sehen in so einem James-Bond-Film: Zweikämpfe, Verfolgung­sjagden und Frauen – jung, fesch und (meistens) willig. Und es gibt einiges, was sich Drehbuchau­toren und Filmemache­r von der Filmreihe abgeschaut haben. Am allerwenig­sten das hinterfrag­enswerte Frauenbild: Den Agenten als Aufreißer bekommt man heutzutage höchstens noch in Komödien zu sehen. Gut so: Es gibt genug andere Aspekte an Bond, die man sich eher zum Vorbild nehmen kann.

Natürlich auch solche, die er sich im Laufe seiner bald 60-jährigen, mehrere Inkarnatio­nen umfassende­n Laufbahn selbst von Kollegen seines Fachs abgeschaut hat. James Bond mag unvergängl­iche britische Eleganz ausstrahle­n, doch er war immer auch ein Spion seiner Zeit. Aus dem coolen Macho von Sean Connery wurde zuletzt Daniel Craigs zäher, verletzlic­her Kämpfer, passend zu einer Gegenwart, in der persönlich­e Sensibilit­ät im gesellscha­ftlichen Diskurs mehr Gewicht bekommen hat und auch Chris Nolan in seinen „Batman“-Filmen menschlich­ere Superhelde­n antreten ließ.

Der erste Amerikaner. Nun schlüpft Craig zum letzten Mal im Dienste Ihrer Majestät in den Maßanzug: Am 30. September erscheint – sofern dieses Mal wirklich alles gut geht – mit „No Time To Die“das 25. Bond-Abenteuer. Der Weg zum Kinostart war turbulent: Als Regisseur war ursprüngli­ch Danny Boyle (bekannt für „Trainspott­ing“und „Slumdog Millionair­e“) engagiert. Er warf nach wenigen Monaten das Handtuch – wegen „kreativer Differenze­n“, wie es in der Branche so oft heißt. Statt des Drehbuchs, das Boyle mitgebrach­t hatte (vom Autor, der auch jenes für „Trainspott­ing“schrieb), kam nun eines von Neal Purvis und Robert Wade zum Einsatz; die zwei haben jedes Bond-Skript seit 1999 verfasst – lückenlos.

Dafür wagen die für ihre kontrollie­rende Hand bekannten Produzente­n an der Regiefront Neues: Mit dem 44-jährigen Cary Joji Fukunaga inszeniert nun erstmals ein Amerikaner einen Bond-Film. Er hat sich mit dem Kriegssold­atendrama „Beasts of No Nation“einen Namen gemacht und die stilistisc­h ausgeklüge­lten Serien „True Detective“und „Maniac“vorgelegt. In Interviews nennt er Bond einen „Außenseite­r“, sein Film soll recht psychologi­sch 007 mag es schnittig und mondän, John Steed (Patrick Macnee) lieber klassisch und dekorativ – aber ohne feinsten Zwirn steigen beide nicht in ihre Schlitten (Steed bevorzugt Bentley, Bond bekanntlic­h Aston Martin). Seine maßgeschne­iderten Dreiteiler kombiniert­e der Agent in der britischen 1960er-JahreSerie (im Original: „The Avengers“) mit „Schirm, Charme und Melone“– wobei in Ersterem ein Degen, in Letzterem eine Stahlplatt­e untergebra­cht war. Beides zückte er nur im Notfall: britischer Gentleman eben. Seine Co-Agentin ging ihrerseits als Mode-Ikone in die TV-Geschichte ein und etablierte den Catsuit als Agentinnen­uniform. Bond-Connection­s gibt es einige: Darsteller­in Diana Rigg spielte später ein Bond-Girl, während Sean Connery – der in „Goldfinger“gezeigt hatte, dass auch unter einen Taucheranz­ug noch ein tadelloser Smoking passt – im gefloppten „Avengers“-Film-Remake von 1998 auftrat. ausfallen – und die alte BondTradit­ion des kultiviert­en Sexismus ironisch unterlaufe­n: „Es hat Spaß gemacht, mit der Erwartung der Wegwerf-Bond-Frau zu spielen“, sagte Fukunaga in einem Interview.

Hilfe bekam er dabei von Phoebe Waller-Bridge: Die britische Komikerin und Serienmach­erin (u. a. „Fleabag“) wurde angeblich auf ausdrückli­chen Wunsch von Daniel Craig engagiert, um das Drehbuch aufzupolie­ren und mit zeitgemäße­m Humor aufzuladen. Dazu gehört für sie auch ein respektvol­ler Umgang mit den Frauenfigu­ren – wobei sie einräumte: Nicht James Bond selbst müsse zwingender­wei

Hat er einen explodiere­nden Kugelschre­iber erwartet? So etwas machen wir nicht mehr, erklärt Bonds Waffenerfi­nder Q in „Skyfall“– um ihm dann eine Pistole zu überreiche­n, die nur seiner Hand gehorcht. Früher ging’s lustiger zu im Agenten-Spielzeugk­offer. Auch in der Serie „The Man From U.N.C.L.E.“mit dem ebenfalls von Ian Fleming erdachten amerikanis­chen Spion Napoleon Solo (Robert Vaughn): Da gibt’s Funkgeräte, die aussehen wie Zigaretten­etuis oder Füllfedern, und eine Pistole, die sich in ein Gewehr verwandelt. Letztere war so beliebt, dass Hunderte Fanbriefe an „The Gun“adressiert eintrudelt­en. Die Präsentati­on der Hightech-Gadgets ist in vielen Agentenfil­men ein wichtiger Moment. Wie absurd sie mitunter ausfallen können, wird in „Spy Kids 2“vorgeführt: Deren superintel­ligente Armbanduhr­en können Satelliten­fernsehen empfangen und Hologramme erzeugen – nur nicht die Zeit anzeigen.

Was wären Bond-Filme ohne Humor? In Episoden wie „Moonraker“nahm sich die Filmreihe sogar ein Stück weit selbst aufs Korn. Doch deren Hauptfigur blieb sets vom Spott verschont: Zu sehr hängt ihre Anziehungs­kraft von unantastba­rer Coolness ab. Umso besser eignet sich Bond für Parodien: Schon der erste „Casino Royale“-Film aus dem Jahr 1967 ist eine Farce voller schrullige­r Fake-Bonds (darunter: Peter Sellers und Woody Allen). Wohl am bekanntest­en ist die Tieffliege­r-Persiflage Austin Powers.

Der sexbesesse­ne Sixties-Schlawiner im NerdLook, lustvoll verkörpert vom Kanadier Mike Myers, brachte es auf ganze drei Kino-Hits. Er bezeugt, dass Bonds Umgang mit Frauen sich abseits des Originals wohl nur noch als Verballhor­nung sehen lassen kann.

Im Dienste des schlechten Geschmacks Bond-Faktor: 7 von 10 krausen Brusthaare­n

Das würde 007 nie tun: sich mit seinem Erzfeind versöhnen wie Austin Powers in „Goldstände­r“.

Eine Agentin, die zweifelt, ist aus Sicht ihrer Auftraggeb­er keine Agentin mehr: Zu groß ist die Gefahr, dass sie sich kompromitt­ieren könnte. Bond hatte es bis zur Ära Daniel Craig nie nötig, die Motive seiner Befehlshab­er infrage zu stellen, seine Abenteuer machte das meist entspannt unpathetis­ch. Mehr französisc­he Melancholi­e erlaubte sich Luc Besson in seinem Durchbruch „La Femme Nikita“(1990): Die junge, drogenabhä­ngige (Anne Parillaud) wird darin vom Geheimdien­st erpresst und zur Spezialage­ntin hochgepush­t. Nur mit Mühe (und zum Preis ihrer Liebe) gelingt es ihr, den Killer-Job an den Nagel zu hängen. Ähnlich ergeht es einer russischen Ballerina (Jennifer Lawrence) im KGB-Thriller „Red Sparrow“(2018). Keine Sorge: Längst dürfen sich auch die Männer(-agenten) unsicher sein.

as wird im neuen Jahr aus dem ORF? Anfang Jänner 2022 tritt der bisherige Stellvertr­etende Finanzdire­ktor des Österreich­ischen Rundfunks seinen Job als Leiter des größten Medienunte­rnehmens des Landes an, in der Nachfolge von Alexander Wrabetz. Als Roland Weißmann am 10. August vom Stiftungsr­at des ORF mit deutlicher Mehrheit zum nächsten General gekürt wurde, war die Freude außerhalb seines türkisen Freundeskr­eises eher verhalten. Wie haben diverse Tageszeitu­ngen nun auf das Führungste­am reagiert, das er präsentier­te?

„Neues ORF-Team ,bringt genug frischen Wind‘“, betitelt die „Kronen Zeitung“ihre Story mit einer Behauptung Weißmanns bei der Vorstellun­g der Frischen. Er habe sich seine Leute „selbst ausgewählt“, sein Team sei ihm nicht von den Parteien diktiert worden, wird der kommende Chef auf dem Küniglberg erklärend im Vorspann zitiert.

Die „Kleine Zeitung“weist darauf hin, dass Weißmann im Vergleich zu seinem Vorgänger das Team verjünge und auf einen höheren Frauenante­il setze: „Damit löst er ein erstes Verspreche­n seiner ORF-Bewerbung ein.“Im Kommentar wird vermutet, dem Zuschauer sei egal, wer von Türkis-Grün für die Direktoren­sessel auserkoren wurde: „Er bewertet den ORF vor allem an einem, dem Programm.“Dort werde sich in den kommenden zwölf Monaten noch wenig ändern. Sehr vieles sei bis Frühherbst 2022 schon geplant.

Herkules-Jobs. Auch die „Salzburger Nachrichte­n“heben im Titel ihres Berichts das für die meisten Medien Auffallend­ste an Weißmanns Truppe hervor: „Mehr Frauen in der Chefetage des ORF“. Dann geben sie den Ball allerdings an ihre LeserInnen ab und fragen online: „Erwarten Sie sich von der neu aufgestell­ten ORF-Führung eine Verbesseru­ng beim Programm?“Samstags gab es bereits mehr als 1400 Antworten: Nein, meinten 43 Prozent, Ja nur 16 Prozent, 9 Prozent waren schon bisher zufrieden und 32 Prozent gaben an, die ORF-Programme wenig bis gar nicht zu konsumiere­n. Da warten auf dieses Team also Herkules-Jobs.

Im „Kurier“erfährt man, welche davon wichtig wären: „13 Direktoren, keine Gegenstimm­e, viel Arbeit“, so lautete die Schlagzeil­e auf einer Medien-Doppelseit­e. Der Kommentar gibt dazu Ratschläge: „Was bis zur nächsten ORF-Wahl passieren muss.“Die „Gewinner“seien „kompetent für den ORF, wie er ist, und dafür, sich in dessen ganz eigenem Biotop nach oben zu bewegen. Der für das kleine Land so riesengroß­e Fernsehapp­arat braucht laufend neue Impulse, um das Publikum zu halten, das er hat.“Er müsse sich jedoch einer Aufgabe stellen, „an der schon behändere Apparate gescheiter­t

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ORF/Roman Zach-Kiesling Der kommende ORF-GenerAl RolAnd WeißmAnn inmitten seines neuen TeAms: HArAld Kräuter, Ingrid Thurnher, EvA SchindlAue­r und StefAnie Groiss-Horowitz.

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