James Bond und seine Kinder
Film. Agent 007 ist bis heute der Goldstandard im Spionagekino. Trotzdem geht er mit der Zeit. Wer aber sind seine Erben?
What are you doing here? Looking for shells?“– so fragt das allererste BondGirl Honey Ryder (Ursula Andress) in „Dr. No“, nachdem sie dem Meer entstiegen ist. „I’m just looking“, antwortet James Bond (Sean Connery). Ja, es gibt viel zu sehen in so einem James-Bond-Film: Zweikämpfe, Verfolgungsjagden und Frauen – jung, fesch und (meistens) willig. Und es gibt einiges, was sich Drehbuchautoren und Filmemacher von der Filmreihe abgeschaut haben. Am allerwenigsten das hinterfragenswerte Frauenbild: Den Agenten als Aufreißer bekommt man heutzutage höchstens noch in Komödien zu sehen. Gut so: Es gibt genug andere Aspekte an Bond, die man sich eher zum Vorbild nehmen kann.
Natürlich auch solche, die er sich im Laufe seiner bald 60-jährigen, mehrere Inkarnationen umfassenden Laufbahn selbst von Kollegen seines Fachs abgeschaut hat. James Bond mag unvergängliche britische Eleganz ausstrahlen, doch er war immer auch ein Spion seiner Zeit. Aus dem coolen Macho von Sean Connery wurde zuletzt Daniel Craigs zäher, verletzlicher Kämpfer, passend zu einer Gegenwart, in der persönliche Sensibilität im gesellschaftlichen Diskurs mehr Gewicht bekommen hat und auch Chris Nolan in seinen „Batman“-Filmen menschlichere Superhelden antreten ließ.
Der erste Amerikaner. Nun schlüpft Craig zum letzten Mal im Dienste Ihrer Majestät in den Maßanzug: Am 30. September erscheint – sofern dieses Mal wirklich alles gut geht – mit „No Time To Die“das 25. Bond-Abenteuer. Der Weg zum Kinostart war turbulent: Als Regisseur war ursprünglich Danny Boyle (bekannt für „Trainspotting“und „Slumdog Millionaire“) engagiert. Er warf nach wenigen Monaten das Handtuch – wegen „kreativer Differenzen“, wie es in der Branche so oft heißt. Statt des Drehbuchs, das Boyle mitgebracht hatte (vom Autor, der auch jenes für „Trainspotting“schrieb), kam nun eines von Neal Purvis und Robert Wade zum Einsatz; die zwei haben jedes Bond-Skript seit 1999 verfasst – lückenlos.
Dafür wagen die für ihre kontrollierende Hand bekannten Produzenten an der Regiefront Neues: Mit dem 44-jährigen Cary Joji Fukunaga inszeniert nun erstmals ein Amerikaner einen Bond-Film. Er hat sich mit dem Kriegssoldatendrama „Beasts of No Nation“einen Namen gemacht und die stilistisch ausgeklügelten Serien „True Detective“und „Maniac“vorgelegt. In Interviews nennt er Bond einen „Außenseiter“, sein Film soll recht psychologisch 007 mag es schnittig und mondän, John Steed (Patrick Macnee) lieber klassisch und dekorativ – aber ohne feinsten Zwirn steigen beide nicht in ihre Schlitten (Steed bevorzugt Bentley, Bond bekanntlich Aston Martin). Seine maßgeschneiderten Dreiteiler kombinierte der Agent in der britischen 1960er-JahreSerie (im Original: „The Avengers“) mit „Schirm, Charme und Melone“– wobei in Ersterem ein Degen, in Letzterem eine Stahlplatte untergebracht war. Beides zückte er nur im Notfall: britischer Gentleman eben. Seine Co-Agentin ging ihrerseits als Mode-Ikone in die TV-Geschichte ein und etablierte den Catsuit als Agentinnenuniform. Bond-Connections gibt es einige: Darstellerin Diana Rigg spielte später ein Bond-Girl, während Sean Connery – der in „Goldfinger“gezeigt hatte, dass auch unter einen Taucheranzug noch ein tadelloser Smoking passt – im gefloppten „Avengers“-Film-Remake von 1998 auftrat. ausfallen – und die alte BondTradition des kultivierten Sexismus ironisch unterlaufen: „Es hat Spaß gemacht, mit der Erwartung der Wegwerf-Bond-Frau zu spielen“, sagte Fukunaga in einem Interview.
Hilfe bekam er dabei von Phoebe Waller-Bridge: Die britische Komikerin und Serienmacherin (u. a. „Fleabag“) wurde angeblich auf ausdrücklichen Wunsch von Daniel Craig engagiert, um das Drehbuch aufzupolieren und mit zeitgemäßem Humor aufzuladen. Dazu gehört für sie auch ein respektvoller Umgang mit den Frauenfiguren – wobei sie einräumte: Nicht James Bond selbst müsse zwingenderwei
Hat er einen explodierenden Kugelschreiber erwartet? So etwas machen wir nicht mehr, erklärt Bonds Waffenerfinder Q in „Skyfall“– um ihm dann eine Pistole zu überreichen, die nur seiner Hand gehorcht. Früher ging’s lustiger zu im Agenten-Spielzeugkoffer. Auch in der Serie „The Man From U.N.C.L.E.“mit dem ebenfalls von Ian Fleming erdachten amerikanischen Spion Napoleon Solo (Robert Vaughn): Da gibt’s Funkgeräte, die aussehen wie Zigarettenetuis oder Füllfedern, und eine Pistole, die sich in ein Gewehr verwandelt. Letztere war so beliebt, dass Hunderte Fanbriefe an „The Gun“adressiert eintrudelten. Die Präsentation der Hightech-Gadgets ist in vielen Agentenfilmen ein wichtiger Moment. Wie absurd sie mitunter ausfallen können, wird in „Spy Kids 2“vorgeführt: Deren superintelligente Armbanduhren können Satellitenfernsehen empfangen und Hologramme erzeugen – nur nicht die Zeit anzeigen.
Was wären Bond-Filme ohne Humor? In Episoden wie „Moonraker“nahm sich die Filmreihe sogar ein Stück weit selbst aufs Korn. Doch deren Hauptfigur blieb sets vom Spott verschont: Zu sehr hängt ihre Anziehungskraft von unantastbarer Coolness ab. Umso besser eignet sich Bond für Parodien: Schon der erste „Casino Royale“-Film aus dem Jahr 1967 ist eine Farce voller schrulliger Fake-Bonds (darunter: Peter Sellers und Woody Allen). Wohl am bekanntesten ist die Tiefflieger-Persiflage Austin Powers.
Der sexbesessene Sixties-Schlawiner im NerdLook, lustvoll verkörpert vom Kanadier Mike Myers, brachte es auf ganze drei Kino-Hits. Er bezeugt, dass Bonds Umgang mit Frauen sich abseits des Originals wohl nur noch als Verballhornung sehen lassen kann.
Im Dienste des schlechten Geschmacks Bond-Faktor: 7 von 10 krausen Brusthaaren
Das würde 007 nie tun: sich mit seinem Erzfeind versöhnen wie Austin Powers in „Goldständer“.
Eine Agentin, die zweifelt, ist aus Sicht ihrer Auftraggeber keine Agentin mehr: Zu groß ist die Gefahr, dass sie sich kompromittieren könnte. Bond hatte es bis zur Ära Daniel Craig nie nötig, die Motive seiner Befehlshaber infrage zu stellen, seine Abenteuer machte das meist entspannt unpathetisch. Mehr französische Melancholie erlaubte sich Luc Besson in seinem Durchbruch „La Femme Nikita“(1990): Die junge, drogenabhängige (Anne Parillaud) wird darin vom Geheimdienst erpresst und zur Spezialagentin hochgepusht. Nur mit Mühe (und zum Preis ihrer Liebe) gelingt es ihr, den Killer-Job an den Nagel zu hängen. Ähnlich ergeht es einer russischen Ballerina (Jennifer Lawrence) im KGB-Thriller „Red Sparrow“(2018). Keine Sorge: Längst dürfen sich auch die Männer(-agenten) unsicher sein.
as wird im neuen Jahr aus dem ORF? Anfang Jänner 2022 tritt der bisherige Stellvertretende Finanzdirektor des Österreichischen Rundfunks seinen Job als Leiter des größten Medienunternehmens des Landes an, in der Nachfolge von Alexander Wrabetz. Als Roland Weißmann am 10. August vom Stiftungsrat des ORF mit deutlicher Mehrheit zum nächsten General gekürt wurde, war die Freude außerhalb seines türkisen Freundeskreises eher verhalten. Wie haben diverse Tageszeitungen nun auf das Führungsteam reagiert, das er präsentierte?
„Neues ORF-Team ,bringt genug frischen Wind‘“, betitelt die „Kronen Zeitung“ihre Story mit einer Behauptung Weißmanns bei der Vorstellung der Frischen. Er habe sich seine Leute „selbst ausgewählt“, sein Team sei ihm nicht von den Parteien diktiert worden, wird der kommende Chef auf dem Küniglberg erklärend im Vorspann zitiert.
Die „Kleine Zeitung“weist darauf hin, dass Weißmann im Vergleich zu seinem Vorgänger das Team verjünge und auf einen höheren Frauenanteil setze: „Damit löst er ein erstes Versprechen seiner ORF-Bewerbung ein.“Im Kommentar wird vermutet, dem Zuschauer sei egal, wer von Türkis-Grün für die Direktorensessel auserkoren wurde: „Er bewertet den ORF vor allem an einem, dem Programm.“Dort werde sich in den kommenden zwölf Monaten noch wenig ändern. Sehr vieles sei bis Frühherbst 2022 schon geplant.
Herkules-Jobs. Auch die „Salzburger Nachrichten“heben im Titel ihres Berichts das für die meisten Medien Auffallendste an Weißmanns Truppe hervor: „Mehr Frauen in der Chefetage des ORF“. Dann geben sie den Ball allerdings an ihre LeserInnen ab und fragen online: „Erwarten Sie sich von der neu aufgestellten ORF-Führung eine Verbesserung beim Programm?“Samstags gab es bereits mehr als 1400 Antworten: Nein, meinten 43 Prozent, Ja nur 16 Prozent, 9 Prozent waren schon bisher zufrieden und 32 Prozent gaben an, die ORF-Programme wenig bis gar nicht zu konsumieren. Da warten auf dieses Team also Herkules-Jobs.
Im „Kurier“erfährt man, welche davon wichtig wären: „13 Direktoren, keine Gegenstimme, viel Arbeit“, so lautete die Schlagzeile auf einer Medien-Doppelseite. Der Kommentar gibt dazu Ratschläge: „Was bis zur nächsten ORF-Wahl passieren muss.“Die „Gewinner“seien „kompetent für den ORF, wie er ist, und dafür, sich in dessen ganz eigenem Biotop nach oben zu bewegen. Der für das kleine Land so riesengroße Fernsehapparat braucht laufend neue Impulse, um das Publikum zu halten, das er hat.“Er müsse sich jedoch einer Aufgabe stellen, „an der schon behändere Apparate gescheitert