Der »Prätorianer« von Sebastian Kurz
Die innenpolitische Krise hat mit Thomas Schmid einen Namen. Wer ist der Mann, der 300.000 Handynachrichten verschickt hat?
Er sei, schrieb Thomas Schmid einmal in einer SMS an Sebastian Kurz, „einer deiner Prätorianer“. Er meinte es wahrscheinlich im Sinn eines römischen Leibwächters, der seinen Kaiser beschützt und alles für ihn macht. Mittlerweile hat die Apostrophierung freilich eine ganz andere Bedeutung angenommen. Denn in der römischen Geschichte waren es oft die Prätorianer, die ihren Kaiser zu Fall brachten. Damals durch das Schwert, im Fall von Schmid durch SMS, iMessages und WhatsApp-Nachrichten.
Die aktuelle innenpolitische Krise hat mit Thomas Schmid einen Namen. Der heute 45-Jährige ist die zentrale Figur im Skandal um gekaufte Berichterstattung und möglicherweise getürkte Umfragen. Er war wesentlicher Mitspieler im „Projekt Ballhausplatz“, mit dem Sebastian Kurz und seine Berater den Weg ins Kanzleramt geplant haben.
Schmid hat alles mit seinem iPhone gesteuert, organisiert – und festgehalten: Angeblich hat die Staatsanwaltschaft 300.000 Textnachrichten sichergestellt. Wie viele davon bereits ausgewertet sind, weiß man nicht. Der gebürtige Tiroler hatte sein Handy zwar kurz vor der Hausdurchsuchung im November 2019 auf die Werkseinstellungen zurückgesetzt und damit für die Ermittler fürs Erste unbrauchbar gemacht. Er hatte aber auf das Back-up vergessen.
Der Stormtrooper. Wenig beschreibt die Person von Thomas Schmid besser als die kleine Plastikfigur, die er als einen von ganz wenigen persönlichen Gegenständen in seinem Büro im Finanzministerium hatte. In einem sonst weitgehend leeren Regal stand ein Stormtrooper, eine Figur aus den „Star Wars“-Filmen. Mitarbeiter des Ministeriums hatten sie ihm geschenkt. Stormtrooper sind in den Filmen die Soldaten des Imperiums, loyal und folgsam – vor allem setzen sie alles durch.
Genauso sah sich Schmid. Als braver Soldat, der sich in seiner Funktion – er war von 2013 bis 2019 Kabinettchef verschiedener Finanzminister – jenen andiente, die an der Macht waren oder die er auf dem Weg zur Macht sah.
Vielleicht interpretiert man zu viel hinein, wenn man Schmids Werdegang auf seine politischen Anfänge zurückführt. Vielleicht auch nicht. Er hat nämlich seine ersten Erfahrungen in Wien 2005 als einer der Pressesprecher des damaligen Finanzministers, KarlHeinz Grasser, gemacht. Grasser wurde Ende 2020 unter anderem wegen Untreue und Geschenkannahme durch Beamte in erster Instanz zu acht Jahren Haft verurteilt.
Später wechselte Thomas Schmid in die Presseabteilung der damaligen Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer, dann arbeitete er für Wolfgang Schüssel, und im März 2009 holte ihn Michael Spindelegger als Pressesprecher ins Außenministerium.
Dort stellte der Tiroler seinen Ehrgeiz unter Beweis, als er das schwierige Pre´alable, die Diplomatenprüfung, absolvierte. Zuvor hatte er bereits zwei Magistertitel erworben, einen in Rechtswissenschaften, einen in Politikwissenschaften. in einer Nachricht an Sebastian Kurz.
2013 wechselte Schmid mit Spindelegger ins Finanzressort, wo er das Ministerkabinett leitete. Wie gut sich Schmid mit den Mächtigen arrangieren kann, bewies er, als Spindelegger zurücktrat: Auch unter den Nachfolgern Hans Jörg Schelling und Hartwig Löger blieb Schmid Kabinettchef, später wurde er auch Generalsekretär des Ministeriums und war der eigentliche starke Mann. Der heimliche Minister. 2019 wurde Schmid schließlich Chef der Staatsholding Öbag – dank einer Ausschreibung, die er selbst auf sich zugeschnitten hatte. Heuer im Juni trat er von dem Job zurück.
Die Staatsanwaltschaft wirft Kurz vor, Schmid zu den Tathandlungen angestiftet zu haben. Das dürfte nicht notwendig gewesen sein. Schmid hat sich selbst immer wieder angedient und seine Handlungen teilweise maßlos übertrieben. Etwa, als er im April 2016 textete, er habe das Budget des damaligen Außenministers Sebastian Kurz deutlich erhöht: „Kurz kann jetzt Geld scheißen.“Tatsächlich erhielt etwa das Verteidigungsministerium deutlich mehr Geld – und das unterstand dem SPÖ-Politiker Hans Peter Doskozil.
Schmid sammelte erste Erfahrungen als Mitarbeiter von Karl-Heinz Grasser. » Ich bin einer deiner Prätorianer, der keine Probleme macht, sondern löst. «